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Volksbegehren G8/G9: Zu wenig Unterschriften


Autor: Carmen Schmitt

Bad Kissingen, Donnerstag, 17. Juli 2014

Das Volksbegehren der Freien Wähler zur Wahlfreiheit zwischen G9 und G8 war eine Schlappe. In Bad Kissingen lag die Beteiligung noch über dem Bayerndurchschnitt. Die Gründe: zu viel Fußball, zu wenig Unterstützer. Die Gewinner: Suedlink-Gegner.
Zwei Wochen lang konnten die Bürger auf den Listen der Freien Wähler unterschreiben und sich damit für eine Wahlfreiheit aussprechen, nach der die Schulen selbst entscheiden, ob sie G9 oder G8 anbieten. Fotos: Carmen Schmitt


Das Volksbegehren der Freien Wähler zur Wahlfreiheit zwischen G9 und G8 ging deutlich schief. Bad Kissingen zählt mit den knapp dreieinhalb Prozent noch zu den Kreisen mit einer höheren Beteiligung. Weniger Wahlberechtigte haben im Bayerndurchschnitt ihre Unterschrift gesetzt. Hier lag das Ergebnis bei 2,9 Prozent. Weit ab von den benötigten zehn Prozent, die einen Erfolg für das Volksbegehren bedeutet hätten. Sogar Parteimitglieder wundert der Ausgang am Tag danach nicht.

"Ich hatte von Anfang an gemutmaßt, dass es so ausgeht", sagt Eugen Albert (FW). Der 67-Jährige hat das Ergebnis des gescheiterten Volksbegehrens "einkalkuliert". Trotzdem hat sich der Kreisrat eingesetzt, Plakate aufgehängt und Prospekte verteilt. "Das Thema ist mir wichtig. Ich habe das für die Jugend gemacht. Mein Abitur ist geschrieben."

Die Freien Wähler wollten mit dem Volksbegehren die Wahlfreiheit für Gymnasien erringen. Laut ihrer Vorstellung sollen die Schulen eigenständig entscheiden dürfen, wie lange die Schüler die Schulbank bis zum Abitur drücken müssen: acht oder neun Jahre lang.

"Für ein kleines Gymnasium auf dem Land ist das schwer durchführbar", sagt Stefan Bub. Er ist Schulleiter des Franz-Miltenberger-Gymnasiums in Bad Brückenau. Strukturell sei es schwer, verschiedene Zweige und gleichzeitig zwei Varianten anzubieten. "Unmöglich", nennt es Kreisrat Wolfgang Görner (SPD). Er leitete viele Jahre die Bad Brückenauer Realschule und hat den Freien Wählern seine Unterschrift nicht gegeben. "Wichtiger ist, dass erstmal Ruhe einkehrt und dass man schaut, wo man innerhalb des Systems verbessern kann."

WM überlagerte Politik

Eugen Albert sieht mehrere Gründe für das Scheitern des Volksbegehrens: Das Bündnis wie beim letzten erfolgreichen Volksbegehren fehlte. Immerhin lag die Beteiligung der Bad Kissinger Bevölkerung beim Thema "Abschaffung der Studiengebühren" bei fast 14 Prozent. "Ein Volksbegehren ist dann erfolgreich, wenn es um den Geldbeutel geht", sagt Eugen Albert aus Münnerstadt. Dazu kam die Fußball-WM, die die Leute ablenkte, meint er. Außerdem seien die Menschen mittlerweile wahlmüde geworden. "Es ist schwierig, die Leute erst einmal ins Rathaus zu bringen", sagt der ehemalige Bürgermeister, Lehrer und Schulrektor. Er sieht auch einen Vorteil an der Sache: "G8 und G9 bleiben in der öffentlichen Diskussion." Einen Gewinner gibt es nach der Schlappe doch: Die Liste der Suedlink-Gegner lag bei der Infotheke der Stadt Bad Kissingen neben der Eintragungsliste für das Volksbegehren. "Viele haben nach dem Motto ,Wenn ich schon mal hier bin auf der gleich auch unterschrieben", sagt Ludwig Büchner von der Stadt.

Rückblick Das achtjährige Gymnasium wurde zum Schuljahr 2004/2005 von der Regierung Edmund Stoiber eingeführt. Seitdem brauchen die Schüler planmäßig nur noch acht statt neun Jahre bis zum Abitur. 2011 wurde ein Doppel-Jahrgang mit dem Gymnasium fertig und strömte an die Universitäten.

Volksbegehren Die Freien Wähler starteten das Volksbegehren "Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 in Bayern", Thema: "Mehr Zeit zum Lernen - Mehr Zeit zum Leben!". Vom 3. bis 16. Juli konnten sich alle Wahlberechtigten in die Listen eintragen.

Ziel Damit das Volksbegehren erfolgreich ausgeht und einen Volksentscheid nach sich ziehen kann, müssen zehn Prozent der Wahlberechtigten in Bayern ihre Unterschrift setzen. Das sind etwa 950 000. Die Freien Wähler erreichten diese Marke bei ihrem Aufruf nicht.