Umworbener Nachwuchs
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Freitag, 10. Juli 2015
Gute Chancen haben Auszubildende in der Gastronomie. Denn sie werden immer rarer.
von unserem Mitarbeiter
Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen — Waren es im letzten Jahr noch 223 Auszubildende im IHK-Bezirk Würzburg-Schweinfurt, die sich als angehende Köche oder Hotelfachleute ihrer Abschlussprüfung stellen mussten, sind es heuer nur noch 197 Junggastronomen aus den Prüfbezirken Bad Kissingen, Kitzingen, und Würzburg. Seit Jahren wollen immer weniger Schulabgänger einen gastronomischen Beruf ergreifen.
Der Trend hält an, was sich auch in halbierter Klassenzahl und verringerter Klassenstärke an der Staatlichen Berufsschule zeigt.
Von den insgesamt 197 Gastronomie-Azubis, aufgeteilt in Gastronomie-Fachkräfte, Hotelfachleute, Restaurantfachleute und Köche, mussten sich acht Köche und acht Hotelfachleute bei Zubereitung und Servieren der Prüfungsessen im Restaurant der Kissinger Berufsschule in der praktischen Prüfung bewähren. Während sich die Prüfer in der Küche und beim Servieren Notizen machten, ließen sich die geladenen Ehrengäste, fast alle selbst aus der Gastronomie, das ihnen Servierte mit kritischem Blick und kritischem Gaumen schmecken.
Ein dreigängiges Menü mussten die Köche aus einem vorgegebenem Warenkorb sowie einigen frei wählbaren Zutaten zaubern. War schon die Gemüsebrühe mit Riesengarnelen ein schmackhafter Auftakt, steigerten sich die Prüflinge bei Hauskaninchen mit Gemüse. Den leckeren Abschluss bildete Cantaloupe-Melone mit Eis und Aprikosen. Je nach Kreativität des Prüflings wurden in Geschmack und Zutaten den Gästen durchaus unterschiedliche Menüs aufgetragen.
Die Stimmung beim Essen war bestens, doch die Stimmung in der Branche ist umso schlechter. "Der Negativtrend hält weiter an", berichtete Berufsschulleiter Rudolf Hoffmann, der heuer sein letztes Prüfungsessen genießen durfte. Ab September wird er als Geschäftsführer an die Caritas-Schulen GmbH nach Würzburg wechseln. "In der Gastronomie haben wir immer weniger Auszubildende." Dieser Feststellung konnten Hoffmanns Tischnachbarn Marc Boreatti, Referent für das Prüfungswesen an der IHK, und Michael Schwägerl, Dehoga-Bezirksgeschäftsführer Unterfranken, nur zustimmen.
Werbung in Schulen
Seit einigen Jahren schickt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband ausgesuchte Gastronomen als Berufsbildungsbeauftragte in die Schulen, um die beruflichen Möglichkeiten der Gastronomie den Schulabgängern schmackhaft zu machen. Sogar eine einwöchige "Schnupperlehre" in Hotels und Restaurants wird angeboten, um für ein paar Tage einen praxisbezogenen Einblick in die Berufswelt zu bekommen.
"Es wird weiterhin schwierig bleiben", ist Schwägerl trotz solcher Bemühungen überzeugt. Unregelmäßige Arbeitszeiten und im Vergleich zu anderen Branchen niedrigere Entlohnung mögen die Gründe sein. Auch die Industrie- und Handelskammer versucht den von Jahr zu Jahr schwindenden Azubi-Zahlen entgegenzuwirken. Auch deren Ausbildungsberater gehen in die Schulen, versicherte IHK-Referent Boreatti, oder beraten Schulabgänger in den Dienststellen bei der Suche nach einem passenden Beruf.
Abwechslungsreiche Arbeit
Passgenau scheint der Beruf der Hotelfachfrau für Merita Demalijaj (18), Auszubildende im Park-Hotel Schweinfurt, und Madeleine Kirchner (20), Azubi im Rehazentrum Bad Bocklet, zu sein. Meritas Mutter arbeitet in der Gastronomie, "aber ich habe mich selbst für diesen Beruf entschieden", versichert die 18-Jährige. Sie liebt die abwechslungsreiche Arbeit und den Kontakt mit unterschiedlichen Gästen. Eine spätere Weiterqualifizierung schließt sie nicht aus. In jedem Fall will sie in der Gastronomie bleiben.
Festanstellung in Aussicht
Ihr gefällt der Umgang mit Menschen und die berufliche Herausforderung. Ihre Begeisterung scheint aufgefallen zu sein: Madeleine wird nach bestandener Prüfung zur Hotelfachfrau von ihrem Ausbildungsbetrieb, dem Bad Bockleter Rehazentrum, in Festanstellung übernommen.