Druckartikel: Tonnen an Gift im Boden

Tonnen an Gift im Boden


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Donnerstag, 13. Oktober 2016

Bis 1979 wurden nördlich von Münnerstadt Kadaver beseitigt. Rückstände davon verseuchen bis heute die Umgebung.
Christian Metz vom Zweckverband Tierkörperbeseitigung zeigt einen der Sanierungsbrunnen. Foto: Jule Albert


Zwei Städte und sieben Landkreise betrieben bis ins Jahr 1979 die Tierkörperbeseitigungsanlage (TBA) nördlich von Münnerstadt. Das ist lange her, die Folgen spüren die Mitglieder des Zweckverbandes Tierkörperverwertung Unterfranken (TKVU) jedoch bis heute: So genannte leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe stecken in Boden und Grundwasser rings um die Anlage.

Seit dem Jahr 2005 läuft die Altlastensanierung, die jährlich rund 300 Kilogramm Tetrachlorethen (PER) aus rund 150.000 Kubikmeter Wasser filtert. Ein Ende dieser Entgiftungskur scheint nicht in Sicht.


Infos für neue Verbandsräte

Nach jeder Kommunalwahl entsenden die Kreise und Städte jeweils drei neue Delegierte zum TKVU. Dr. Harald Schwabe vom Ingenieurbüro HPC stellte den 27 neuen Verbandsräten in der jüngsten Sitzung zum ersten Mal die Technik vor: Aus einem Sanierungsbrunnen auf dem Gelände der ehemaligen TBA und weiteren vier Brunnen entlang der Lauer werden bis zu 20 Kubikmeter Grundwasser in der Stunde gepumpt. In zwei Containern läuft dann die Reinigung: "Das Wasser wird belüftet, die Schadstoffe gehen in die Luft über und werden über Aktiv-Kohle-Filter gebunden", erläuterte Schwabe das Verfahren.

Auf Nachfrage sagte Schwabe, dass fast ausschließlich die Ausgangssubstanzen gefunden würden, die in den 1970er Jahren zur chemischen Entfettung eingesetzt wurden. "Es gibt also noch keinen mikrobiologischen Abbau", zerstreute er die Hoffnungen, dass die Substanzen im Boden von alleine verschwinden. Auch bei der Menge gebe es zwar leichte Schwankungen, aber: "Die Konzentration geht nicht zurück, deshalb ist auch eine sichere Prognose zur Laufzeit der Anlage zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich", antwortete Schwabe auf die Fragen der Verbandsräte.

"Von einem Ende der Sanierung sind wir noch mindestens zehn Jahre entfernt", sagte auch Landrat und Zweckverbandsvorsitzender Thomas Bold. Die Konzentration im Grundwasser liege noch weit über den Grenzwerten. Deshalb habe das Landratsamt auch versucht, die laufenden Kosten durch seltenere Probenentnahmen und Gutachten zu senken. Trotzdem sind auch heuer 108.000 Euro für den Betrieb angesetzt.


Damals falsch gelagert

"Die hydraulische Lösung ist die effektivste", bewertete Werner Nöth von der Abteilung Wasserrecht im Landratsamt die Sanierung. Vor Jahren war auch ein Abgraben des Bodens geprüft worden, allerdings seien die Schadstoffe über die Jahre längst bis in tiefe Grundwasser-Schichten gesickert. Nöth berichtet den Verbandsräten auch, dass solche Kohlenwasserstoffe heute nur noch in geschlossenen Anlagen verwendet werden dürfen. In der TBA seien sie aus offenen Behältern ausgegast oder einfach durch den Boden von Betonbecken entwichen: "Das hat man damals einfach nicht besser gewusst", sagte Nöth.

Dass die Altlasten-Sanierung trotz des großen Aufwands vermutlich noch über Jahrzehnte notwendig ist, zogen auch die Verbandsräte nicht in Zweifel: "Diese künstlich hergestellten Kohlenstoff-Verbindungen sind bereits in niedrigen Konzentrationen krebserregend", verdeutlichte Schwabe die Gefahr.