Vereidigung: Mehr als eine Zeremonie
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Bad Bocklet, Freitag, 23. Sept. 2016
Mehrere tausend Besucher waren im Bad Bockleter Kurpark. Dort fand nicht nur die Vereidigung der Offiziersanwärter statt.
Manfred Grom kann es kaum glauben. Da steht ein irakischer Soldat vor ihm. Mitten im Bad Bockleter Kurpark. Der junge Mann heißt Humam Ahram, stammt aus Bagdad und ist Anfang zwanzig. "Ich gehöre zum Offizieranwärter-Bataillon im Ausbildungszentrum Infanterie Hammelburg", erklärt er.
Ahram absolviert die Offiziersausbildung in Deutschland, die voraussichtlich bis 2019 dauert. Dann wird er in den Irak zurückkehren und dort den Rang eines Oberleutnants haben. "Ich habe bisher viel gelernt, vor allem über Waffen." Woher er so gut deutsch könne, will Grom wissen und erfährt, dass der junge Soldat vor der Offiziersausbildung einen Deutschkurs absolviert hat. Der Iraker ist nicht der einzige, der mit seiner Uniform die Blicke im Bad Bockleter Kurpark auf sich zieht. Insgesamt 27 ausländische Kadetten aus 15 Nationen sind dort am Donnerstag anzutreffen. Sie gehören zu den 516 Rekruten, die am Abend bei einer feierlichen Zeremonie vereidigt werden.
Mit Vorsatz gebrochen
Festrednerin ist Dorothee Bär (CSU), Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Eigentlich habe sie jetzt Sitzungswoche in Berlin, da wollte sie, so ihr Vorsatz, immer in der Hauptstadt sein. Jedoch habe sie nun mit diesem gebrochen, da sie es als große Ehre empfinde, Festrednerin der feierlichen Vereidigung zu sein. "Sie haben sich in einer Zeit entschieden, in der die Krisen der Welt an Deutschland herangerückt sind", sagte sie.2. Bürgermeister Andreas Sandwall zollte in seiner Ansprache den angehenden Offizieren seinen Respekt. Als Abenteuer bezeichnete Kadett Maurice Thomas in seiner Rede die bereits absolvierten ersten Monate der Offiziersausbildung in Hammelburg. Man habe eine völlig andere Welt betreten, sich in Verzicht geübt, neue Erfahrungen gesammelt, gelernt, immer in der Gruppe und mit Menschen unterwegs zu sein. "Die Kameradschaft ist das Wertvollste, was uns von der Bundeswehr gegeben wurde", fasste er seine Eindrücke zusammen.
Weiter in Dresden
Am 4. Juli haben die Rekruten des 86. Offizier-Anwärter-Lehrgangs ihre Ausbildung auf dem Lagerberg in Hammelburg begonnen, die insgesamt sechs Monate und somit noch bis zum Jahresende andauert. Anschließend wechseln die Kadetten an die Offiziersschule in Dresden, wo sie in neun Monaten weitere grundlegende Lehrgänge und auch Prüfungen absolvieren. Während dieser Zeit werden sie auch erstmals befördert und zu Fähnrichen ernannt. Danach beginnen die Offizier-Anwärter mit ihrem Studium an den Universitäten der Bundeswehr in Hamburg oder München.Vivien Abba ist eine von ihnen und will später Geschichtswissenschaften in der Hansestadt studieren. Auch sie ist am Donnerstagnachmittag mit ihrer Familie im Bad Bockleter Kurpark unterwegs, genießt das Beisammensein mit den Eltern und Geschwistern beim Familientag. Ihre Angehörigen sind zur Vereidigung aus Münster angereist. "Ich bin sehr stolz auf meine Tochter. Ich sehe sie heute das erste Mal in Uniform", sagt ihre Mutter Mary Abba, die wie ihr Mann aus Nigeria stammt. Dass ihre älteste Tochter die Offizierslaufbahn einschlägt, hat sie nicht überrascht. "Vivian war schon immer sehr engagiert, hat Verantwortung übernommen, in der Kirche als Ministrantin, in der Schule im Schulrat", schwärmt sie. "Und wenn sie nach Hause kommt, jammert sie nie", fügt die Mutter hinzu.
Die 18-Jährige hat ihre Entscheidung bislang nicht bereut. "Ich fand die Bundeswehr schon immer faszinierend", sagt die junge Rekrutin. Ihre Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Als Frau hat sie viel Respekt von ihren männlichen Mitstreitern bekommen. "Schließlich lernt man in der Ausbildung seine Grenzen kennen, nicht nur körperlich."
Welches Wissen und Können in Hammelburg vermittelt wird, das konnten die Besucher beim Familientag am Nachmittag ein Stück weit erleben. So gab es ein kleines Biwak im Kurpark, in dem die Soldaten das Leben im Felde vorstellten.