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Zu viele Fußball-Vereine ignorieren den Kreistag


Autor: Jürgen Schmitt

Burglauer, Montag, 24. März 2014

In Burglauer ging es auch um die Zukunft des lokalen Fußballs. Dafür interessiert haben sich nur wenige Vereine.
Besuchte alle 24 Kreistage: BFV-Präsident Dr. Rainer Koch bei seiner Grundsatzrede in Burglauer. Foto: Jürgen Schmitt


Fußball ist Randsportart. Zumindest im Fußballkreis Rhön. Provokant. Aber eine gerechtfertigte These, wenn man den Besuch des Kreistages zum Maßstab nimmt. Zwei Drittel der Vereine hatten keinen Vertreter nach Burglauer geschickt. Viele Stühle blieben unbesetzt in der Halle. Ein Affront gegen die Funktionäre im Bayerischen Fußballverband? Bei den Halbzeit-Tagungen gibt es keine leeren Stühle. Weil Erscheinen Pflicht ist. Freiwilligkeit mit Ignoranz gleichzusetzen kann nicht im Sinne der Vereine sein. Zumal der Kreistag keine Jux-Veranstaltung ist. Es wurde gewählt, abgestimmt und diskutiert.

Eppeleins bewegende Worte

Und es gab bewegende Worte. Von Rolf Eppelein. Der ehemalige Bezirksvorsitzende verabschiedete sich von den Vereinen im Kreis Rhön.

Eppelein, der dem BFV als Ehrenvizepräsident erhalten bleibt, betonte: "In den 15 Jahren meiner Amtszeit war eine meiner wichtigsten Entscheidungen die Kreisreform, das war auch die Geburtsstunde des Fußballkreises Rhön. Zwar gab es einige Geburtswehen, aber die Unabhängigkeit für den Kreis Rhön war ein großer Fortschritt für den Fußball hier vor Ort. Dank allen, die freundschaftlich mit mir umgingen. Aber auch denjenigen, die mich kritisch begleitet haben. Diese Kritik hat mich immer befruchtet in meiner Arbeit", blickte Eppelein zurück.

Bei der Umfrage zu möglichen Veränderungen im Spielbetrieb wurden alle vorgestellten Ideen von einer Mehrheit der Vereine befürwortet: 83 Prozent der anwesenden Vereinsvertreter sprachen sich für die Möglichkeit eines freiwilligen Spielklassenwechsels in eine niedrigere Liga aus (neutral: 6 Prozent; dagegen: 11 Prozent). Ein erweitertes Zusatzspielrecht im Senioren-/Hallen- und Freizeitfußball fanden 81 Prozent der Vereinsmitarbeiter gut (neutral: 6 Prozent; dagegen: 13 Prozent). Zustimmung fand auch der Vorschlag einer bayernweiten Einführung der "Fair-Play-Liga" im U-9-Bereich: 56 Prozent der Delegierten stimmten dafür (neutral: 7 Prozent; dagegen: 37 Prozent). Für die Idee der "Flexiblen Mannschaftsgrößen in den unteren beiden Amateurspielklassen" stimmten 58 Prozent, 36 Prozent der Delegierten stimmten auf dem Kreistag in Burglauer dagegen (neutral: 6 Prozent). Die Ergebnisse des Meinungsbildes, das auf allen 24 Kreistagen und sieben Bezirkstagen eingeholt wird, sind auch Thema auf dem Verbandstag am 18./19. Juli in Bad Gögging.

Eine kurzweilige Veranstaltung

Die Verbands-Oberen hatten sich Mühe gegeben, den Kreistag attraktiv, abwechslungsreich und kurzweilig zu gestalten. Mit einer Talk-Runde und Image-Filmen im medialen Hochglanz über das, was der Verband leistet. Keine monotonen Vorträge. Keine ellenlangen Grußworte. Stattdessen eine Arbeits-Mappe mit den relevanten Informationen. Und eine gut vorbereitete Wahl, die in Rekordzeit abgewickelt werden konnte. Und in der Michael Ritter als Kreisvorsitzender und Kreis-Spielleiter ebenso einstimmig bestätigt wurde wie seine Mitstreiter. Kontinuität im Fußballkreis für die nächsten vier Jahre, die nicht selbstverständlich ist. "Ich mache das jetzt seit 2005 und mir macht das Amt nach wie vor große Freude, auch wenn ich zugebe, dass es am Anfang ein bisschen länger gedauert hat, bis ich mich an die neue Aufgabe gewöhnt habe. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen klappt bestens. Das Wichtigste ist, dass Verband und Vereine im Kreis offen und ehrlich miteinander umgehen. Ein Dankeschön möchte ich an dieser Stelle auch meinen Mitarbeitern aussprechen, die mich immer hervorragend unterstützen", sagte der 62-Jährige.

Individuelle Lösungen gefragt

Dr. Rainer Koch war nach Burglauer gekommen. Wie zu jedem der 24 bayerischen Kreistage. "Reitet der Verband ein sterbendes Pferd", fragte der BFV-Präsident in seiner Grundsatzrede in die überschaubare Runde. Und gab die Antwort schnell. "Es kann sich doch sehen lassen, was die Vereine leisten. Nur wenn ich die Beteiligung hier sehe, scheinen sich einige bereits aufgegeben zu haben." Koch sprach über demografische Probleme, über zu wenige Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen. Und über notwendige individuelle Lösungen. "Die Position des Amateurfußballs muss gestärkt werden. Wir müssen überlegen, wie wir den Fußball vor Ort organisieren." Der Verband könne nur die Rahmenbedingungen liefern mit Kampagnen wie ‚Pro Amateurfußball‘. Mit Schulungen und Zusatz-Angeboten, um die fachliche Qualifikation zu erhöhen. "Der Amateurfußball in der Rhön wird in vier bis zehn Jahren komplett anders aussehen", denkt Koch. "Nicht jammern. Einfach machen", sagt der Präsident. Mehrmals. Mit Nachdruck. Und fordert ein Umdenken. "Mit den Rezepten der letzten 50 Jahre lassen sich die zukünftigen Probleme nicht lösen. Wir müssen attraktiv für die Jugend sein. Fast jeden Samstag oder Sonntag im Jahr zu kicken, passt eben nicht zur heutigen Jugendkultur." Vom Feldhandball spricht der Präsident. Von jener Sportart, die einmal populär hierzulande war. Und von der jetzt niemand mehr spricht. Fußball darf keine Randsportart werden.

Wahlen Michael Ritter (62) bleibt Kreis-Vorsitzender und Kreis-Spielleiter. Kreis-Jugendleiter Rainer Lochmüller, Kreis-Schiedsrichterobmann Harald Schreiber und die Frauen- und Mädchenfußball-Beauftragte Ruth Müller erhielten ebenfalls einstimmig das Vertrauen. Den Kreisausschuss sollen weiterhin Rudolf Ressel als Kreis-Sportgerichtsvorsitzender und Klaus Eisenmann als Kreis-Ehrenamtsbeauftragter (für Georg Stöth, der altersbedingt auf eigenen Wunsch ausscheidet) komplettieren.

Talk-Runde Zu Beginn des Kreistags diskutierten Sandro Kirchner, Mitglied des Landtags, Helmut Will, stellvertretender Landrat des Landkreises Rhön-Grabfeld, und Kurt Back, Bürgermeister der Gemeinde Burglauer, mit Moderator Jürgen Pfau (BFV-Bezirksvorsitzender Unterfranken). Zentrales Thema war die Bedeutung des Ehrenamts in Zeiten des demografischen Wandels.

Delegierte zum Bezirkstag Durch ihr Amt "gesetzt" sind Michael Ritter, Rainer Lochmüller, Rudolf Ressel, Harald Schreiber, Ruth Müller und Georg Stöth. Dazu kommen 21 Personen, die im Vorfeld ihre Zustimmung gegeben hatten und die in Burglauer als Delegierte ebenso bestätigt wurden wie sechs Ersatz-Delegierte.

Verbands-Delegierte Hier wurden folgende Personen gewählt: Michael Ritter (Kreisvorsitzender und Kreis-Spielleiter), Thomas Hammer (FC Untererthal), Volker Schmid (ASV Eyershausen). Ersatz-Delegierte sind Jürgen Wehner (VfB Burglauer), Jürgen Peterek (SV Wildflecken), Rainer Lochmüller (VfL/Spfr. Bad Neustadt).

Pro Amateurfußball Seit 2011 investiert der Bayerische Fußball-Verband (BFV) jährlich eine Million Euro in die Kampagne "Pro Amateurfußball". Mit der Initiative unterstützt der BFV seine Vereine bei ihrer täglichen Arbeit und hilft ihnen, sich zukunftsfähig aufzustellen. Dazu gehören: 276 Vereinsschulungen mit 5788 Teilnehmern 109 gegründete Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen , 4000 Notebooks für die Fußballbasis (Wert 1,6 Millionen Euro) - Eigenbeteiligung der Vereine: 100 Euro/Notebook. 95 "Runde Tische" mit 1870 Teilnehmern. Mädchen-Schnuppertraining "Ballbina kickt" an 30 Standorten mit 1200 Teilnehmerinnen.