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Sternstunde fränkischer Rockmusik


Autor: Werner Vogel

Bad Kissingen, Mittwoch, 04. Januar 2017

Ron Spielman und Andreas Kümmert zeigen in einem hochemotionalen Konzert im Kurtheater, wie viel musikalisches Potential in der Region steckt.
Ron Spielman und Andreas Kümmert im Bad Kissinger Kurtheater.  Foto: Werner Vogel


Kleiner Aufkleber, beachtliche Wirkung! Der erst vor wenigen Tagen angebrachte Hinweis "Spezial Guest: Andreas Kümmert" hat Passanten vor den Litfaßsäulen mit dem Plakat für das Winterzauberkonzert mit Ron Spielman stehen lassen. Der Pressehinweis tat ein übriges. So gab es im Parkett des Kurtheater dann auch fast keine Lücke: Fans gepflegter Rockmusik freuten sich auf den Singer/Songwriter-Rock, wie Ron Spielman etwas bemüht angekündigt wurde, und viele sind spontan gekommen, weil sie Andreas Kümmert sehen und vor allem hören wollten. So wie Agnes und Herbert Müller aus Schweinfurt, die vorher noch nie beim Winterzauber waren: "Wir sind wegen Kümmert gekommen und er war großartig". Um es vorweg zu nehmen: Sie alle gingen beglückt nach Hause.


Rockballaden mit Tiefgang

Schnell nimmt Ron Spielman das Publikum mit seinen hochintensiven Rockballaden gefangen. Faszinierend seine virtuos jubilierende Gitarre, die einen ständigen Dialog mit der markant höhensicheren Stimme führt, die Zuhörer in heftige laut/leise Auseinandersetzungen hineinzieht, um mit teils unwirklichen Klängen überraschend leise zu enden. Sparsam eindringlich seine Moderation.
Mit knappen Hinweisen öffnet er Zutritt in seine Fantasiewelten wie die von "Water Girl", dem Mädchen, das auf dem Mond nach Wasser für die verdurstende Erde sucht. Der Flug hinauf ist einfach, mühsam die Orientierung, voller Wirrnisse die Suche. Ende offen. Oder die Auseinandersetzung mit den Sklavengesetzen. Spielman und seine Gitarre schreien nach Menschenwürde für die mittellosen Baumwollpflücker, die Drums des Julian Kültmann hämmern den Takt dazu. Es sind wiederkehrend kompromisslose Botschaften, die auch Thomas Stieger am Bass und Werner Goldbach an den K-Boards befeuern.


Viele Fans in der Region

Ron Spielman ist gebürtiger Schweinfurter, hat aber hier noch viele Fans aus der Zeit, in der der Deutsch-Amerikaner in den Musiktempeln der Region spielte, bevor er dank eines Förderpreises der Stadt Schweinfurt durch Europa touren konnte, mit Größen wie Steve Marriott oder Dave Stewart Musik machte, sich als Backing Sänger bei Stevie Wonder Meriten verdiente und schließlich die Studio Band im SAT 1 Frühstücksfernsehen leitete. Seit 15 Jahren lebt er in Berlin, hat dort seinen eigenen Weg gefunden, verschiedene Alben veröffentlicht, die seinen Ruf als Songwriter mit Tiefgang eindrucksvoll bestätigen.
Und dann kommt Andreas Kümmert. Spielman nennt ihn seinen Freund. Sie machen die gleiche leidenschaftliche Musik und könnten unterschiedlicher kaum sein. Der Beifall der dem Gemündener entgegenschlägt, ist spontan-frenetisch und warm-herzlich anhaltend zugleich. Ja, er ist wieder da! Neues Album, der Erfolg ist zurück. Lange vergessen die Irrungen rund um den Eurovision Song Contest. Wie hätte der Stimmtroubadour denn auch in diese irreale Glitzerwelt gepasst.


Der wahre Kümmert

Die Kissinger erleben den wahren Kümmert. Er bestreitet fast ein Drittel des Programms. Alleine, oder zusammen mit seinem Vorbild, beeindruckt mit intensiv groovenden Akkorden seiner Gitarre, erdigem Soul und traurig rockigem Blues. Seine Stimmakrobatik ist einfach umwerfend. Eben noch wuchtig volltönend über Oktaven hinweg, wechselt er mühelos in die Kopfstimme, variiert Transparenz, Lautstärke und Intensität, lässt die Töne geradezu tanzen. Gänsehautfeeling.
Die Duette mit Spielman, ob mit der Gitarre oder der Stimme ausgetragen, sind der hochemotionale Höhepunkt einer Sternstunde fränkischer Rockmusik.