Urlauber aus dem Landkreis Bad Kissingen trotzen der Krise
Autor: Robert Huger
LKR Bad Kissingen, Freitag, 10. Juli 2015
In Griechenland geht es drunter und drüber, die Reisebüros in der Region merken davon aber wenig. Griechen aus dem Landkreis berichten, was Familie und Freunde daheim durchleben.
Das griechische Finanzchaos bereitet nicht nur Griechen, sondern genauso den Urlaubern Sorgen. Bekomme ich genügend Geld am Automaten? Gibt es überhaupt genug Lebensmittel? Diese und andere Fragen beschäftigen auch Menschen aus dem Landkreis Bad Kissingen, die eine Griechenlandreise gebucht haben. Die hiesigen Reisebüros geben aber vorerst Entwarnung.
"Bis jetzt gibt es nicht eine Stornierung", sagt Hubert Fella, vom gleichnamigen Reisebüro aus Hammelburg.
Momentan seien keine Geld-Probleme für Touristen bekannt. Noch ist die Versorgung sichergestellt. Dennoch: "Die Leute sind eher zurückhaltend", erzählt Fella, "wir haben nur zwei Buchungen nach Griechenland in den vergangenen zwei Wochen." Man wisse eben nicht, wie es in nächster Zeit mit dem Geld für Touristen aussieht.
"Nachfrage ist eingeschränkt"
"Von Veranstaltern kommt der Hinweis, dass man mehr Bargeld mitnehmen sollte", sagt Elke Hüfner, Touristikkauffrau aus Bad Brückenau. Sie müsse die Kunden manchmal überzeugen, dass man problemlos nach Griechenland fliegen kann. "Die Nachfrage ist schon eingeschränkt", sagt Hüfner, "aber die, die gebucht haben, bleiben auch dabei." Von Reise-Rückkehrern kamen in den Reisebüros bisher keine negativen Rückmeldungen an. Daher gebe es auch keinen Grund, eine geplante Reise abzusagen. "Wir haben keine Stornierungen oder Umbuchungen", sagt Christine Krebs, Geschäftsführerin des Bad Kissinger Reisebüros Gawlik, "die Deutschen halten den Griechen die Treue."
Sie verweist zudem auf ein Rundscheiben der "Thomas Cook Touristik". In dem heißt es zur aktuellen Situation wie folgt: "An Geldautomaten kommt es wohl vereinzelt zu längeren Schlangen, jedoch werden die Automaten noch regelmäßig gefüllt." Weiter gebe es laut dem Schreiben "keine gravierende Veränderung der Versorgungslage". Den Hotels stünden genug Lebensmittel - und Geldmittel, um diese zu bezahlen - zur Verfügung. Allerdings akzeptieren manche Restaurants keine Kartenzahlung mehr.
Gründe für Griechenland
Irgendwann wird also das Geld für die Touristen knapp, wenn sie es nicht selbst mitbringen. Trotzdem gibt es gute Gründe für einen Urlaub am Mittelmeer. "Weil eben auch die Preise runtergehen", sagt Hubert Fella. Seine Kollegin Elke Hüfner nennt andere Vorzüge: "Es ist ein wunderbares Land, man kann dort Badeurlaub und Kultur kombinieren." Man solle vielleicht auch hinfahren, um die Wirtschaft zu unterstützen.
Dem stimmt auch Theoklitos Zangelidis zu: Er ist einer von aktuell 56 Bad Kissingern mit griechischer Staatsbürgerschaft. Von seinen Freunden, die kürzlich in Griechenland Urlaub gemacht haben, weiß er, dass es für Touristen noch keine größeren Probleme gibt. Selbst reist er ungefähr dreimal im Jahr in sein Heimatland.
Ständig in Kontakt
Theoklitos Zangelidis telefoniert regelmäßig in die Heimat und kann einiges von der Krise und deren Auswirkungen erzählen. "Ich habe die Korruption mitbekommen", sagt er. So sei beispielsweise sein Vater entlassen worden, weil er nicht der "richtigen" Partei angehörte. Die Gehälter von anderen Familienmitgliedern seien um die Hälfte gekürzt worden. "Griechenland kriegt Milliarden und die Leute bekommen nichts", sagt Zangelidis. Das Problem sei, dass die Reichen das Land kontrollieren.
Andere Griechen aus der Region stehen ebenso fast täglich mit Verwandten, Freunden und Bekannten in Kontakt und vertreten eine ähnliche Meinung wie Zangelidis.
Jeder Euro zählt
Wein, Souvlaki, Bifteki und Käse kommen in unseren griechischen Gasthäusern auf den Tisch. Und zur Zeit natürlich noch ein aktuelles Thema: Finanzprobleme, Griechenland, der Euro und die Folgen. "Man wird sehr oft angesprochen, jeder denkt, dass ich vielleicht mehr weiß", sagt Themis Papadopoulos, Betreiber der Garitzer Sportgaststätte.
Das meiste erfährt Themis wie alle anderen aber aus den Medien. Natürlich steht er in ständigem Kontakt zu Verwandten und Freunden in Griechenland. Deshalb kann er auch ein wenig davon erfahren, was seine Landsleute berichten. "Ein Freund von mir hatte elf Angestellte", sagt er, "jetzt sind sie nur noch zu zweit." Viele kleinere Geschäfte hätten bereits schließen müssen. Logisch: Viel Geld haben die Griechen derzeit nicht, um es auszugeben.
Ursachen der Krise
Sein Bruder Lampis Papadopoulos vom Gasthaus "Laudensack" in Bad Bocklet kennt weitere Gründe für die griechische Finanzkrise. "Die Politiker waren nicht fähig, die Kassen zu füllen", erzählt Lampis. Zum Beispiel sei die Müllabfuhr kostenlos gewesen und eine Grundsteuer habe es sowieso nicht gegeben. Wegen der aktuellen Situation steht auch er häufig in Kontakt mit Angehörigen und Freunden in Griechenland. Er weiß, dass es trotz der angespannten Situation noch ein wenig Geld und genügend Lebensmittel gibt. Das könnte sich in nächster Zeit vielleicht ändern.
Armut ist Definitionssache
Doch auch wenn das Geld knapp ist: "Griechenland ist nicht arm", sagt Lampis und wird patriotisch: "Der Grieche ist reich in Kopf und Herz." Die Menschen müssten nicht auf die Straße gehen und betteln. Schließlich haben die meisten noch Geld. Sie bekommen es aber nicht. 60 Euro kann man in Griechenland derzeit täglich am Geldautomaten abheben. Das war's. Ein Cousin der Brüder Papadopoulos, Landrat in der Gemeinde Katerini, erzählte ihnen, dass ihm sein Gehalt seit mehreren Monaten nicht ausgezahlt wurde. Die öffentliche Hand ist klamm.
Themis Papadopoulos ist sich sicher, dass irgendjemand kräftig an der Krise verdient. "Die 300 Milliarden müssen ja irgendwo sein", sagt er. Er weiß nicht, wie es sein kann, dass so viel Geld nach Griechenland geflossen ist und keiner kontrolliert hat, was damit geschieht. Geschäftliche Beziehungen mit Griechenland haben die Brüder nicht. Eine Verbindung Frankens - oder zumindest Bayerns - zu Griechenland hat Lampis Papadopoulos jedoch nie vergessen: "Der erste König von Griechenland kam aus Bayern und hat das Reinheitsgebot eingeführt." Jetzt hat Griechenland andere Dinge aus Deutschland nötig.