Tiere sind kein Weihnachtsgeschenk
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Sonntag, 17. Dezember 2017
Bei Nichtgefallen Umtausch - das ist beim Haustierkauf ausgeschlossen. Deshalb sind Tiere keine Geschenke, sagt Ursula Boehm vom Kreistierheim Wannigsmühle.
Alle Jahre wieder werden tausende Tiere nach dem Weihnachtsfest in den ohnehin schon überfüllten Tierheimen abgegeben, zürnen deutsche Tierschutzorganisationen. Im schlimmsten Fall werden Tiere sogar schutzlos ausgesetzt. "Tiere sind keine Weihnachtsgeschenke", warnen auch Ursula Boehm, die Leiterin des Kreistierheims Wannigsmühle, und der für den Tierschutz im staatlichen Veterinäramt verantwortliche Veterinäroberrat Richard Roider.
"Tiere sind fühlende und leidende Lebewesen", erklärt Ursula Boehm den Unterschied zu Pullover oder Spielzeug, die man bei Nichtgefallen umtauschen oder in den Schrank packen kann. "Ordnungsgemäße Tierhaltung verlangt intensive Vorplanung mit Berücksichtigung aller Konsequenzen und ein starkes Verantwortungsgefühl." Nicht zu unterschätzen sei der hohe Zeitaufwand, denn ein Tier verlangt Zuwendung. "Mit dem Hund muss man bei Regen und Schnee raus." Ein Haustier braucht nicht nur Streicheleinheiten, sondern regelmäßige Pflege, Futter und tierärztliche Versorgung, warnt auch Veterinäroberrat Roider vor unüberlegtem Kauf. Dazu kommen beim Hund noch Haftpflichtversicherung und Steuer. Boehm: "Das geht richtig ins Geld - vor allem, wenn das Tier krank wird."
Die Anschaffung eines tierischen Mitbewohners sollte richtig überlegt und langfristig geplant sein: Lässt der Mietvertrag überhaupt Tierhaltung zu? Sind alle Familienmitglieder mit dem Tierkauf einverstanden? Ist der für die Betreuung benötigte Zeitaufwand gewährleistet? "Wer kümmert sich um das Tier, wenn der Pfleger erkrankt ist oder sich aus anderen Gründen nicht um sein Tier kümmern kann?", gibt Roider zu bedenken. Ist im Haus überhaupt eine artgerechte Haltung möglich? Erlaubt die eigene Lebenssituation langfristig die Betreuung eines Haustieres? Diese Fragen ausreichend zu klären, ist beim Spontankauf zu Weihnachten unmöglich.
Mitleidskäufe im Tierheim oder der Wunsch eines Kindes nach einem tierischen Freund mögen gerade vor Weihnachten Auslöser für den Tierkauf sein. Doch sind genau dies die falschen Beweggründe. Boehm: "Bei Kindern ist das Smartphone doch schnell wieder wichtiger." Und die weihnachtliche Freude am neuen Mitbewohner schwindet, wenn Alltag, Beruf und Schule wieder ihre Zeit fordern. Um Mitleidskäufe zum Fest grundsätzlich auszuschließen, wird in der Wannigsmühle deshalb zwischen dem 18. Dezember und Jahresbeginn kein Tier vermittelt. Generell sind die Festtage der falsche Zeitpunkt für einen Tierkauf. Tiere brauchen zum Eingewöhnen viel Ruhe und Zuwendung. "Zu Weihnachten herrscht Trubel, es kommt viel Besuch oder die Familie geht auswärts essen." Tage später kommt dann noch die Silvesterknallerei.
"Ein Tier als Geschenkidee zu Weihnachten, ohne dass man sich vorher mit der Tierhaltung intensiv beschäftigt hat, ist grundsätzlich abzulehnen", steht für Veterinär Roider fraglos fest. Tierheimleiterin Boehm bietet eine Alternative: Stattdessen kann man zur Probe im Tierheim Wannigsmühle die Patenschaft für ein Tier übernehmen. Dort darf man dann nicht nur mit Hunden Gassi gehen, sondern auch dessen Zwinger säubern oder Ställe ausmisten. Boehm: "Spätestens dann trennt sich bei den meisten vermeintlichen Tierfreunden die Spreu vom Weizen."
An den Weihnachtstagen sind die herrenlosen 220 Katzen, 40 Hunde und 30 Kleintiere im Tierheim Wannigsmühle besser aufgehoben: Ihre tägliche Betreuung durch jeweils fünf Pfleger ist gesichert. Am 23. Dezember gibt es sogar die traditionelle Tierbescherung mit besonderen Leckereien, wobei nicht nur auf Krankheiten, sondern auch auf individuelle Allergien geachtet wird. Ansonsten unterscheiden sich dort die Festtage nicht von allen anderen: "Saubermachen, füttern, Medikamente verteilen."