Was ist die Stadt Bad Kissingen wert?
Autor: Ralf Ruppert
Bad Kissingen, Donnerstag, 19. Dezember 2013
Im Rathaus wurde jahrelang gezählt und bewertet. Jetzt legte Kämmerer Gerhard Schneider die Eröffnungsbilanz mit einem Volumen von 173,7 Millionen Euro vor. Die Eigenkapital- Quote liegt bei immerhin 52 Prozent.
Stadt-Kämmerer Gerhard Schneider machte es spannend in der jüngsten Stadtratssitzung. Erst ging er auf jede Menge rechtlicher Grundsätze ein, bevor er die große Zahl nannte, auf die er und seine Mitarbeiter jahrelang hingearbeitet haben: Genau 173 665 799,34 Euro stehen unterm Strich in der Eröffnungsbilanz, die die Stadt rückwirkend zum 1. Januar 2012 vorlegte.
Sprich: Alle Vermögenswerte der Stadt summieren sich auf 173,7 Millionen Euro.
"Guter bis sehr guter Wert"
"Das ist ein toller Moment, Ihnen die Eröffnungsbilanz vorstellen zu können", sagte Schneider sichtlich zufrieden mit sich und seinen Mitarbeitern aus der Kämmerei. Durch die Einführung der so genannten Doppik (siehe Infokasten) seien die echten Kosten jeder Maßnahme darstellbar: "Wir wollen nicht nach dem Geldverbrauch, sondern nach dem Ressourcenverbrauch steuern", gab er als Ziel der Finanzverwaltung aus.
Und noch ein Ergebnis freut ihn: Mit 89,8 Millionen Euro liegt die Eigenkapital-Quote bei rund 52 Prozent. "Das ist ein guter bis sehr guter Wert", zog der Kämmerer einen Vergleich mit anderen Kommunen. Und: "Diese Quote gibt Auskunft darüber, wie eine Kommune mit dem Vermögen ihrer Bürger umgegangen ist."
"Das ist etwas Einmaliges in der Geschichte der Stadt", würdigte Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) die Leistung der Verwaltung. Die Einführung der Doppik, die nun mit der Eröffnungsbilanz endgültig abgeschlossen sei, bezeichnete der OB als "Herkulesaufgabe" und "ganz großen Wurf". Auf Nachfrage aus dem Stadtrat gab Blankenburg zwar zu: "Natürlich haben wir durch die neue Buchführung nicht einen Cent mehr oder weniger zur Verfügung." Trotzdem wertet das Stadt-Oberhaupt die Doppik als wichtiges Steuerungselement und Schritt in die richtige Richtung.
Die hohe Eigenkapitalquote kommentierte Blankenburg zudem mit den Worten: "Das ist gesund, aber das heißt nicht etwa, dass wir im Geld schwimmen."
Wenn es um Geldbeträge geht, rechnet Kämmerer Gerhard Schneider stets auf den Cent genau ab. Beim Aufwand für die Einführung der neuen Buchführung und insbesondere zur Erfassung des städtischen Vermögens jedoch, kann auch er nur schätzen: "Das dürfte fünf bis sieben Stellen über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren entsprechen", vermutet er. Hunderte von Sitzungen seien notwendig gewesen. Alle Mitarbeiter der Stadt-Verwaltung waren betroffen, am häufigsten gingen Schneider und seine Kollegin Carina Schüller aber einfach über die Maxstraße ins Stadtbauamt, um Grundbuchauszüge zu wälzen und Rechnungen zu kontrollieren.
Im März 2007 hat die Kämmerei mit der Erfassung von Daten für die Doppik begonnen. Offiziell eingeführt wurde das neue System aber erst Anfang 2012, die Erfassung der Vermögenswerte zog sich sogar bis Ende 2012 hin. Das ist laut Schneider ganz normal: Viele Kommunen legen nach seinen Worten die Eröffnungsbilanz erst drei oder sogar fünf Jahre nach dem Start der Doppik vor. Dass er und seine Mitarbeiter das am 11. Dezember, also pünktlich zur Jahresschluss-Sitzung geschafft haben, sei eine tolle Leistung.
Wie groß der Aufwand war, zeigt der Personaleinsatz: So sei ein Ingenieur der Bauverwaltung vier Jahre größtenteils für die Erfassung des Infrastrukturvermögens zuständig gewesen. Zudem wurden in der Personalverwaltung Rückstellungen für Pensionen oder beim Friedhof Gebühren berechnet.
Begriffe Das Kunstwort Doppik steht für DOPPelte Buchführung In Konten: In der Kameralistik (bis auf kostendeckende Einrichtungen wie Wasserversorgung oder Friedhof) wird einfach gebucht, also ausschließlich der Geldverbrauch abgebildet. Die Doppik erlaubt dagegen Aussagen über den so genannten Ressourcenverbrauch, also die Zu- oder Abnahme des Vermögens einer Kommune. Im Kreis haben bislang zwei der 26 Kommunen die Doppik eingeführt: Bad Brückenau und Bad Kissingen. Der Landkreis bereitet sich derzeit auf seinen ersten doppischen Haushalt 2014 vor.
Aufteilung Der Ergebnis-Haushalt enthält den laufenden Geschäftsbetrieb, also zum einen die Inhalte des kameralistischen Verwaltungshaushaltes und zum anderen Abschreibungen und Rückstellungen, etwa für Alters-teilzeit oder Pensionen. Der doppische Finanzhaushalt enthält die Investitionen, also den bisherigen Vermögenshaushalt, und zusätzlich die tatsächlichen Buchungen des Ergebnishaushaltes, also Ist-Einnahmen und -Ausgaben ohne Abschreibungen und Rückstellungen. Keine Entsprechung in der Kameralistik hat die dritte Komponente der Doppik, die Vermögensrechnung oder Bilanz: In ihr wird der eigentliche Wert einer Kommune mit allen Grundstücken, Gebäuden, Fahrzeugen und sonstigem Besitz angegeben.
Überblick Die Eröffnungsbilanz der Stadt Bad Brückenau zum 1. Januar 2012 hat ein Volumen von 173,7 Millionen Euro. Die Mittelverwendung wird in den Aktiva abgebildet, die sich zu 95 Prozent aus Anlage- und zu fünf Prozent aus Umlaufvermögen (vor allem Baugrundstücke mit 5,7 Millionen Euro) zusammensetzen. Die Mittelherkunft/Passiva bestehen aus Eigenkapital (52 Prozent), Sonderposten (17 Prozent), Rückstellungen (10 Prozent) und Verbindlichkeiten (21 Prozent).
Anlagevermögen Zu den Sachanlagen von 155,4 Millionen Euro zählen: unbebaute Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte für 49,5 Millionen Euro (davon alleine 35,5 Millionen für den Holz-Bestand im Stadtwald), die bebauten Grundstücke 28,6 Millionen Euro (davon 12,9 Millionen Euro für Grund und Boden und 15,7 Millionen Euro für die Gebäude) sowie das Infrastrukturvermögen von 65,3 Millionen Euro (bestehend aus Grundbesitz mit 7,6 Millionen Euro, Kanalnetz mit allen dazu gehörenden Einrichtungen mit 43, 6 Millionen Euro, Straßen und Plätze mit 9,7 Millionen Euro und sonstige Bauwerke wie Brücken und Brunnen mit 4,4 Millionen Euro). Hinzu kommen im Anlagevermögen etwa Kunstwerke für eine Viertel Million Euro, Maschinen und Fahrzeuge für zwei Millionen Euro und Anlagen im Bau für 7,8 Millionen Euro, davon alleine 5,6 Millionen Euro für die Kliegl-Schule. Zum Sondervermögen zählt das Kapital von 870 000 Euro für vier Bürgerstiftungen.
Beteiligungen Die größte Beteiligung der Stadt ist der hundertprozentige Anteil an den Stadtwerken, der nach den gesetzlichen Vorgaben auf 4,4 Millionen Euro geschätzt wurde, obwohl er aus Sicht der Verwaltung ein Vielfaches davon wert sein dürfte. Der zum Stichtag 40-prozentige Anteil der Stadt an der Staatsbad GmbH wurde ebenfalls mit gerade einmal 20 451,68 Euro ziemlich niedrig angesetzt.