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Käfer-Suchaktion in der Rhön: Wer hat ihn gesehen?


Autor: Carmen Schmitt

Bad Bocklet, Freitag, 21. Juli 2017

Bei der Hirschkäfer-Suchaktion ist jeder gefragt: Wer den Brummer beobachtet, kann den Forschern helfen, Geheimnisse zu lüften.
Der Hirschkäfer ist nicht zu übersehen und trotzdem schwer aufzuspüren. Wer einen entdeckt, kann ihn in einem Register melden und Wissenschaftlern dabei helfen, diesen Käfer mit Symbolkraft besser kennenzulernen. Fotos: Carmen Schmitt, Martina Straub, M. Wehner/Archiv


So viel Licht ist er gar nicht gewohnt. Es bleiben ihm nur wenige Tage an der frischen Luft. Jahre hat er auf diesen Moment gewartet - unten in der dunklen Erde. Keine Zeit verlieren: Die Damen warten schon. Ein abgestorbener Baumstumpf, eine tote Eiche - das Eldorado für den Hirschkäfer. Auf der Suche nach den weiblichen Vertretern seiner Art lassen sich die Käfer mit den mächtigen Mundwerkzeugen besonders gut jetzt an warmen Abenden beobachten. Genau dazu sind Naturschützer gerade aufgerufen. Wie viele der Tiere tummeln sich in der Rhön? Und welche Geheimnisse lauern rund um das Insekt mit dem gigantischen Geweih?

Dr. Tobias Gerlach geht in die Hocke. Dem Waldboden fehlt ein kräftiger Regenschauer. Die trockenen Blätter knistern unter den Wanderschuhen des Biologen. Tobias Gerlach kniet vor dem Stumpf eines Baumes. Tot ist der genauso wertvoll wie wenn er noch Wasser durch seinen Stamm pumpen würde. Die nächste Hirschkäfer-Generation wäre arm dran ohne ihre Kinderstube aus moderndem Laubholz. So wie Hunderte Arten, die auf Totholz angewiesen sind.

Der Käfer mit dem kolossalen Oberkiefer gilt als Symboltier. Diese "Schirmart", wie Tobias Gerlach erklärt, ist Stellvertreter. Wo der Lebensraum des Hirschkäfers geschützt wird, profitieren auch andere: seltene Schmetterlinge, Pilze, Käfer und Vögel zählt Tobias Gerlach auf. Der Hirschkäfer als Avantgarde der Artenvielfalt. Während seines Käfer-Lebens taucht er nur kurz an der Oberfläche auf - für die Partnersuche. Über Jahre harrt er in der dunklen Erde aus. Ja nachdem wie reichhaltig sein Speiseplan ausfällt, schlüpft er früher oder später - oder gar nicht. Wenn der Winter seinen Namen wieder mal nicht verdient, hat er ein Problem: Sind die Temperaturen zu hoch, wacht er während der Winterruhe auf, verliert Energie, manchmal zu viel. Die Weibchen sterben meist direkt nach der Eiablage.


Prominenter Brummer gefährdet

Der Hirschkäfer gehört zu den größten Krabblern Europas. Er war "Insekt des Jahres 2012" und gilt als stark gefährdet. Deshalb wollen Wissenschaftler wie Tobias Gerlach wissen, wie viele es überhaupt noch gibt. Dafür sind sie auf Hilfe angewiesen. Doch, wo lohnt sich die Pirsch?

An der Bockleter Leite, wo die Sonne an diesem Nachmittag auf die Obstbäume und die dicken Eichen brennt, geht Tobias Gerlach heute leer aus. "Es gehört viel Glück dazu, einen Hirschkäfer zu finden", sagt der Biologe. Der Brummer ist nicht zu übersehen und trotzdem schwer aufzuspüren.

Manchmal entdeckt man sie auch in der Stadt oder im Garten hinterm Haus, erzählt der Biologe. "Hirschkäfer sind schlechte Flieger. Irgendwann geht ihnen die Puste aus", sagt Tobias Gerlach. Nach ein, zwei Kilometern legen sie eine Pause ein. Der Biologe der die Biodiversität des Biosphärenreservat Rhön im Blick hat, ist begeistert, wie viele Bürger schon zu findigen Forschern geworden sind und ihre Entdeckungen gemeldet haben. Dass sich das lohnt, hat nicht nur moralische Gründe.

Zuerst gehe es darum: Was hinterlasse ich der nächsten Generation? Abgesehen vom Nutzen, der in der Natur steckt. "Wir haben uns schon so viel abgeguckt", sagt Tobias Gerlach. Geht eine Art verloren, stirbt mit ihr das Potenzial, ohne es erkannt zu haben. "Man könnte so viel von der Natur lernen."

Mitmachen und melden:
Beobachtung Wer einen Hirschkäfer entdeckt hat, ist aufgerufen, seine Beobachtung zu melden: Wo, wann und wie viele? Am besten mit einem Foto per Email an meldungen.brrhoen@web.de oder dirket auf der Website www.hirschkaefer-suche.de. Bis Ende des Monats sind die Käfer noch unterwegs.

Ziel Die Bayerische Verwaltungsstelle des Biosphäerenreservats Rhön will zusammen mit der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft und dem Online-Portal hirschkaefer-suche.de die Verbreitung des Hirschkäfers in der Rhön zu dokumentieren. Bei dieser Bestandsaufnahme setzt sie auf die Mithilfe von Bürgern.

Info Noch mehr Informationen sind unter www.biospharenreservat-rhoen.de und www.hirschkaefer-suche.de zu finden.