Wenn die Erinnerung verschwimmt
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Dienstag, 17. Oktober 2017
Das lokale Kompetenz Netzwerk Demenz zeigt die Ausstellung "Was geht, was bleibt". Kissinger Schüler haben einen bemerkenswerten Film dazu gedreht.
"Mir ist es eiskalt über den Rücken gelaufen" als Maximilian, zwölfjähriger Schüler von "Bad Kissingen TV", einen demenzkranken Senior in dessen Wohnzimmer interviewt hat, gesteht Antje Rink vom Projektmanagement "Demographie" im Landratsamt Bad Kissingen. Die Ansprechpartnerin des "Kompetenz Netzwerk Demenz" hatte angeregt, die Film-und Videocrew des Jugendzentrums mit der Aufgabe zu betrauen, einen Film zur Ausstellung in der Wandelhalle "Was geht, was bleibt" zu erstellen.
Auch Christine Leike vom Bayerischen Ministerium für Gesundheit und Pflege, die die Ausstellung eröffnet, gibt zu, den Atem angehalten zu haben, als der von der Krankheit gezeichnete Patient dem Jungen, der sein Enkel sein könnte, mühsam seinen Alltag beschreibt. Auch die Befragung von Passanten in der Fußgängerzone der Stadt und das Gespräch mit dem Chefarzt der geriatrischen Rehabilitation in der Franz v. Prümmer Klinik in Bad Brückenau durch das blutjunge Filmteam überzeugte.
Es war eine durchaus gewagte Idee, Heranwachsende, die sich eigentlich nur am Medium Film versuchen wollen, zu beauftragen, dieses Thema als Videoclip umzusetzen. Aber Stadtjugendpfleger David Rybak und Philipp Pfülb, Leiter des JuKuZ, der als Medienpädagoge auch den YouTube Kanal von Bad Kissingen TV verantwortet, sind Garanten dafür, dass ein sensibler, dem Thema angemessener Streifen entstanden ist. Mit den 14 spannenden Minuten sind die jugendlichen Filmemacher, Rickey, Kilian, Tizian, Henrik und Maximilian auch bei "Teachtoday", einem Wettbewerb für Mediennutzung der Telekom schon bis in die Endausscheidung gekommen.
Demenz: Sie wird nicht besser, sondern schlechter...
Stellvertretende Landrätin Monika Horcher beschreibt, dass der Landkreis sich mit dem "Kompetenz Netzwerk Demenz", eine Organisation für Menschen in allen Lebensphasen aufbaut, die besonders Wegweisung für ältere Menschen und deren pflegende Angehörige sein will. Kurdirektor Frank Oette sieht Bad Kissingen dabei nicht nur in der Kompetenz für ältere Menschen, sondern auch beim Thema "Gesünder leben" als Vorreiter und ist überzeugt: "Andere Städte werden in einigen Jahren mit dem beginnen, wo wir jetzt schon sind." Oberbürgermeister Kay Blankenburg sieht Stadt und Landkreis bei Gesundheit und Vorsorge besonders gut vernetzt und zieht dabei einen Vergleich mit der Situation der Kranken: "Mit Demenz kann niemand allein fertig werden."
Frühzeitig Hilfe annehmen
Die Wanderausstellung "Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz" des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege macht auf die Bedürfnisse der Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen aufmerksam. Ein überdimensionaler Kopf mit kleinen Kästchen enthält Informationen über die Krankheit, thematisiert Erfahrungen, wie Demenz das Leben verändert und zeigt auch Möglichkeiten auf, wie mit kleinen Hilfen das Zusammenleben erträglicher gestaltet werden kann. Die Ausstellung ist so gefragt, dass eine zweite erstellt worden ist, die bayernweit unterwegs ist. Kein Wunder, wenn in Bayern derzeit 230.000 Demenzkranke - hohe Dunkelziffer, steigende Tendenz - registriert sind und im Jahr 2020 damit gerechnet wird, dass jeder fünfte Patient im Krankenhaus an Demenz erkrankt sein wird, wie Christine Leike berichtet. Sie bestätigt, dass die "GesundheitsregionPLUS Bäderland Bayerische Rhön" als lokale Allianz für Menschen mit Demenz auf einem guten Weg ist und kündigt eine landesweite Demenzagentur an, die helfen soll dass die Menschen finden können, wer ihnen vor Ort hilft. Das Ziel: "Wir brauchen Entlastung für pflegende Angehörige, damit sie nicht auch noch ein Pflegefall werden."Die Ausstellung ist noch bis zum 4. November in der Wandelhalle in Bad Kissingen zu sehen.
Stimmen
OB Kay Blankenburg: "Mit Demenz kann niemand allein fertig werden."Christine Leike, Bayerisches Ministerium für Gesundheit und Pflege: "Wir brauchen Entlastung für pflegende Angehörige, damit sie nicht auch noch ein Pflegefall werden."
Prognose
In 2020 wird jeder 5. Krankenhauspatient an Demenz leidenBilder: