Ukrainische Ärztin Larisa Kisliak aus Bad Kissingen: nach Frontreise entschlossener denn je
Autor: Steffen Standke
Bad Kissingen, Montag, 17. Oktober 2022
Die ukrainische Ärztin Larisa Kisliak ist zurück von ihrer Reise an die ukrainisch-russische Front und zu ihrem Bruder. Die 36-jährige hat sich verändert, wirkt nachdenklicher, aber auch entschlossener, kämpferischer. Woran das liegt und was sie erlebt hat.
Dieser Moment inmitten abgeblühter Sonnenblumen- und abgeernteter Getreidefelder - er wirkte so idyllisch, friedlich auf Larisa Kisliak. "Das Land war flach, ohne Ende. Die Luft roch noch grün", beschreibt die Ukrainerin, die als Ärztin in Hammelburg und Bad Kissingen arbeitet, ihre Spätsommer-Impression.
Sie blieb der 35-Jährigen im Gedächtnis kleben, auch, weil sie wenig später in der Stadt Pawlograd ganz gegensätzliche Bilder sah: Häuser mit Fenster, die mit Holzbrettern verbarrikadiert waren, mit Sandsäcken geschützte Hauseingänge. Die Bewohner bereiteten sich davor auf Campingkochern ihr Essen, wohlwissend, dass sie so ein noch leichteres Ziel für Raketen darstellen. Doch Strom gibt es in den Orten an und hinter der Front schon lange keinen mehr. Es wäre auch sehr gefährlich, Licht zu machen. Eine von der Zivilisation abgehängte, gefährliche Welt.
Erster Besuch in der Ostukraine
Larisa Kisliak hatte de umkämpfte Luhansk- und Donezk-Region in der Ostukraine nie zuvor besucht, auch nicht vor dem russischen Überfall auf ihr Heimatland am 24. Februar.
Jetzt nutzte die 36-Jährige die Gelegenheit, erst mit dem Verein "Bad Brückenau hilft!" und dann mit einem anderen Hilfstransport, diesem Ziel näher zu kommen. Ihren an der Front stehenden Bruder Maxim wollte Kisliak besuchen sowie Essen, Medikamente und wärmende Kleidung an Krankenhäuser und andere Stellen ausliefern, die sie dringend benötigen.
Mit drei Mitgliedern von "Bad Brückenau hilft!" war sie am 28. September in zwei Transportern aufgebrochen. Zunächst ging die Reise an die polnisch-ukrainische Grenze, wo zwei deutsche Helfer zurückblieben. Larisa und Sebastian Kippes fuhren weiter nach Lwiw (Lemberg) in der Westukraine. Dort erwischte die Ärztin am Donnerstagmorgen einen Hilfskonvoi, der sie weiter ins Landesinnere brachte. Zunächst ging es weiter in die Großstadt Dnipropetrowsk, wo die Helfer, gut versteckt, die Nacht zu Freitag verbrachten.
Verstecke vor dem russischen Beschuss
Dieses Verbergen - es war bitter nötig. Denn in der acht beschossen die Russen das andere Ende der Stadt am Fluss Dnepr. Wie Larisa Kisliak erfuhr, waren Busse das Ziel, die die Menschen zur Arbeit oder in die Schule bringen. Offensichtlich waren die Attacken wütende Reaktionen auf die erfolgreiche Offensive der ukrainischen Armee an der südlichen und östlichen Front.
Dieser strebte auch Kisliak am nächsten Tag entgegen. Und erlebte im weiter östlich gelegenen Pawlograd die oben beschriebenen Eindrücke vom Krieg. Sie sollten noch eindringlicher werden.