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Viva Voce begeisterte mit A Cappella in Bad Kissingen


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Dienstag, 15. Januar 2013

Erst waren sie Windsbacher Chorknaben, dann wuchsen sie zur A Cappella-Boygroup heran. Mittlerweile sind die fünf Jungs von Viva Voce erwachsen geworden. Doch singen können sie immer noch. Und das haben sie im Großen Saal in Bad Kissingen eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Nach dem Konzert sangen sie im Foyer noch das Kissingen-Lied: der David, der Basti, der MaTe, der Heiko und der Jörg.


Nein, das stimmt: Chorknaben sind sie schon lange nicht mehr. Windsbach war vorgestern. Und auch als Boygroup können sie nicht mehr durchgehen. Das war gestern. Aber was ist Viva Voce dann? Klar, ein A-cappella-Quintett, und zwar durchaus ein ganz besonderes. Denn der Basti, der MaTe, der David, der Jörg und der Heiko - bei den Namen sind sie doch noch in der Du-Phase - machen ihre ganze Musik selbst. Sie singen nicht nur, sondern der Jörg ist auch Schlagzeug, der Heiko, wenn er nicht singt, auch Kontrabass - alles nicht hand-, sondern mundgemacht.

So unkonventionell, wie das Quintett in seinem Gesang ist, ist es auch in der Stilistik: Es lässt sich in keine Schublade einordnen. Wie soll man so etwas nennen, das durch die Stile wildert von Rock bis Rap, das nur wenig Gecovertes, aber viel Eigenes bringt? Die fünf Jungs haben auch bei dem Namen den Stein der Weisen gefunden: Vox-Pop nennen sie ihre Mischung.

Das macht sie interessant, legt sie aber nicht fest.

Was macht Viva Voce so interessant, dass sogar in Bad Kissingen das Konzert wegen der großen Nachfrage aus dem Kurtheater in den letztlich auch vollen Großen Saal verlegt werden musste? Das ist letztlich, bei aller Modernität, die Besinnung auf die Tradition durch die Hintertür. Natürlich können sie Mendelssohns "Abschied vom Walde" ("O Täler weit, o Höhen") singen - das können andere auch. Aber die Raffinesse liegt in der intelligenten Verbindung und Versöhnung der altdeutschen Liedertafel mit der Rockmusik. Die fünf Jungs zeigen, wo sie herkommen, aber sie zeigen auch, wo sie hin wollen. Und haben alle Generationen im Boot.

Gefühl und Gesellschaftskritik

Und es sind die intelligenten Texte, die raffinierten Sätze. Wer vertont schon Mephistos Selbstbeschreibung oder ein Rilke-Gedicht? Wer traut sich heute, so viel Gefühl zu zeigen wie im "Liebeslied" im "Leuchtturm" oder "Morgen"? Wer setzt sich so konkret mit der Gegenwart und ihren Banalitäten auseinander wie in "Sand im Getriebe", "Smalltalk Checker", dem (Anti-)Facebook-Song "Gefällt mir" oder "Zeitgeist"?

Wer sich auf Viva Voce einlässt, muss zuhören können. Und wer das tut, wird sehr schnell merken, dass hinter dem ganzen "Gezappel" - nein, Choreographie" - auf der Bühne und einer fantasievollen Lightshow wirklich Inhalte stecken, die sich lohnen, präsentiert von fünf Männern, die wirklich selbstbewusst singen können.

Auch unplugged, bei der Zugabe. Denn ihnen - und auch das ist eher die Ausnahme - war die gute Akustik des Großen Saales aufgefallen, die sie austesten wollten. Und ganz zum Schluss, schon im Foyer, sang Viva Voce für die Fans ihr "eigens komponiertes "Kissingen-Lied". Natürlich kann man den Ortsnamen austauschen, aber im weiteren Text hatten sie sich wirklich mit den örtlichen Gegebenheiten befasst. Eine schöne Geste.