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Weltkriegs-Panzer soll Mahnmal werden


Autor: Edgar Bartl

Bad Kissingen, Montag, 02. Sept. 2013

Kurz vor Kriegsende scheiterte das Kommando-Unternehmen Hammelburg der US-Army. Einer der abgeschossenen Panzer stand lange auf dem Übungsplatz im Landkreis Bad Kissingen herum. Jetzt soll er als Mahnmal dienen.
Geht es nach dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung bleibt der "Sherman" in seinem jetzigen Zustand erhalten. Bernhard Bausenwein ist der Ansicht, dass eine Restaurierung technisch kein Problem sei.   Fotos: Edgar Bartl


Wo einst die Munition lagerte, grünt es. Die Natur hat einen uralten Panzer zurückerobert. Der Haufen Rost ist einer der wenigen Reste eines schnöde gescheiterten Kommando-Unternehmens der US-Army: Die Task Force Baum sollte 1945 General George Pattons Schwiegersohn Oberstleutnant John Waters aus dem Gefangenenlager OFLAG XIII-B Hammelburg befreien. Das geriet zum totalen Fiasko.

Daran soll bald ein Panzer-Wrack erinnern, das Bernhard Bausenwein für sein Museum für deutsch-amerikanische Nachkriegsgeschichte in Rütschenhausen (Kreis Schweinfurt) erworben hat. "Jetzt bleibt er da stehen", sagt er. Da, das ist der Platz vor seinem Nato-Shop. In seinen Hallen stapelt sich bis zur Decke mehr Material in Oliv als in manchen Kasernen.

Die Wehrmacht und der Zahn der Zeit haben dem US-Sturmgeschütz schwer zugesetzt. Auch die Bundeswehr hat es dem Stahlkoloss nicht leichtgemacht: Jahrzehnte stand er im Mörserzielgebiet an der Reußenburg bei Höllrich. Bausenwein: "Da kann man nicht hinein."

Kauf zum "Sonderpreis"

Vielleicht doch: Die 105-Millimeter-Haubitze, der 500-PS-Motor und große Teile der Inneneinrichtung fehlen. Deren Spuren "verlieren sich im Dunkel der Zeit - keine Ahnung, wo sie abgeblieben sind", sagt Bausenwein, für den Militär "Beruf und Berufung" seien. Ein Militarist sei er jedoch nicht.

Immerhin sind die Wanne, ein Fahrgestell ohne Ketten und ein Drehturm vorhanden. Der trägt ein Einschussloch: Ein deutscher "Hetzer" hat am 28. März 1945 den "Sherman" außer Gefecht gesetzt. Menschen kamen nicht zu Schaden. Nachdem alle Granaten verfeuert waren, hat Kommandant Charles O. Graham die fünfköpfige Besatzung ausbooten lassen. Er schlug sich zu den eigenen Truppen durch. Seine Kameraden gerieten in Gefangenschaft und wurden wenige Wochen später befreit.

Seither stand der "Sherman" unbeachtet im Zielgebiet. Niemand weiß, wie er dorthin gekommen ist. 2003 ließ ihn der Feuerwerker Heiko Haas mit einem Bundeswehr-Bergepanzer herausziehen, um ihn vor weiterer Zerstörung zu schützen.

Bausenwein kam ins Spiel. Der Museumsgründer erwarb zu einem "Sonderpreis" die Panzerreste vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz. Das durfte er, weil er Fahrzeuge an Filmproduktionen vermietet und weil er ein Museum hat. Anderthalb Jahre dauerte es, bis die Genehmigung vorlag. Zuvor hatte die US-Army mitgeteilt, dass sie an dem Wrack kein Interesse habe. Per Tieflader gelangten die 15 verbliebenen Tonnen historisches Altmetall nach Rütschenhausen.

"Für uns historisch wertvoll"

Dort stehen sie so herum, wie sie sind. So ist es im Kaufvertrag festgelegt. "Für uns", sagt Bausenwein, "ist der Panzer historisch wertvoll, weil er in Hammelburg im Einsatz war."

Obwohl: Der "Sherman" könnte hergerichtet werden. "Technisch ist es zu machen", sagt Panzerspezialist Bausenwein. Der gelernte Betonbauer hat sich ein enormes Wissen angeeignet. Voraussetzung wäre eine Erlaubnis der Bundeswehr. Die notwendigen Ersatzteile wären kein unlösbares Problem. Bausenwein: " Einen Motor gibt es in Lissabon, ein Getriebe in Holland, Ketten im Hunsrück. Man muss halt lange suchen." Und das Geld dafür haben. Derzeit "übersteigen die Kosten das Museums-Budget bei Weitem."

Eine naturgetreue Reparatur ist nicht gestattet. Der "Sherman" müsste "demilitarisiert" werden. Alles ist genau vorgeschrieben. Dazu würden große Löcher in die Frontpanzerung geschnitten und das Kanonenrohr so präpariert, dass damit nicht geschossen werden kann.

Dass das möglich ist, haben Bausenwein und sein Team bewiesen. Mehrmals haben sie einen Haufen Schrott auf Hochglanz und zum Laufen gebracht. So steht in der Halle der wohl einzige fahrbereite M-48-Panzer in Europa. Den holte Bausenwein aus einer Sammlung in Sonthofen "mit nichts außer einem Haufen Dreck drin". Der Zustand war erbärmlich. Jetzt sieht er aus wie neu, wird für Filmaufnahmen vermietet, steht aber meist nur herum.

Man muss sich so einen Koloss leisten können. Seine Tanks fassen 1250 Liter Sprit; Super. Die reichen nicht zwingend für 100 Kilometer. Wenn man damit vorfährt, rollt jeder Tankwart sofort den roten Teppich aus.

Die Gitarre von Johnny Cash

Daneben ruht eine 205-Millimeter-Haubitze der US-Army, die auch Atomgranaten verschießen konnte. Auch sie ist zwar nicht einsatz-, aber fahrbereit wie alle Ketten- und Radfahrzeuge der Kollektion.

Das Museum verfügt aber zahllose weitere Exponate. Das reicht von der Einsatzverpflegung über die verschiedensten Waffen bis hin zu den Uniformen von Elvis Presley und Johnny Cash samt "echter" Gitarre.

Bald könnte noch mehr dazukommen. Die Verbindungen Bausenweins zur US-Army in Schweinfurt sind exzellent. In deren Kasernen gibt es noch 26 Standmodelle: Vom Jeep bis zum Panzer. Möglich, dass die Soldaten beim Abzug nicht alle mitnehmen wollen. Bausenwein: "Ich bin dran, aber es steht noch alles in den Sternen."

Geschichte Das Unternehmen Hammelburg war der gescheiterte Versuch, General Pattons Schwiegersohn John Waters aus der Kriegsgefangenschaft zu befreien. Der Verband unter dem Kommando von Hauptmann Abraham Baum bestand aus 314 Soldaten und 57 Fahrzeugen. Er startete in Aschaffenburg. Feuergefechte gab es in Gemünden, Hammelburg und im gleichnamigen Lager. Die Task Force Baum hatte mit 30 Prozent Verlusten ihr Ziel erreicht. Dort nahmen die US-Soldaten den serbischen Teil unter Feuer, weil man die Gefangenen für Deutsche hielt. Als Waters seine Landsleute darauf aufmerksam machen wollte, wurde er von einem Deutschen angeschossen. Er wurde im Lager Hammelburg versorgt.

Zerschlagung Beim Rückmarsch gerieten sie in einen Hinterhalt und wurden am 28. März aufgerieben. Die Überlebenden kamen bis zur Befreiung ins Lager Hammelburg.

Sturmgeschütz Der erhalten gebliebene "Sherman" M 4 A 3 EB hatte eine 105-Millimeter-Haubitze mit zehn Kilometern Reichweite und ein Gewicht von 35 Tonnen. Die Besatzung bestand aus fünf Soldaten. Kommandant war Technical Sergeant (Stabsunteroffizier) Charles O. Graham. Das Fahrzeug gehörte zur HQ-Company 10th Armoured Infantry Bn 4th Armoured Division.

Informationen Weitere Informationen unter www.militärbestaende.de, www.nachkriegsmuseum.de oder unter www.taskforcebaum.de. ed