Von Olympia nach Oerlenbach
Autor: Stefan Geiger
Oerlenbach, Freitag, 14. Februar 2014
Die ehemaligen Spitzensportler Sebastian Haseney und Alexander Wolf trainieren mit Polizei-Anwärtern im Ausbildungszentrum in Oerlenbach.
Springen und Laufen bzw. Laufen und Schießen waren das Metier von Sebastian Haseney und Alexander Wolf, die beide derzeit am Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum (BPOLAFZ) in Oerlenbach tätig sind. Beide zählten in der Nordischen Kombination bzw. im Biathlon über viele Jahre zu herausragenden Athleten der deutschen Teams im Weltcup und starteten mehrfach bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.
Während Haseney nach seinem Rücktritt 2011 den Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst abschloss und seit September 2013 als Fachlehrer im BPOLAFZ tätig ist, absolviert Wolf seit Jahresbeginn ein Praktikum, um ab April an der Sporthochschule Köln zu studieren.
Täglich Anfahrt aus Thüringen
Die beiden Thüringer fühlen sich in Oerlenbach wohl. "Wir sind hier sehr gut und freundlich aufgenommen worden", betont Haseney, der als Lehrer hauptsächlich für Sport und Polizeitraining tätig ist. Täglich reisen sie von Steinbach-Hallenberg bzw. Oberhof per Auto an.
"Natürlich sind in diesen Tagen unsere Gedanken bei den deutschen Startern, mit denen wir über Jahre trainierten und an den Start gingen. Wir drücken ihnen die Daumen", erklären beide. Haseney traf seine Kollegen kurz vor Olympia noch beim Training in Oberstdorf. "Unsere Kombinierer sind sehr stark, vor allem Eric Frenzel, der als kleiner und leichter Sportler gut mit den Bedingungen in Sotschi zurechtkommen müsste", gibt er sich recht zuversichtlich. Inzwischen hat sich sein Optimismus mit der Goldmedaille bewahrheitet.
Alexander Wolf nimmt die deutschen Biathleten in Schutz. "Im Sprint lief es nicht so gut, in der Verfolgung bereits besser. Die Weltspitze liegt ganz eng beisammen. Ein Schießfehler wirft bereits entscheidend zurück." Dass es geht, bewies inzwischen Eric Lesser mit der Silbermedaille über 20 Kilometer.
Schwankende Resultate und eine langfristige Verletzung im Mai 2011 machten für Wolf alle Perspektiven zunichte. "Ich folgte dem Rat der Trainer und schied im März 2013 aus dem stark verjüngten Team aus. Mit einigem Abstand war dieser Entschluss richtig, zumal der Deutsche Skiverband mein Diplomtrainerstudium in Köln fördert", bekennt der 35-Jährige.
Vater war schon Biathlet
1978 in Schmalkalden geboren begann er mit sieben Jahren mit dem Biathlon, kein Wunder, denn sein Vater war bereits Biathlet gewesen und hatte an der Olympiade 1976 teilgenommen. Einer der Bekanntesten im Biathlon war außerdem sein Großcousin Frank Luck.
Wolfs Karriere führte steil nach oben. Mit 19 Jahren, nach seinem Abitur am Sportgymnasium in Oberhof, kam er in den A-Kader und verdrängte keinen Geringeren als den heutigen Bundestrainer Mark Kirchner aus der Mannschaft. Er trat in den damaligen Bundesgrenzschutz ein und absolvierte parallel zum Leistungssport nach dem "Bad Endorfer Modell" - siehe unten - die Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst.
"Bei meinem Praktikum unterrichte ich in den Bereichen Sport sowie Waffen- und Schießausbildung. Diese Einblicke nehme ich gerne mit nach Köln. Was nach dem Studium kommt, lasse ich offen, nicht ausgeschlossen zurück nach Oerlenbach", bekennt er nach herzlicher Aufnahme im Kreise vieler netter Kollegen. Zusätzlich zu seinem Dienst betreut er zwei Laufgruppen, mit deren Steigerungen er sehr zufrieden ist.
Ebenso wohl fühlt sich Sebastian Haseney in seinem ersten Lehrerjahr am BPOLAFZ. Auch er wurde 1978 (in Suhl) geboren und stand bereits mit zwei Jahren auf den Skiern. Mit sechs Jahren begann er in Zella-Mehlis mit dem Springen und Laufen. "Ich nahm an einem Schulwettkampf als Externer teil und siegte auf Anhieb. Der Verein nahm mich auf. Zwei Mal trainierte ich in der Woche. Meine Eltern standen hinter mir", schildert er seine Anfänge, die rasch von Erfolgen begleitet wurden.
Auch er besuchte parallel das Sportgymnasium in Oberhof, wo er 1998 das Abitur ablegte. Ebenfalls nach dem "Bad Endorfer Modell" verband er von 1998 bis 2002 Spitzensport mit beruflicher Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten.
Als Sportlehrer
In der "Königsdisziplin", wie die Nordische Kombination bezeichnet wird, errang er große Erfolge, ehe er im Januar 2011 mit dem Deutschlandpokal in Schonach seine sportliche Karriere beendete.
In den folgenden zwei Jahren absolvierte er erfolgreich den Aufstieg in den gehobenen Dienst und entschied sich, im BPOLAFZ Oerlenbach als Lehrer für Sport zu arbeiten. "Ich habe mich hier im Kreis netter Kollegen wunderbar eingelebt. Oerlenbach war die richtige Entscheidung, zumal der enge Kontakt zu Bad Endorf - die Sportschule ist ebenfalls wie das BPOLAFZ Oerlenbach Teil der Bundespolizeiakademie Lübeck - das Eingewöhnen erleichterte.
Sportler sind strukturiert
In der Ausbildung mitwirken zu dürfen, entspricht meinen Zielen, nämlich die Erfahrungen aus dem Spitzensport den jungen Kräften als ein Baustein für den künftigen Beruf weiterzugeben", bekennt er.
Voll des Lobes über die beiden Exspitzensportler ist Oliver Haagen, Ausbildungsleiter für den mittleren Polizeivollzugsdienst am BPOLAFZ: "Sportler können strukturiert arbeiten. Sie wissen, worauf es ankommt und können sowohl körperliche als auch psychische Belastungen gut wegstecken. An diesen Fähigkeiten können unsere Polizeianwärter partizipieren."
Sebastian Haseney Von 1998 bis 2011 im A-Kader Deutschlands in der Nordischen Kombination, Weltcupsiege 2001 und 2008, Silbermedaille im Team bei den Weltmeisterschaften 2005 in Oberstdorf und 2007 in Sapporo in Japan, jeweils Sechster bei den Olympischen Spielen im Einzel in Salt Lake City im Jahr 2002 und in Turin im Jahr 2006.
Alexander Wolf Von 1998 bis 2013 im A-Kader der Biathleten, Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Salt Lake City, Turin und Vancouver, dabei 8. In Turin im Massenstart, Teilnahme an sieben Weltmeisterschaften mit Bronze 2008 in Verfolgung und Staffel, drei Mal Europameister, nämlich 1999 in Sprint und Staffel sowie 2001 in der Staffel, dazu acht Weltcupsiege .
Bad Endorfer Modell Die Bundespolizei fördert in Bad Endorf seit dem Jahr 1978 Spitzensportler/-innen bei der Bundespolizeisportschule. So können sie das Training für ihre Disziplin mit einer soliden Ausbildung für den mittleren Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei kombinieren. Derzeit werden bis zu 85 Sportlerinnen und Sportler betreut. Nach ihrer Sportkarriere haben sie gute berufliche Chancen.