Druckartikel: ... und Auftakt zum 30.!

... und Auftakt zum 30.!


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Montag, 22. Juni 2015

Beim Eröffnungskonzert spielten das Deutsche Symphonieorchester Berlin unter Andrey Boreyko und die Cellistin Sol Gabetta im Großen Saal des Bad Kissinger Regentgenbaus Werke von Dvorák, Saint-Saëns und Tschaikowsky.
Sol Gabetta spielte das Cellokonzert von Camille Saint-Saëns. Foto: Ahnert


Beim 30. Kissinger Sommer scheint nicht alles, aber manches ein bisschen anders zu sein. Schon immer hat das Festival Schwierigkeiten gehabt, in Schwung zu kommen, das skeptische Publikum in Scharen anzulocken. Und plötzlich war der Große Saal voll.
Und dann war das Eröffnungskonzert - was man bisher nur von Grigory Sokolov kannte - ein Konzert mit sechs Zugaben - wobei das Deutsche Symphonieorchester Berlin mit Andrey Boreyko am Pult die ersten vier gleich zu Beginn

spielte. Die Slawischen Tänze von Antonin Dvo r ák sind ein beliebter Fundus, aus dem sich die Dirigenten und Orchester gerne bedienen.

Den Eigenwert herausgestellt

So gesehen war es durchaus verdienstvoll, dass diese ursprünglich für vierhändiges Klavier komponierten und dann orchestrierten Sätze in ihrem Eigenwert ernst genommen wurden und einen heiteren, in sich geschlossenen und schmissig musizierten Einstig in das Konzert bildeten. Aber es wurde auch deutlich, dass diese 16 Tänze nicht für eine zyklische Aufführung im Konzert, sondern für den vereinzelnden Hausgebrauch komponiert waren. Denn gerade weil Boreyko so stark auf die unterhaltsamen Strukturen zielte, wurde deutlich, wie sehr sich die Sätze gleichen. Mehr als vier hätten es tatsächlich nicht sein dürfen.
Auch das Cellokonzert Nr. 1 a-moll von Camille Saint-Saens war keine Musik, die schwer im Magen liegt, sie wurde ihrem Ruf der kunstvollen Gebrauchsmusik in hohem Maße gerecht. Sol Gabetta spielte ihren Solopart mit unaufdringlicher Virtuosität, mit sehr viel Gespür für differenzierte Klangfarben in ihrem Zusammenklang mit dem Orchester und mit weiten Phrasierungen. Sie zielte nicht auf den großen, gestikulierenden Ton, was mit ihrem Cello, das wunderbar timbriert, aber nicht allzu laut ist, auch nicht gut machbar wäre. Sondern sie zog die Interpretation auf die kammermusikalische Ebene. Das Orchester ließ sich sehr gut darauf ein, ging nur dann wirklich aus sich heraus, wenn das Cello schwieg.
Und Boreyko hielt die Musik so transparent, dass die thematischen Zusammenhänge der drei ineinander übergehenden Sätze sehr gut hörbar wurden. Erstaunlich war nur, dass er den ganzen ersten Satz brauchte, um die Tempovorstellungen der Solistin - Sol Gabetta hätte offensichtlich gerne noch zügiger gespielt - und des Orchesters zur Deckung brachte. Was bei der Musik freilich nicht allzu schlimm ist, weil sie nicht konfrontativ ist.
Als Zugabe spielte Sol Gabetta mit drei Cellisten in ihrem Rücken "El cant dels ocells" ("Der Gesang der Vögel"), die hauchzarte Bearbeitung eines katalanischen Volksliedes ihres Kollegen Pablo Casals.

Zugedeckter Triumph

Das Glanzlicht des Abends war - nicht unerwartet - Tschaikowskys 5. Sinfonie. Sie war mit enormem Engagement des Orchesters musiziert. Und Andrey Boreyko gelang es wirklich sehr gut, wirklich jede Stimme in diesem großen Werk hörbar zu machen, die Funktion des immer wiederkehrenden Schicksalsmotivs zu verdeutlichen. Aber was ein bisschen schade war: Sein Dirigat war verhältnismäßig plakativ. Das Tutti wurde immer sehr schnell sehr laut. Dem Walzer des dritten Satzes hätte man durchaus etwas mehr Geheimnis gewünscht. Und der Finalsatz war durchgehend so schmetternd, dass der triumphalen Rückkehr des berühmten Motivs viel von ihrer Wirkung genommen wurde.
So waren es vor allem solistische Einzelleistungen, die die Sache wirklich spannend machten: allen voran das berühmte Hornsolo des langsamen Satzes, das Barnabas Kubina, der Solohornist des Orchesters, zu seinem ganz persönlichen Lied machte. So hört man das wirklich selten.
Und dann gab's noch die sechste Zugabe: die Farandole aus Georges Bizets Arlésienne-Suite Nr. 2.