Südlink kommt, aber wo?
Autor: Ralf Ruppert
Bad Kissingen, Donnerstag, 02. Juli 2015
Auf den Koalitionsgipfel folgte die Deutung der Ergebnisse: Sicher ist nur, dass die beiden Gleichstromtrassen nach Bayern kommen. Trotzdem sind viele Gegner im Landkreis zufrieden.
Widersprüchlicher hätten die Aussagen gestern gar nicht sein können: "Zwei minus x ist zwei", kommentierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post das Ergebnis des Koalitionsgipfels. "Es wird keine Monstertrassen in Bayern geben. Aus meiner Formel zwei minus x, die ich nach dem Energiedialog vorgegeben habe, wird damit x gleich zwei", sagte die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Wer hat nun Recht? Beide und keiner.
Kompromiss aus Motten
Die Beschlüsse lassen viel Interpretationsspielraum: Klar ist, dass Windstrom von der Nordsee in den Süden transportiert werden muss. Das soll mit einer Hauptleitung geschehen, die zwar nicht mehr komplett über Grafenrheinfeld führt, aber dort einen von zwei Endpunkten haben soll. Zudem wurde ein Vorrang der Erdverkabelung und die vorwiegende Nutzung bestehender Strommasten angekündigt. Die Suche nach den Trassen dürfte somit bei Null starten (siehe Seite 25 und 27).
Bei der höheren Strom-Mathematik schlägt Jochen Vogel, der Vorsitzende von Rhönlink, dem Zusammenschluss der Trassengegner, einen Kompromiss vor: "Ich würde sagen, dass zwei minus x gleich 0,5 ist, weil man bemüht ist, dass viel auf vorhandene Trassen und unter die Erde kommt." Auch der Satz, dass sensible Bereiche außen vor bleiben sollen, deutet der Mottener Bürgermeister so, dass die Rhön und der Landkreis verschont bleiben. "Das ist nicht der ganz große Wurf, aber ich bin zufrieden, weil unsere Argumente gehört wurden", zieht Vogel als Fazit.
"Nicht durch Unterfranken"
Deutlich euphorischer ist die CSU-Wahlkreisabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär: "Der Südlink wird nicht durch Unterfranken verlaufen", legt sie sich fest. Die Rhön sei somit ausgenommen, meint Bär, und Grafenrheinfeld werde sogar entlastet. Diese Aussage sei nicht bezogen auf die aktuelle Bedeutung des Netzknotens Grafenrheinfeld, stellt der Bad Kissinger Landrat Thomas Bold (CSU) klar: "Die bisherige Planung sah drei Leitungen nach Grafenrheinfeld vor, jetzt ist es nur noch eine", rechnet er vor, und: "Diese Planung wäre ohne Widerstand so durchgegangen, deshalb sprechen wir von Entlastung."
Insgesamt ist auch Bold optimistisch: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir es gemeinsam mit den Bürgern, den Bürgerinitiativen und dem Verein RhönLink schaffen werden, die Rhön von Stromleitungen frei zu halten." Dass die Planung der Netzbetreiber jetzt von vorne los gehe, sieht der Bad Kissinger Landrat durchaus als Chance: "Das muss besser laufen", sagt er und spricht von einer "dilettantischen" Planung im ersten Anlauf und dem "Versuch, die Bevölkerung der verschiedenen Regionen gegeneinander auszuspielen".
"Wir konnten Impulse setzen", sieht auch der CSU-Landtagsabgeordnete Sandro Kirchner den Kompromiss als Erfolg. Dass der Bedarf insgesamt in Frage gestellt wurde, habe nun immerhin zur Folge, dass die Trasse Mecklar-Grafenrheinfeld wegfalle. Auch Kirchner hofft, dass der Landkreis keine neue Trasse bekommt: "Es gibt viele Möglichkeiten nach Grafenrheinfeld zu kommen." Umso wachsamer müsse die weitere Planung verfolgt werden. "Es sollte nicht auf der Landkarte, sondern vor Ort geplant werden, und es muss besser informiert werden", fordert Kirchner, sieht als Mitglied das Wirtschaftsausschusses im Landtag aber auch die Notwendigkeit der Trasse - "aber so bürgerverträglich wie möglich".
"Ehrlichen Umgang" gefordert
"Die Politik hat den Bedarf für Südlink festgestellt, das ist natürlich die schlechte Nachricht", sagt Markus Stockmann von der Bürgerinitiative "Der Gegenstrom Elfershausen". "Jetzt müssen wir auf allen Ebenen dafür sorgen, dass wir den Trassenverlauf durch die Region verhindern", gibt er als Devise aus. Auch er erhofft sich für die neue Trassensuche, "dass man ehrlich miteinander umgeht".
Ein großes Plus für den Landkreis ist, dass es hier aktuell keine Höchstspannungsleitungen gibt: Die großen Trassen machen einen Bogen von Fulda kommend in Richtung Frankfurt. Die nähesten Riesenmasten stehen auf der Linie Arnstein-Grafenrheinfeld. Laut Energieexperten könnten aber auch Mittelspannungsleitungen für die neue Trasse herangezogen werden. Auch hier ist also weiterhin Wachsamkeit angesagt.