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Warum Helmut Schleich in Bad Kissingen den Kriegstreibern Hämorrhoiden und kurze Arme wünscht


Autor: Klaus Werner

Bad Kissingen, Dienstag, 15. März 2022

Deftig und hintergründig kalauerte der aus dem Fernsehen bekannte Kabarettist Helmut Schleich im Regentenbau über die Themen unserer Zeit. Natürlich durften Parodien auf Helmut Strauß und die Gebrüder Ratzinger nicht fehlen.
Helmut Schleich im Regentenbau.


Es gibt viel zu sagen in der heutigen Zeit, in der man wenig bis nichts zu lachen hat. Von daher war der Auftritt von Helmut Schleich mit seinem Programm "Kauf, du Sau!" im Regentenbau eine kabarettistische Offenbarung. In zwei Stunden kredenzte der wortgewaltige Münchner einen fulminanten Bogen zwischen der Apokalypse in der Ukraine, über die Verwerfungen in der Pandemie bis hin zu den "voguen" Strömungen, die unsere Gesellschaft wie in einer Netflix-Serie durchziehen. Sein Ratschlag: "Man muss hinter die Dinge blicken, wenn man nach vorne sehen will."

In "luftiger Atmosphäre" - also mit Abstand und Maske - erwarten knapp 250 Gäste im Max-Littmann-Saal den Auftritt des TV-bekannten Kabarettisten. Stuhl, Tisch, Garderobenständer und Rednerpult waren die Utensilien, die auf der großen Bühne den Rahmen bildeten - und im Focus stand der eher unscheinbare Meister des politischen, des gesellschaftskritischen Kabaretts, der zur Verdeutlichung seiner Analysen den bayrischen Dialekt wortgewaltig, aber auch für fränkische Ohren angemessen einsetzte. Historischer Boden sei Bad Kissingen, denn im Jahre 1866 überrannte eine preußische Übermacht die bajuwarischen Streitkräfte - und damit hatte Schleich schon seinen Einstieg in die aktuelle Situation.

Die Gaspipeline "Nord Stream 2" sei als geheimer Tunnel geplant gewesen, und nach dessen Sperrung sei Putin über die Ukraine auf den Weg nach Westen - "mit Schröder vorneweg, zum Ablesen der Gasuhren". Lacher, die einem im Halse steckenbleiben würden, wenn man länger darüber nachdenken könnte. Aber dazu lässt einem der Zyniker auf der Bühne keine Zeit.

Gleich als nächstes erinnert er sich an einen Kalauer von früher, dass Krieg die radikalste Form der Abrüstung sei und folgert: "Jetzt ist Krieg ein Symbol für die Aufrüstung." 100 Milliarden Euro als Sondermögen für eine Bundeswehr, die nicht gerüstet ist, sondern gerostet sei - "mit der Verteidigungsministerin vorneweg, die zum Schießen ist". Als militanter Pazifist sei er der Feind aller Kriegstreiber und diesen wünschte er "Hämorrhoiden und ganz kurze Arme".

Natürlich nimmt Schleich auch das Thema Corona in die Zange. "AHA" sei kein Ausdruck des Erstaunens, sondern wurde zum Grundmuster von Regeln, die nach und nach Gesetze, Vorschriften und Verbote ersetzten. Für ihn ein Synonym für die "Infantilisierung der Gesellschaft", deren Unreife besonders im Umgehen der Regeln zu betrachten sei - unterstützt durch die politischen Fehlleistungen, denn die Formel "AHA + L + Luca - 3 x G = RKI" sei nicht zu verstehen.

Gelitten habe nicht nur der Umgang miteinander, sondern auch die Sprache, der man sich bediene, denn "Sprache kann ein Gift sein, das man mit keiner Impfung einfangen kann". Sprache sei sensibel, so Schleich, aber Sprachhygiene überziehe, wenn es um "Schwarzfahren" als rassistischen Ausdruck oder um "Sackgasse" als sexistische Äußerung gehe.

Lachen ohne schlechtes Gewissen durfte man bei Freddy Humperdinger, dem Protagonisten für modernes Theater, der die skurrilen Fantasien anschaulich darstellte und abschließend wertete: "Des muast frei meg´n." Bayrisch gings weiter, wobei er den Bayern als Exoten im eigenen Land outete, der zum Beispiel mit der vierfachen Verneinung, mit "na, niemals, nie, net", den Gipfel der Ablehnung erreicht. Und schließlich kalauerte er über die bayerischen Rüstungsbetriebe mit dem Volkslied "Patrone aus Bavaria" und "Napalm-Duo oder so".

Schmerzhaft waren sie, die dahin gesagten Wahrheiten und Analysen - und getoppt wurden sie durch Schleichs Deutungshoheit über "FJS", den er in Lodenjacke und Hornbrille auferstehen ließ. Strauß als Maßeinheit für die Qualität des bayrischen Ministerpräsidenten führten zum Schluss, dass "alle Nachfolger nur Leichtgewichte" waren, dass schon vor Trump das "Bavaria first" galt und "ich war der Firster" und dass aus dem politischen Wolf Söder das fromme Lamm Markus wurde.

Abgewatscht wurden Merkels Kanzlerjahre mit Kritik am übereilten Atomausstieg oder am "Mehltau, der über die Bundeswehr gelegt wurde". Lobesarien gab es für die "Amigo-Strategie", denn wer in Bayern was werden wollte, musste bei der CSU sein, oder zum systemimmanenten Wesenszug eines bayrischen Politikers "Am Amt kleben."

Mit einer Zugabe als die Ratzinger Brüder "Schorschi und Beppi" verabschiedete sich Helmut Schleich mit einem Dank an das Publikum und dem Geständnis: "Mein erster Auftritt seit November 2021 - es war sehr erhebend". Das Publikum spendete lang anhaltenden Applaus.