Wolfgang Riedel hielt bei der Seniorenuniversität Würzburg die 175. Vorlesung. Ein Blick in die Entstehungsgeschichte und die Intension der Veranstaltungsreihe.
Es ist vielleicht nicht das ganz runde Jubiläum, aber deshalb nicht weniger bemerkenswert: Prof. Dr. Wolfgang Riedel, der Lehrstuhlinhaber für neuere deutsche Literatur- und Ideengeschichte an der Universität Würzburg, hat jetzt bei der Seniorenuniversität Würzburg die 175. Vorlesung gehalten - um nicht falsch verstanden zu werden: natürlich nicht alleine, sondern zusammen mit Kolleginnen und Kollegen. Die Zahl ist aber trotzdem erstaunlich, weil es diese "Altenbildungseinrichtung" noch gar nicht so lange gibt.
Vorschlag diskutiert und probiert
Da hat jetzt der Zufall mal wieder Schicksal gespielt. Denn Wolfgang Riedel, damals Hauptamtlicher Vizepräsident der Uni Würzburg, war es auch, der im Herbst 2010 mit Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) den Vorschlag diskutierte, in Bad Kissingen mit seinem hohen Altersdurchschnitt eine Seniorenuni einzurichten. Riedel: "Es gab ja auch schon Angebote über den Uni-Bund in der ganzen Region. Es war klar, dass es hier ein Zielpublikum gibt, sodass wir das dann sofort probiert haben, und es hat funktioniert. Ich bin jetzt jedes Jahr dabei, und der Zuspruch ist immer sehr gut."
Er traf sich mit Universitätskollegen sowie Vertretern der Stadt Bad Kissingen und der Sparkasse Bad Kissingen, und man wurde sich schnell einig. Die Begründung, so Gisela Schriek, Chefin der Kissinger Volkshochschule, unter deren Dach die Sen-Uni angesiedelt ist, war eindeutig: "Immer mehr Menschen im Ruhestand, in der nachfamiliären oder nachberuflichen Phase, wollen gerne geistig aktiv bleiben oder ihre Bildung auffrischen." Wolfgang Riedel sieht die Sache auch aus anderer Warte: "Ich finde, dass die Universitäten einen Bildungsauftrag haben und den auch nach außen tragen müssen." Insbesondere die Geisteswissenschaften hätten nicht nur mit Forschung zu tun, sondern auch mit Bildung. Und es gebe in der Bevölkerung immer noch ein Bildungsbedürfnis, "das wir befriedigen müssen".
Veranstaltungsfrust
Auch der Veranstaltungsort mit der erforderlichen Größe und technischen Infrastruktur war schnell gefunden: der Sparkassenpavillon an der Von-Hessing-Straße. Im Januar 2011 konnte der Vorlesungsbetrieb beginnen: Jeder Themenblock - und dabei ist es auch geblieben - umfasst drei eineinhalbstündige Vorlesungen, und das jeweils drei oder vier Mal pro Semester.
Natürlich ließen sich die Referenten nicht aus dem Hut zaubern. "Ich habe damals von einer Dame von der Universität eine Liste mit Referenten und Themenvorschlägen bekommen. Sie hat mir auch Tipps gegeben und die ersten Kontakte vermittelt", erinnert sich Gisela Schriek. Schließlich gab es die Sen-Uni in Würzburg schon länger. Die Jungfernvorlesung hielt damals übrigens nicht Wolfgang Riedel. Er ließ für den ersten Block einem Kollegen, dem Historiker Stefan Petersen, den Vortritt. Aber dann bestieg auch er den Katheder mit einer Vorlesungsreihe über Thomas Manns "Zauberberg".
Fester Stamm an Referenten
Seitdem hat sich im Lauf der Jahre ein fester Stamm an Referenten und - natürlich Referentinnen - herausgebildet, weitere sind dazugekommen. Manche hat Gisela Schriek gezielt angefragt - und nicht jeder konnte aus zeitlichen Gründen zusagen. Manche haben sich auch beworben, weil sie gerne kommen wollten. Die Auswahl folgte der Überlegung: "Die Verbindung zur Universität Würzburg soll erhalten bleiben."
Natürlich gibt es auch immer einmal einen Wechsel beim Personal, sei es aus Zeit- oder auch Altersgründen. Aber in der Kontinuität spiegelt sich auch die Zufriedenheit der Zuhörer. Nach jeder Vorlesung gibt es in Grüppchen noch angeregte bis begeisterte Diskussionen, hält ein gewisses Staunen über das Gehörte an. Natürlich gibt es gelegentlich persönliche Vorbehalte von Zuhörern gegen die Referenten, oder gewisse Vorlieben wurden deutlich. "Aber einen Satz wie: Bloß nie mehr den oder die!", so Gisela Schriek, "habe ich noch nie gehört". Aber sie würde auch so etwas ernst nehmen.