Druckartikel: Was heißt denn Liebe?

Was heißt denn Liebe?


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Freitag, 27. Juni 2014

Toujours l'amour: Katarzyna Dondalska, Hélène Hébrard, Dmitry Korchak und Maciej Pikulski boten ein buntes Programm.
Sie besangen die Liebe in vielen Sprachen: Hélène Hébrard (links) aus Frankreich, Dmitry Korchak aus Russland und Katarzyna Dondalska aus Polen. Foto: Ahnert


Bad Kissingen — "Toujours l'amour" - "Immer die Liebe". Ein unerschöpfliches Thema in allen Sprachen für jemanden, der ein Programm für einen Lieder- und Arienabend zusammenstellt.
Und so bunt wie das Register der 31 Lieder und Arien war auch die Truppe, die im Rossini-Saal zusammengekommen war: die polnische Sopranistin Katarzyna Dondalska, die in Berlin lebt, die französische Mezzosopranistin Hélène Hé- brard, die in ihrem Heimatland

wohnt, der russische Tenor Dmitry Korchak, der sich in Wien niedergelassen hat, und der polnische Pianist Maciej Pikulski, der seine Zelte in Paris aufgeschlagen hat.
Und so unterschiedlich wie die Herkunft waren auch die Stimmen und Charaktere. Katarzyna Dondalska ist eine fabelhafte Koloratursopranistin mit einer Neigung zur Verschwierigung ohnehin schon waghalsiger Melodielinien. Und es war auch schön, dass eine Muttersprachlerin Lieder von Chopin und Arien von Moniuszko sang, weil die phonetische Vertracktheit klar wurde. Aber sie ist auch im französischen und italienischen Fach bestens verankert, wobei sie eine Höhe besitzt, die die Königin der Nacht zur Altistin macht. Immer wenn man glaubte, dass sie bei den Arienschlüssen die absolute Höhe erreicht hatte, setzte sie noch einen Sprung nach oben drauf. Natürlich musste sie um diese Töne ringen, aber sie obsiegte und es gelang ihr auch noch, sie zu halten. Rätselhaft, wie sie das macht. Und die Arie der Olympia aus "Hoffmanns Erzählungen" wurde zu einem köstlichen Zeugnis ihrer selbstironischen Schauspielkunst.

Anderer Stimmtyp

Hélène Hébrard war ganz anders, stärker in sich gekehrt, stärker auf Nuancen setzend. Die Mezzolage in ihrer dunklen Timbrierung ist halt intensiv, aber weniger spektakulär. Lieder von Oscar Straus und Franz Grothe oder Poulencs "Les chemins de l'amour" sang sie außerordentlich verbindlich, Carmens "Habanera" bekam ein hintergründiges Leuchten.
Für Dmitry Korchak war es ja schon der zweite Liederabend in diesem Jahr. Und er genoss es wieder, seine Stimme im Raum zu hören, sei es bei Rachmaninoff-Liedern oder neapolitanischen Gassenhauern wie dem immergrünen "Non ti scordar di me". Die Arie des Lenski aus "Eugen Onegin" und Nemorinos "Una furtiva lagrima" hat man selten so schön gehört. Da holte er mit der ganzen Wucht seiner Stimme die inneren Kämpfe der beiden an die Oberfläche, machte sie physisch spürbar.
Eine Entdeckung war der Pianist: Maciej Pikulski erwies sich als ein Begleiter, der sängerisch mitdenkt, der sehr genau die Inhalte kommentierte und in seinem Spiel eigene Akzente setzte. Wobei er in den Arien nicht das Orchester ersetzte, sondern die Musik ins Liedhafte, Intimere zog.
Eigentlich schade, dass es nur ein Duett gab, weil der Stimmenkontrast immer eine reizvolle Angelegenheit ist. So surften nur Katarzyna Dondalska und Hélène Hébrard auf den Wellen, die Maciej Pikulski vor ihnen ausbreitete, durch die "Barcarolle" aus Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen".
Die Zugabe war dieses Mal die letzte Nummer im Programm: "Libiamo" oder auch "Brindisi" aus Giuseppe Verdis "La Traviata". Das Duett ist nicht nur enorm populär, sondern auch elastisch: Man kann es auch zu dritt singen.