Druckartikel: Von Händel bis Led Zeppelin

Von Händel bis Led Zeppelin


Autor: Gerhild Ahnert

Bad Kissingen, Montag, 22. Dezember 2014

Die jungen Musiker von KissPercussiva gaben beim Bad Kisssinger Winterzauber eine Matinee classique im Rossini-Saal.
Die Mitglieder von "KissPercussiva" unter der Leitung von Thomas Friedrich zeigten, was sie können.  Foto: Ahnert


Bad Kissingen — Wie bringt man knapp 40 junge Kerle (zwei bis drei junge Mädchen sind auch dabei) dazu, Opernarien von Georg Friedrich Händel nebst Bachs "Air" und irgendwelche Weihnachtslieder einzuüben und vor Publikum zu spielen? "Keine Chance", ist nichts, was Thomas Friedrich, seit Jahren der Percussion Wizard an der Städtischen Musikschule Bad Kissingen, als Antwort gelten lassen würde.


Er hat das pädagogische Geschick, die jungen Leute da abzuholen, wo sie so gerne sind, bei fetziger, rockiger oder jazziger Musik, sie aber auch in Bereiche zu führen, die sie selbst nie betreten würden. Und so gab es eben Marimba-Bearbeitungen der Klassiker, so wurde zwar das kurz bevorstehende Weihnachtsfest im Konzert am zweiten Tag des Kissinger Winterzaubers 2014 mit dem Motto "Percussion meets Christmas" auch gestreift, aber es gab am Anfang das "Star Wars Medley" von Star Wars-Filmmusiker John Williams und am Ende ein Arrangement "Tribute to Mangione" mit Themen des amerikanischen Jazzmusikers Chuck Mangione.

Tolle Arbeit

Dazwischen dreimal Händel, einmal Bach, einmal Pachelbel von der alten Klassikerriege, Filmkomponist Henri Mancini und Popklassiker Led Zeppelin aus dem 20. Jahrhundert. Dazu dreimal Weihnachtliches in Bearbeitungen für verschiedene Percussionensembles und außerdem ein Solo-Marimba für einen, der exemplarisch zeigt, welch tolle Arbeit Thomas Friedrich seit 1997 hier leistet: Michael Nöth ist aus der Percussionklasse hervorgegangen, tritt aber in diesem Winterzauber zusammen mit Burkard Ascherl solistisch auf.
Als exzellentem Pädagogen geht es Friedrich aber nicht nur um die Produktion von Spitzenmusikern (die sammeln bei "Jugend musiziert" jedes Jahr durchaus die Preise ein); er arbeitet auch nachhaltig, wie die große Zahl ganz junger Neulinge auf der Bühne zeigte.
Ganz nach dem Geschmack der Spieler, bei denen "Star Wars" noch immer ein Thema ist, war der Einstieg mit allen Marimbas, und sicherlich eine ihrer Lieblingsnummern ist "Drumbone", ein Showstück aus dem Arsenal der "Blueman Group". Drei schwarz vermummte Gestalten mit weißen Gesichtern benutzen Plastik-Baurohre als Musikinstrument.

Weiche Töne

Dann sofort Übergang in eine völlig andere Welt: Eigentlich ist Händel ja schon ein Weihnachtskomponist, aber in diesem Konzert kamen drei sehr weltliche Opernarien zur Aufführung: Zunächst begleiteten drei Marimbaspieler mit überaus weich und rein angeschlagenen Tönen Händels tieftraurige Lamento-Arie "Lascia ch'io pianga" (Lass mich weinen), die von der Sopranistin Ingrid Peppel sehr stimmkräftig und mit runder, sicherer Intonation gesungen wurde. Noch mehr im Legato-Bereich ist Händels "Ombra mai fu", und dieses Legato kann beim Schlaginstrument nur durch Arpeggioschläge wiedergegeben werden. Auch hier begleiteten die jungen Musiker sehr feinfühlig die Sängerin, die in der dritten Arie gleich den dritten Händelhit, "Cara sposa", Rinaldos Liebesarie aus der gleichnamigen Oper, sang. Hier bewies sich Bill Buchanan, der im klassischen Teil den Continuopart durch klar mit seiner Laute gesetzte rhythmische Akzente verstärkte. Das hatte er auch schon bei Bachs "Air" aus der Orchestersuite Nr. 3 zusammen mit seinen Mitspielern mit solcher Delikatesse getan, dass dieser etwas abgehörte Ohrwurm duftig und zart erklang.
Schon fast ins Virtuose ging Michael Nöths Interpretation von "Virginia Tate", die Michael Nöth in der ihm eigenen Konzentration beeindruckend meisterte. Mit David L. Taylors modernem Arrangement zum alten französischen Weihnachtslied "Il est né, le divin Enfant!", im amerikanischen Gewand "He is born, the holy child" wurde es dann vor der Pause wirklich weihnachtlich.
Der zweite Teil nahm das Weihnachtsthema auf mit Daniel Musselmans "I sing the mighty power of God", an dessen Anfang und Ende an das feierliche angelsächsische Bell-Ringing erinnert wird und dessen Mittelteil weihnachtsliedhaft langsam ist, doch drumherum macht sich die Power of the Lord in heftigen Paukenschlägen Luft.
In Henri Mancinis Filmmusik zur Krimiserie "Peter Gunn", bei der alle Nachwuchsperkussionisten mit den Großen mitspielen durften, konnten die jungen Leute, unterstützt durch Schlagzeug, Pauken, Keyboard und E-Gitarre volle Dröhnung geben.
Eine mitreißende und jugendlich frische Version von Johann Pachelbels 300 Jahre altem berühmten Kanon ist Michael J. Michaels "Pachelbel Island", in der das Kanonthema aus E-Bass und Schlagzeug zu einem fröhlichen Fest nach dem Motto "Pachelbel meets Reggae" wird, aber auch leisere Percussion-Instrumente wie Fingerzimbeln und Guiro zum Einsatz kommen. Mit Jeffrey T. Parthuns "An Angel's Gift", hinter dem sich wieder ein gesamteuropäisches Weihnachtslied verbirgt, zeigten die jungen Musiker wieder einmal, dass sie auch bei einem sehr dichten und raffinierten Satz duftig und durchsichtig zu spielen vermögen.

Laura Lee Haley als Gast

Einen weiteren Klassiker des 20. Jahrhunderts, den 1970 eingespielten Hit von Led Zepplin, "Stairway to Heaven", hatte Thomas Friedrich eigens für seine Musiker und dieses Konzert arrangiert und zur Uraufführung auch eigens eine Popsängerin aus Schweinfurt als Gast engagiert: Laura Lee Haley und ein Solist an der E-Gitarre sangen und spielten mit der Friedrich-Truppe eine sehr packende neue Version des alten Hits.
Für den letzten Programmpunkt, "Tribute to Mangione", Chris Crockarells Arrangement der Musik des amerikanischen Jazzmusikers Chuck Mangione für 13 bis 15 Spieler hatte sich Friedrich noch vier Bläser zur Verstärkung seiner Riesentruppe auf die Bühne geholt, und so endete das Konzert mit diesem sehr dicht instrumentierten Finale im Big Band-Sound und mit kleinen Soli für einzelne solistische Gruppen.
Das begeisterte Publikum im voll besetzten Rossinisaal erklatschte sich noch zwei Zugaben.