Tassen und Hortensien
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Wollbach bei Bad Kissingen, Mittwoch, 04. Mai 2016
Am Pfingstmontag feiern die Jahrgänge 1936 und 1946 in der Burkardrother Pfarrkirche ihre Diamantene beziehungsweise Gnaden-Kommunion.
Für die einen ist es nur eine Sammeltasse, mehr nicht. Für Georg Rottenberger hingegen ist es ein ganz besonderes Stück. Aber nicht wegen des Goldrandes oder der filigranen Beschaffenheit. Nein, sie hat für ihn einen ideellen Wert. "Ich habe die Sammeltasse zu meiner Kommunion 1956 geschenkt bekommen", erzählt der Wollbacher.
Das war damals so üblich. Da gab es keine Geldgeschenke von Nachbarn und Bekannten, so wie heute.
Und natürlich blieb es nicht bei dem einen Stück. Etwa ein Dutzend Tassen stehen bei ihm zu Hause, ein Teil davon gehört seiner Schwester. "Aber auch Hortensien wurden damals an die Kommunionkinder verschenkt, manche Mädchen bekamen sogar Unterwäsche", fügt der 68-Jährige hinzu.
Zwei Jubiläen
Es ist kein Zufall, dass sich Georg Rottenberger ausgerechnet jetzt so gut an seine Kommunion und die damit
verbundenen Geschenke erinnern kann. Schließlich jährt sich das Fest heuer zum 60. Mal und wird am Pfingstmontag mit einem Gottesdienst in der Burkardrother Pfarrkirche gebührend gefeiert. "39 Kommunionkinder waren wir damals. Neun sind inzwischen verstorben", erzählt er. Doch die Diamantene Kommunion ist nicht das einzige Jubiläum, das am Pfingstmontag in Burkardroth begangen wird.
"Wir, der Jahrgang 1936/37, feiern an dem Tag unsere Gnaden-Kommunion", fügt Siegmund May hinzu.
Leider keine Fotos
Der Wollbacher und 65 ehemalige Klassenkameraden haben vor 70 Jahren ihre Erstkommunion empfangen, heute leben davon noch 42. Fotos von dem Fest existieren leider nicht. "Damals, so kurz nach dem Krieg, hat ja kaum einer einen Fotoapparat besessen", sagt er. Zudem sei es nicht üblich gewesen, Gruppenbilder zu machen.
Schließlich hätten die Menschen 1946 noch ganz andere Sorgen gehabt, mussten Verluste verkraften und das Kriegsgeschehen verarbeiten. "Wir haben bescheiden gefeiert", erinnert sich Siegmund May. Auch er hat die eine oder andere Sammeltasse geschenkt bekommen - und eine Schachtel Pralinen. "Das war eine Spezialität."Die Buben seines Jahrganges trugen noch kurze Hosen zu dem Fest, erzählt der 78-Jährige, als er einen Blick auf die Fotos von 1956 wirft. "Und wenn es kalt war, wurden eben lange Strümpfe angezogen." Die Aufnahmen hat Georg Rottenberger von ehemaligen Klassenkameraden besorgt, da er selbst keine besitzt. "Ich habe zur Kommunion einen Bleyle-Anzug bekommen. Der wurde bei Munack in Bad Kissingen gekauft, hatte eine lange und eine kurze Hose", weiß er noch.
Ein Kostüm für die Mutter
Die Kleider der Mädchen seien damals bei den Schneiderinnen im
Dorf, bei Erna Söder oder Theresia Kessler, der Ungarn-Resi, angefertigt worden. "Natürlich bekam die Mutter auch ein neues Kostüm, wenn das Geld dafür reichte, und sie ging zum Friseur", erzählt Rottenberger.Schon damals zogen die Kommunionkinder der Pfarrei in einer Parade vom Treffpunkt am Pfarrheim hinüber zur Kirche, beschreibt er das Geschehen auf dem Foto. Ansonsten hätten die Feste heute und damals nur wenige Gemeinsamkeiten. "Vieles hat sich verändert. Und es ist gut so", sagt Siegmund May.
Messe in Latein
Der Gottesdienst beispielsweise wurde wie alle anderen Messen damals in Latein gehalten. "Da haste zwar nichts verstanden, aber trotzdem gewusst, was gemeint war." Der Kommunionunterricht fand noch beim Pfarrer statt und behandelte zahlreiche Gebete, Gebote und Gesetze, die auswendig gelernt werden mussten.
Beide, Rottenberger und May, bestätigen, dass der damalige Pfarrer Johannes Hain sehr streng gewesen sei und bei Missgeschicken oder Ungehorsam auch schon mal Backpfeifen verteilt hat. Zudem gab es in der Pfarrkirche eine strikte Sitzordnung. "Die Mädchen beispielsweise saßen in den vorderen Bänken unter der Kanzel, die Buben rechts", so Georg Rottenberger. Letztere durften erst mit 17, 18 Jahren zu den Männern auf die Empore, sobald sie einen Beruf erlernt hatten.
"Rechts saßen die Zahlbacher, links die Wollbacher und ganz oben die Burkardröther", fügt Siegmund May hinzu.
Familientag
Zum Kommunion-Mittagessen traf sich die Familie meistens zu Hause. Falls das Geschirr nicht reichte, brachte die Verwandtschaft Teller und Besteck mit. Zusätzliche Tische und Stühle lieh man sich bei den Nachbarn aus. Gekocht hat die Hausfrau selbst.
Georg Rottenberger kann sich noch daran erinnern, dass an seiner Kommunion die Tanten mit seiner Mutter in der Küche standen und das Essen zubereitet haben. "Leberklößchensuppe, Braten und selbstgemachte Nudeln", fügt er hinzu. "Bei uns hat es nachher Pudding gegeben", weiß Siegmund May.Zum Kaffee wurden dann selbstgebackene Kuchen gereicht. "Kaskuche, Grümbeleskuche, Gesundheitskuche und auch Cremetorten. Die wurden mit Marmelade sowie heller und dunkler Buttercreme gemacht", erzählt Georg Rottenberger. Und wer dem Kommunionkind eine Sammeltasse, eine Schachtel Pralinen oder eine Hortensie geschenkt hatte, bekam schließlich ein Kuchenpaket vorbeigebracht, den Stoubber.
Feier Am Pfingstmontag, 16. Mai, findet um 10 Uhr der Festgottesdienst für die beiden Kommunionjubiläen in der Pfarrkirche Burkardroth statt. Gestaltet wird er von denen, die Diamantene Kommunion feiern. Der Jahrgang 1936 trifft sich anschließend zu einem Frühschoppen in der Holzmühle. Der Jahrgang 1946 kehrt zum gemeinsamen Mittagessen in der Gastwirtschaft "Zum Löwen" in Frauenroth ein.