Theater Schloss Maßbach: Warum man sich kaputtlachen kann und sich dennoch ertappt fühlt
Autor: Thomas Ahnert
Maßbach, Dienstag, 25. Januar 2022
"Die fetten Jahre sind vorbei" war der Titel eines international erfolgreichen Films, den Hans Weingartner 2004 herausbrachte. Die Bühnenfassung von Gunnar Dressler brachte Julika Kren mit Team jetzt im "Intimen Theater in der Lauertalhalle" auf die Bühne.
Der Satz "Die fetten Jahre sind vorbei" ist, für sich genommen, zunächst einmal eine Aussage, die man ignorieren oder zur Kenntnis nehmen kann, die man bestätigen oder bedauern kann, um dessen Brisanz man bequem einen Bogen machen kann, weil er so viel von einer beliebigen Binsenweisheit hat. Aber es gibt Situationen, in denen dieser Satz als elementare Bedrohung empfunden werden kann.
Wenn etwa ein reicher Unternehmer abends in seine Villa kommt und feststellen muss, dass Einbrecher da waren. Er wird irritiert feststellen, dass nichts fehlt. Aber dass Unbekannte in seinen privatesten, geschütztesten Bereich eingedrungen waren, merkt er daran, dass ein paar Möbel umgestellt sind. Und er findet einen Zettel: "Die fetten Jahre sind vorbei". In so einer Situation ist das perfidester Psychoterror. Denn der Mann müsste unbedingt wissen, wie der nächste Satz heißt, um irgendwie reagieren zu können. Egal, was passiert: Das Warten ist auch nicht besser.
"Die fetten Jahre sind vorbei" war zunächst der Titel eines Films, den Hans Weingartner 2004 mit prominenter Besetzung - Daniel Brühl (Jan), Stipe Erceg (Peter), Julia Jentsch (Jule), Burghardt Klaußner (Hardenberg) - herausbrachte, und der bis nach Cannes durchgereicht wurde. Der große Erfolg nicht nur in Deutschland veranlasste Gunnar Dressler kurz darauf, aus dem Drehbuch eine Bühnenfassung zu erarbeiteten. Und die brachte Julika Kren - sie war von 2016 bis 2019 Theaterpädagogin in Maßbach - mit ihrem Team in überarbeiteter Fassung im "Intimen Theater in der Lauertalhalle" auf die Bühne.
Das Stück ist sozusagen eine 68-er Spätlese. Es spielt im Berlin der unruhigen Berliner Jahre, als die Linke glaubte, außerhalb der Parlamente Opposition machen zu können. Und durchaus chaotisch ist die Handlung des Stückes, wenn auch nur für die Beteiligten. Der Zuschauer behält den Durchblick der Distanz.
Und er beobachtet zwei junge Leute, Jan (Yannik Rey) und Peter (Benjamin Jorns), die mit allen Begleiterscheinungen in einer Wohngemeinschaft leben. Auch sie wollen politisch mitmischen, aber möglichst gewaltfrei, und beginnen, in die Wohnungen der Reichen einzubrechen und Zettel zu hinterlassen - neben dem ober erwähnten auch "Sie haben zu viel Geld! Die Erziehungsberechtigten".
Zu ihnen gesellt sich Jule (Anna Schindlbeck), eine Studentin, die gerade ihre Wohnung und ihren Nebenerwerbsjob verloren hat, die aber nach einem Autounfall 100 000 Euro Schulden bei dem Unternehmer Hardenberg (Marc Marchand) hat.
Was für uns heute erwartbar ist: die WG zerbricht, weil Jule zuerst Peter, dann Jan liebt und weil das politische Projekt brutal abgewürgt wird. Denn als Jule erfährt, dass Jan problemlos in Häuser einbrechen kann, überredet sie die beiden, auch bei Hardenberg einen Zettel zu platzieren, um ihn unter Druck zu setzen. Aber dummerweise hat Jule ihr Handy am Tatort vergessen, und sie kommen am nächsten Abend zurück - wie auch Hannemann. Da sie ihn nicht töten wollen - eine Pistole hätten sie - entführen sie ihn auf die Berghütte einer Tante.