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Weiß und andere Farben


Autor: Thomas Mäuser

Bad Kissingen, Sonntag, 14. Sept. 2014

Zum Tag des offenen Denkmals gab es Führungen im Weißen Saal und in der Herz-Jesu-Kirche, einen Vortrag in der Oberen Saline und eine geschichtliche Wanderung.
Viel Neues brachte Gästen und Einhemischen am Tag des offenen Denkmals die Führung im Weißen Saal. Fotos: Thomas Mäuser


Es gibt Architekten, die behaupten, Weiß sei keine Farbe. Dass dem nicht so ist, dass die Farbe Weiß durchaus Nuancen haben, Strukturen untermalen und eine Aussage haben kann, das sollte der Tag des offenen Denkmals beweisen.

Zum Beispiel im Weißen Saal des Regentenbaus. "Weiß steht für Unschuld, Reinheit und Feierlichkeit", sagt Erwin Full vom Staatlichen Bauamt, der hier die Führung übernommen hat.

Gut 50 Leute sind in den

Weißen Saal gekommen. Etwa zur Hälfte Gäste, zur Hälfte Einheimische. Darunter Klaus Ströhlein. Er war auch in den vergangenen Jahren schon zu den Tagen des offenen Denkmals gekommen. Ihn interessiert die Geschichte Bad Kissingens und dessen Architektur. Mit dabei auch Silke Riedel. Sie ist Gästeführerin in Bad Kissingen. Ihr geht es wie Klaus Ströhlein. Beide kennen den Weißen Saal. "Aber bei den Tagen des offenen Denkmals erfährt man immer noch etwas Neues", sagt Ströhlein.


Als die Gästezahlen explodierten

Erwin Full geht kurz auf die Geschichte Bad Kissingens ein, auf die Kurbauten, die Friedrich von Gärtner um 1835 geplant hat. Als die Kurgastzahlen Ende des 19. Jahrhunderts explodierten, die bisherigen Bauten nicht mehr ausreichten, wurde Architekt Max Littmann unter anderem mit dem Bau der Wandelhalle und des Regentenbaus beauftragt. Letzterer entstand zwischen 1911 und 1913.

"Farbe ist ein ganz wichtiger Aspekt," fährt Full fort. Er erinnert an Zeiten, als Farben noch aus Naturstoffen gewonnen wurden, Weiß aus Blei, Schwarz aus Ruß, Blau aus sehr teurem Lapislazuli-Pulver. Rot, gewonnen aus der Purpur-Schnecke, war die Farbe der Könige. Erst ab dem 19. Jahrhundert gab es neue, anorganische Farbstoffe.


Feierlich

Im Weißen Saal ist fast alles in einer Farbe gehalten - wie der Name schon sagt, in Weiß. Selbst die Büsten des Märchenkönigs Ludwig II. Eine Farbe, die feierlich wirkt, die im Weißen Saal noch heute als edle Kulisse für Staatsempfänge dient.

Als Kontrastprogramm geht es in den Großen und in den Grünen Saal. Doch selbst im Grünen Saal ist Weiß zu finden. In Form von Zierlinien, die der Architektur Struktur geben.

Farbe spielt auch auf den Fenstern der katholischen Herz-Jesu-Kirche eine große Rolle. Stadtheimatpfleger Peter Kaidel geht auf die Buntglasfenster der Seitenschiffe ein. "Die acht Fenster bilden den Zyklus des Kirchenjahres ab", sagt Kaidel.

Wegen der abstrakten Motive müssen auch die Farben viel erzählen. "Grün symbolisiert die Hoffnung, die roten Flammen das Pfingstereignis", sagt Kaidel.

Auch bei dem Fenster, das für die Heilige Dreifaltigkeit steht, hat Glaskünstler Georg Meistermann mit Farb-Symbolik gearbeitet. Rot steht für Liebe, Blau für den Glauben.

Entstanden sind Meistermanns Fenster in den Seitenschiffen in der 2. Hälfte der 1950er Jahre. Die Fenster des Chores sind ein paar Jahre älter. Sie wurden 1949 bis 1953 von Robert Rabolt geschaffen, der auch für Glasfenster in der Frauenkirche in München verantwortlich zeichnete.

"Das linke Fenster zeigt Themen aus dem Neuen Testament, das rechte Ereignisse aus dem Alten Testament", sagt Kaidel. Auf dem mittleren Fenster ist Jesus als guter Hirte dargestellt, dazu das Wappen von Julius Kardinal Döpfner, von 1948 bis 1957 Bischof von Würzburg.


Das Mittelalter war bunt

Dass Farbe auch im angeblich so dunklen Mittelalter eine große Rolle gespielt hat, weiß Heimatpfleger Peter Kaidel ebenso wie Restaurator Martin Straus. "Kirchen waren im Mittelalter innen und außen bemalt", sagt Straus. "Es ist eine irrige Annahme, dass Farbigkeit früher selten war", fährt der Restaurator fort, der mit eben diesem Vorurteil aufräumen will. Schon in der Antike wurde verschwenderisch mit Farben gearbeitet. Straus zeigt die passenden Bilder.


Farbige Schlösser

Selbst die Fassade der Oberen Saline, dem Schauplatz seines Vortrages, dürfte früher bemalt gewesen sein. In Ocker oder Weiß. Martin Straus zieht zum Vergleich den Brunnenbau in Bad Bocklet heran, der etwa 15 Jahre nach der Oberen Saline entstand. "Auch Barockschlösser waren früher farbig gefasst", weiß der Restaurator.
"Ich habe viel gelernt", resümiert Silke Riedel. Und die eine oder andere Information wird sie ganz sicher bei einer der nächsten Gästeführungen weitergeben.

Allerdings waren am Tag des offenen Denkmals nicht alle zur Schau gestellten Denkmale offen. Postamt, Kellermanns-Haus, Weißes Haus und das Geschäftshaus Ludwigstraße 19 (Weltbild) blieben geschlossen. Hier kam es dem Kulturreferat nur darauf an, auf die weiß gestrichenen Fassaden hinzuweisen.