Warum Victor Kleinhenz seiner Mannschaft vertraut

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Victor Kleinhenz (im Bild), der Trainer des Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt, sieht die Situation seiner Mannschaft in der Liga "entspannt". Foto: Rudi Dümpert
Victor Kleinhenz (im Bild), der Trainer des Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt, sieht die Situation seiner Mannschaft in der Liga "entspannt".  Foto: Rudi Dümpert

Im Corona-Lockdown setzt Regionalligist TSV Aubstadt auf die Eigeninitiative seiner Spieler.

Haben Sie am 22. März schon etwas vor, Victor Kleinhenz? Der Trainer des Fußball-Regionalligisten TSV Aubstadt, der sonst Punkte und Tordifferenzen im Visier hat, zurzeit mehr Inzidenzzahlen, lacht und meint: "Es wäre genial, wenn kommt, was wir alle hoffen. Dann werden wir die Jungs nach Aubstadt bitten und loslegen." Und er, der an sich Optimist und Positivdenker ist, schiebt nach: "Es liegt aber nicht in unserer Hand." Das war am Tag nach der letzten Ministerpräsidenten-Konferenz mit der Bundeskanzlerin, als für viele Amateursportler ein Licht am Ende des Lockdown-Tunnels erschien. "Wenn wir das Okay bekommen, werden wir alle Hygienebedingungen erfüllen und angreifen", sagt Kleinhenz.

Immerhin hat er seine Spieler seit dem 31. Oktober 2020 nicht mehr gesehen. Es war nach dem 26. Spiel dieser verrückten Saison, die danach zum zweiten Mal unterbrochen wurde. Nach der 3:6-Niederlage beim 1. FC Nürnberg II verabschiedete Kleinhenz seine Jungs mit den Worten: "Frohe Weihnachten." Dass es - vermutlich - erst nach Ostern weitergehen würde, darüber wagte schon niemand mehr eine Prognose.

Mit den Spielern in Kontakt

Weil nichts planbar war und keiner wusste, wann es wieder losgeht, "haben wir auf Eigeninitiative gesetzt. Ich bin der Meinung, dass wir damit absolut richtig gefahren sind. Sie waren total diszipliniert, haben sehr viel gemacht, waren kreativ bei ihren sportlichen Tätigkeiten", sagt Kleinhenz. Das zu wissen, habe nichts mit Kontrolle, sondern mit Vertrauen zu tun. Er sei regelmäßig mit den Spielern auf verschiedenen Kommunikationswegen in Kontakt: "Ich weiß, in welchem Trainingszustand sie sind und was sie so treiben."

Kleinhenz (29) ist zwar seit acht Monaten Trainer der Mannschaft. Er hat mit ihr aber erst sieben Testspiele, drei Ligapokalspiele und vier Ligaspiele absolviert. Normalerweise wird mehr Praxis beansprucht, um einen personellen Umbruch - sozusagen mitten in der Saison im Sommer vorgenommen - ohne Reibungsverluste zu vollziehen. Immerhin 14 Spieler, zwei Drittel des Kaders, gingen, ließ man ziehen oder legte ihnen einen Wechsel nahe. Elf neue kamen.

Allerdings konnten drei von ihnen noch gar nicht eingreifen. Vincent Held kam vom FC Geesdorf ohne Freigabe, wurde deshalb ein halbes Jahr gesperrt. Er hat seit November 2019 kein Spiel mehr bestritten, davor in 19 Landesligaspielen 23 Treffer erzielt. "Wenn er im Spiel so effektiv ist wie im Training, können wir uns auf ihn freuen", sagt Kleinhenz. Allerdings ist wegen der Wechsel-Regularien in Corona-Zeiten immer noch nicht abschließend geklärt, wann das sein wird. In die Lage des 21-Jährigen, der wegen der aktuell geltenden Wechselbestimmungen 16 Monate lang nur trainieren konnte, sollte sich ein Satzungshüter des Verbands einmal versetzen. Der Ex-Schweinfurter Dominik Weiß - "er hat viel Regionalliga-Erfahrung" - wurde wegen Wechselfrist-Überschreitung ebenfalls ein halbes Jahr gesperrt. Der Fehler lag in München, beim Bayerischen Fußball-Verband oder Türkgücü, oder in Aubstadt. Essa Ganes - "ein Perspektiv-Spieler" - wurde wegen fehlender Arbeitserlaubnis erstmals am 31. Oktober spielberechtigt, aber nicht eingesetzt.

Eine Riesenherausforderung

Victor Kleinhenz hatte also erst viermal die Gelegenheit, sich von der Spielstärke der für ihn neuen Liga ein Bild zu machen: "Es ist schon eine Riesen-Herausforderung, den Ansprüchen der Liga gerecht zu werden. Es war keine Vorbereitungszeit für mich im Sommer da und somit auch keine Zeit, sich Gedanken zu machen, wie das Gesicht des TSV Aubstadt die nächsten Jahre aussehen soll." Auch im dünn besetzten Trainerteam habe man etwas in die Wege geleitet, um gerüstet zu sein für das, was kommt: "Ich glaube generell, dass wir uns nicht verstecken müssen in der Liga. Das hat die Saison bisher gezeigt."

Mit Kleinhenz als Chef-, Christopher Bieber und ab 1. Juli mit dem ehemaligen Großbardorfer Bayernliga-Trainer André Betz als Co-Trainer sowie Christian Mack als Torwart- und Ron Freitag als Athletik-Trainer ist der Stab nunmehr sehr gut und breit besetzt. Der personelle Umbruch habe im Sommer bereits stattgefunden. Wenn man so will, sind fünf Spieler wie Neuzugänge zu bewerten: die genesenen Langzeitverletzten Michael Dellinger und Jens Trunk sowie jenes Gesperrten-Trio Held, Weiß und Ganes.

Verhandlungen laufen

Man sei auf dem besten Weg, so Kleinhenz, die im Sommer auslaufenden Verträge von Timo Pitter, Steffen Behr und Leo Langhans zu verlängern. "Die meisten anderen laufen eh weiter, sodass ich davon ausgehe, dass unser Kader in der nächsten Saison genauso aussieht wie jetzt." Kurz nachdem er das gesagt hatte, wurde der Wechsel von Torwart André Koob zum Würzburger FV im Sommer bekannt. Über die Winterpause aber ist niemand gegangen und niemand gekommen. "Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, uns noch einmal zu verstärken, werden wir das aber tun", sagt Kleinhenz. Das hört sich alles so an, als sei man über die restlichen neun Spiele hinaus mit den Gedanken schon in der nächsten Saison? "Das nicht. Aber diese und die folgende Runde hängen coronabedingt von der Kaderplanung näher zusammen als sonst üblich."

Eine entspannte Situation

Leichtsinn und Schlendrian verbieten sich zwar von selbst. Aber Kleinhenz spricht von einer "entspannten Situation", was die Tabelle und die Planbarkeit betrifft. Man könnte fast meinen, dass das, was jetzt kommt, Vorbereitung für die nächste Runde ist. Der TSV Aubstadt, immer noch Neuling in der Regionalliga Bayern, befindet sich in der Komfort-Zone auf Platz 5 mit 39 Punkten hinter Aschaffenburg (50), Nürnberg (49), Bayreuth (49) und Schweinfurt (44, zwei Nachholspiele).

Nürnberg hat für seine zweite Mannschaft keinen Lizenzantrag für die 3. Liga gestellt. Die anderen drei Klubs werden nach einem noch nicht definierten Modus den bayerischen Vertreter für die Aufstiegsspiele gegen einen Regionalliga-Nord-Verein ermitteln. Von jener Komfort- zur Abstiegszone klafft eine Lücke von 18 Punkten.

Langeweile wird keineswegs aufkommen. Über den Ligapokal, der, letzter Stand, in einem K.-o.-Modus ausgespielt werden soll, und den Toto-Pokal winken attraktive Pokalspiele. Die Gesamtsituation sieht Kleinhenz als "relativ entspannt und für unsere Umbruch-Situation günstig. Es gibt viele Vereine in der Liga, die gern mit uns tauschen würden." Rudi Dümpert