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Tauziehen um neue Stromtrassen


Autor: Günter Flegel

München, Montag, 02. Februar 2015

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat am Montag den Energie-Dialog beendet. Eine klare Aussage zum Bau neuer Stromleitungen gibt es wie erwartet nicht. Aber zwischen den Zeilen deutet sich an, dass der "Südlink" durch Unterfranken wohl kommt.
Eine Trasse, zwei Trassen, gar keine Trassen? Noch steht Bayern auf der Leitung, aber die Signale aus München nach Berlin sind klar: Gebaut wird wohl (nur) die Südlink-Verbindung durch Unterfranken. Foto: G. Flegel


Gibst mir ein, zwei Gaskraftwerke, dann bekommst du von mir eine neue Trasse: Auf eine Art "Kuhhandel" läuft der bayerische Weg bei der Energiewende hinaus, den Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Montag skizziert hat.

Das Paket, dass die Ministerin nach dem Abschluss des Energie-Dialogs schnürt, enthält keine fertigen Lösungen, sondern Verhandlungsmasse für die Koalition in Berlin. "Dort müssen Entscheidungen getroffen werden", sagte Aigner, womit sie einen politischen Offenbarungseid ablegt: Die Koalitionsgespräche führen die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU). Die Energiepolitik ist jetzt Chefsache, die Ministerin hat mit dem zeit- und nervenaufreibenden Energie-Dialog ihre Schuldigkeit getan.

Erst Gas, dann Trasse

Immerhin: Frau Aigner lässt Seehofer in Berlin klipp und klar sagen, was Bayern will. Und das ist eine spektakuläre Verschiebung der Prioritäten: Bislang galt der Bau von zwei leistungsfähigen Stromtrassen aus dem Norden in den Süden als Gesetz; Gaskraftwerke als mögliche Reserve für Versorgungsengpässe waren nur eine vage Option.

Jetzt pocht Bayern darauf, dass der Gesetzgeber in Berlin Gaskraftwerke mit Milliarden fördert, da sie als "Lückenbüßer" nicht wirtschaftlich zu betreiben sind. Ihre Stromproduktion soll den fehlenden Atomstrom zum guten Teil ersetzen. Im Gegenzug signalisiert Aigner die Zustimmung des Freistaats zum Bau einer neuen Höchstspannungsleitung. "Zwei Trassen aber brauchen wir definitiv nicht" sagte die Ministerin.

Unterfranken "gelinkt"

Diese Botschaft dürfte in Unterfranken für Aufruhr sorgen, denn diese Trasse kann nur die Südlink-Leitung von Hamburg nach Grafenrheinfeld sein. Gegen die protestieren die betroffenen Bürger ebenso heftig wie gegen die Trasse Süd-Ost durch Ober- und Mittelfranken, die im bayerischen Energiekonzept offenbar keine Rolle mehr spielt.

Dieser bayerische Weg bei der Energiewende ist kein Alleingang, sondern auf höchster Ebene abgestimmt. Der Bund bereitet nach Informationen dieser Zeitung eine Gesetzesänderung vor, die eine Erdverkabelung von Leitungen wie Südlink erleichtern soll. Auf der Liste der Gebiete, die in den Genuss dieser Technik ohne Masten kommen, steht die Region Salzgitter-Wolfenbüttel-Vorharz; das ist "zufällig" der Wahlkreis von SPD-Chef Sigmar Gabriel ...