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Waschbären stöbern im Müll


Autor: Rolf Pralle

Bad Brückenau, Sonntag, 30. August 2015

Eine Tierart bietet seit Monaten Gesprächsstoff in Bad Brückenau. Gemeint ist der Waschbär, der bevorzugt nachts seine Streifzüge durch Straßen und Grundstücken unternimmt. Die Erfahrungen der Bewohner sind unterschiedlich.
Die Bewohner der Ernst-Putz-Straße in Bad Brückenau kennen ihre nächtlichen Plagegeister: Waschbären auf Futtersuche.  Foto: Emanuel Fritschka


Richtig rund geht es regelmäßig in der Ernst-Putz-Straße in Bad Brückenau. Hier scheinen Waschbären ein größeres Revier zu haben. Für einige der Anwohner sind das niedliche und possierliche Tiere, für andere dagegen sind sie mittlerweile eine regelrechte Plage. Zu den Betroffenen zählt Heinz Klukas, Hausmeister einer dortigen Wohnanlage.
Anfangs hörte er bei Dunkelheit nur das Zuschlagen der Biotonnen-Deckel.

Er konnte sich keinen Reim darauf wer da nachts herumturnt. Also ging er der Sache auf den Grund und wurde fündig: "Erst waren es immer zwei Waschbären, mittlerweile scheint sogar ein Junges dazugekommen zu sein".
Es störte den Hausmeister schon gewaltig, dass die Tiere immer eine Riesensauerei hinterließen. Er befürchtete, dass als nächstes die Krähen kämen und den Biomüll noch weiter zerfleddern würden. Jetzt hat Klukas dem Treiben zumindest Einhalt geboten: "Unsere drei Tonnen werden nachts weggeschlossen", sagt er. Seitdem sind die Besuche der Tiere weniger geworden.


Ohne jede Scheu vor Menschen

Ähnliche Erfahrungen hat Roland Kreuzer, Inhaber des Hotels "Zur Mühle" am Georgi-Kurpark, gemacht. Zeitweise sei es mit den frechen und unverschämten Gesellen, die augenscheinlich keine Scheu vor den Menschen haben, schon schlimm gewesen. Jetzt werde abends einfach alles weggesperrt, was nicht niet- und nagelfest ist. Für die Lagerung der Küchenabfälle und der Gelben Säcke, bevorzugte Beutestücke der Waschbären, habe man extra eine Garage frei geräumt. "Da kommt jetzt kein Tier mehr dran", so der Gastronom.


Gäste nehmen es locker

Auch einige seiner Gäste haben schon Bekanntschaft mit den nachtaktiven Tieren gemacht. Im ersten Moment seien sie erschrocken, dann aber eher belustigt gewesen, als plötzlich abends ein kleiner Waschbär am Dachrinnenrohr empor kletterte und ins Zimmer guckte.
Nicht betroffen ist nach Auskunft von Hoteldirektor Joachim Hunger das Gesundheits-Resort & Spa "Regena" im Staatsbad. Er habe zwar schon Waschbären auf der Ernst-Putz-Strasse gesehen, "auf unserem Gelände wurden die Tiere aber noch nicht beobachtet". Hunger führt das darauf zurück, "dass sie hier einfach kein Futter finden". Denn alles, was im Entferntesten Tiere anlocken könnte, werde im "Regena" schon seit längerer Zeit unter Verschluss gehalten.


Clever und äußerst lernfähig

Die Methoden von Klukas, Kreuzer und Hunger scheinen Wirkung zu zeigen, die "Invasion der Waschbären" ist bei ihnen zumindest eingedämmt oder gar nicht erst aufgetreten. Man muss sich nämlich schon etwas einfallen lassen, um die "kleinen Biester" von Haus und Hof fernzuhalten. Der Backstein zum Beschweren des Mülltonnendeckels oder das einfache Zubinden reichen längst nicht mehr aus. "Da kommen dann einfach zwei Waschbären und schmeißen gleich die ganze Tonne um", haben andere Anwohner beobachtet.
Denn die Tiere sind nicht nur clever, sondern auch äußerst lernfähig. Und wenn es an einer bekannten Anlaufstelle einmal nichts mehr zu holen ist, ziehen sie einfach weiter, und zwar dorthin, wo sie leichter an Nahrung kommen.


Fachkundige Hilfe erforderlich

Ein Erlebnis der besonderen Art hatte Alexander Klunk in der Crailsheimstraße. In seinem Dachgebälk hatte sich vor ein paar Jahren ein Waschbärweibchen mit drei Jungen regelrecht eingenistet. Dank der fachkundigen Hilfe von Forstwirt Dieter Muth, den er in dieser Angelegenheit kontaktiert hatte, konnten die Tiere eingefangen und an anderer Stelle wieder ausgesetzt werden. Muth, der heute Bürgermeister von Oberleichtersbach ist, wurde schon mehrfach mit den enormen Schäden konfrontiert, die der Waschbär verursacht. So ist es für ihn nur konsequent, dass das Tier, dessen Bestand in der hiesigen Region langsam überhand nimmt, von ausgebildeten Experten bejagt werden darf.
Aber nicht nur der Mensch beschäftigt sich mit den Waschbären, auch einige Hunde haben die zum Teil recht putzigen Gesellen, die aber durchaus sehr aggressiv werden können, für sich entdeckt. So gibt es in Bad Brückenau Vierbeiner, die jetzt abends extra vor dem Haus sitzen bleiben, um später die Neuankömmlinge mit lautem Gebell zu vertreiben. Das Ganze ist dann mehr eine Art Spiel, Zwischenfälle mit verletzten Tieren sind in der Zweibäderstadt noch nicht bekannt geworden.