Studienabbrecher im Visier des Handwerks
Autor: Heike Beudert
Eltingshausen, Montag, 09. Mai 2016
Die Zahl der Studienabbrecher ist hoch. Unternehmen wie die Firma Peter Heil wollen diesen jungen Leute eine berufliche Perspektive bieten.
Eigentlich fällt Schulpolitik nicht unbedingt in das Ressort von Ilse Aigner, der bayerischen Wirtschaftsministerin. Aber bei ihrem Besuch in der Firma Otto Heil in Eltingshausen drehte sich doch vieles darum, wie neben den Betrieben auch die Schulen Voraussetzungen schaffen können, dass die berufliche Ausbildung wieder stärker in den Focus der Schüler rückt.
Im Rahmen ihres Besuches beim Berufsinformationstag des Bildungswerks der BayerischenWirtschaft in Bad Kissingen besuchte Ministerin Aigner stellvertretend einen Betrieb im Landkreis, der sich mit besonderen Initiativen um die Nachwuchsförderung kümmert. So fiel die Wahl auf die Firma Otto Heil in Eltingshausen.
Firmenchef Peter Heil betonte, dass die demographische Entwicklung und die Tatsache, dass immer mehr junge Leute ein Studium aufnehmen, dazu führen, dass es weniger Auszubildende gibt. Das Blatt habe sich gewendet. Heute bewerben sich die Unternemen bei den Jugendlichen", meinte Peter Heil. Zwar finde der Betrieb noch Auszubildende. "Aber wir hätten gerne auch noch mehr", ergänzte Heil. Deshalb unterstrich Heil, dass solche Berufsinformationstage, wie sie im Regentenbau Bad Kissingen stattgefunden haben, viel mehr stattfinden sollten. "Wir haben tolle Unternehmen im Landkreis". Darauf müsse man aufmerksam machen.
Landrat Thomas Bold machte auf das Netzwerk von Landkreis und Betrieben aufmerksam, das für die Mittelschulen existiere und dort gezielt Praktika für die Schüler fördere. Problem sei nur, dass die Förderung immer wieder neu beantragt werden müsse. Hier wünscht sich Bold von der Landespolitik mehr Sicherheit und eine Ausweitung des Projektes nach Möglichkeit auch auf die Realschulen. Simon Knobling, der bei der Firma Heil ein Duales Studium absolviert hatte, befürwortet mehr Berufsfindungsangebote aber auch für die Gymnasiasten.
Praktika auch in den Ferien
Praktika sahen alle Anwesenden als gute Möglichkeit, sich besser orientieren zu können, welcher Beruf geeignet ist. Solche Praktika müssten nicht zwangsläufig während der Schulzeit, sondern könnten auch in den Ferien stattfinden, fand Ilse Aigner.Der Fokus der Unternehmen richtet sich aber auch auf Studienabbrecher, wie die Heil-Justitiarin Nicola Renner in der Diskussionsrunde erläuterte. "Das sind junge Leute, die wir auffangen wollen", erklärte sie. Problem sei aber , dass diese nur schwer erreichbar sind. In der Zusammenkunft plädierten die Vertreter aus Politik und Wirtschaft dafür, dass trotz Datenschutz Wege gefunden werden, diese Gruppe junger Menschen für eine Ausbildung zu gewinnen.
Große Nachwuchspflege
Wie sehr heute Unternehmen um junge Fachkräfte werben, erläuterten Peter Heil und Nicola Renner anhand ihrer eigenen Bemühungen, Nachwuchs in der Baubranche zu rekrutieren. So gibt es bei der Firma Heil neun verschiedene Ausbildungsberufe, die junge Leute mit allen Bildungsabschlüssen ansprechen sollen. Von der Maurerausbildung bis hin zum Dualen Studiengang bestehen die unterschiedlichsten Möglichkeiten.
Realschüler und Gymnasiasten sind die Zielgruppe für eine noch ganz neue Ausbildung. In viereinhalb Jahren ist es jetzt möglich, sich zum Bauzeichner und anschließend zum Bautechniker ausbilden zu lassen. In herkömmlicher Form braucht man zum Erreichen dieser Qualifikation mindestens sechs Jahre.
Fortbildung findet in der eigenen Heil-BauAkademie statt. Den Auszubildenden stehen sogenannte Paten zur Seite.
Azubi-Akademie im Landkreis
Neuerdings gibt es im Landkreis dann noch eine Azubi-Akademie. Lehrlinge verschiedener Berufszweige kommen dort zusammen, berichtete Laura Martin, die gerade bei Heil eine zweite Berufsausbildung zur Bauzeichnerin absolviert. Hier würden berufsbegleitende Bildungsinhalte wie Zeitmanagement oder Arbeitsplatzergonomie vermittelt.
An Spanien erinnert
Ilse Aigner wollte wissen, inwieweit junge Nachwuchskräfte aus dem EU-Ausland eine Lösung gegen den Fachkräftemangel seien. Sie erinnerte daran, dass es in Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit von rund 50 Prozent gebe. Peter Heil reagierte darauf eher mit Zurückhaltung. Er äußerte Bedenken, dass die jungen Leute nach intensiver Ausbildung wieder zurück in ihre Heimatländer gehen und doch nicht als Fachkräfte zur Verfügung stünden. Die Flüchtlingskrise könne eine Chance sein, meinte Heil, wenn junge Flüchtlinge schnell eine Aufgabe bekommen. Dies war eine Bitte an die Ministerin, hier die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen.