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Tim Potschka: Der Traum des letzten Kapitäns


Autor: Jürgen Schmitt

Poppenlauer, Donnerstag, 28. März 2019

Der torgefährliche Regisseur will mit seinem FC Poppenlauer unbedingt noch einmal Meister werden.
Für Tim Potschka (vorne) vom FC Poppenlauer ist es eine Ehre, die Kapitänsbinde zu tragen.Anand Anders


Mit e-Sports kennt sich Tim Potschka von Berufs wegen richtig gut aus. Was freilich nichts daran ändert, dass der 27-Jährige den Fußball im Freien immer dem Zocken an der Konsole vorziehen würde. Der Projekt-Manager (Digital), der in Schmalkalden Multimedia-Marketing studierte, hat schließlich in dieser Saison noch einiges vor, will mit dem FC Poppenlauer unbedingt Meister in der A-Klasse Rhön 2 werden. Warum dies ein historischer Titel wäre, das erzählt uns Tim Potschka in unserem großen Spieltags-Interview - und noch vieles mehr.

Mal auf die Schnelle zum Einstieg. Für 80 Millionen Euro verpflichtet der FC Bayern Lucas Hernandez von Atletico Madrid. Ein Rekordtransfer für die Bundesliga. Was sagst Du dazu als Bayern-Fan?

Tim Potschka: 80 Millionen Euro, das kann kein Sportler der Welt wert sein. Aber wenn du zu den Top-4-Mannschaften in Europa gehören willst, musst du wohl solche Summen zahlen. Nur mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs ist das nicht machbar. Aber klar, das ist krass, welche Summen mittlerweile ausgegeben werden.

Das war mal eine Schlagzeile im Lokalen: Der FC Poppenlauer, TSV Maßbach und die DJK Weichtungen werden wahrscheinlich eine Spielgemeinschaft zur neuen Saison eingehen. Wie ist Deine Meinung dazu?

Das ist mit Sicherheit eine große Herausforderung für die drei beteiligten Vereine. Sowohl auf Vorstands- und Organisationsebene, aber auch in sportlicher Hinsicht. Das ist aber auch eine Chance, mal den Blick nach oben werfen zu können. Das Ziel sollte mittel- bis langfristig schon sein, höherklassiger zu spielen. Die Derbys wird man natürlich vermissen, gerade die gegen den TSV Maßbach. Die Geschichten der Väter- und Opa-Generation waren immer sehr interessant. Aber auch bei uns in der Jugend hieß es schon immer, dass wir alles verlieren dürfen, aber bloß nicht gegen die Maßbacher. Aber der Fußball ist auch ein Sport, der Menschen zusammenbringt und verbindet. Man lernt Leute ganz anders kennen und verstehen. Natürlich wird es künftig die ein oder andere Auseinandersetzung geben, das ist ganz normal, wenn man seine Meinung sagt. Aber es ist doch so, dass diese große Rivalität im Nachwuchsbereich gar keine große Rolle mehr spielt, weil sich die Jungs durch die Spielgemeinschaften eh schon kennen.

Bleibst Du denn zur neuen Saison an Bord?

Ja, mein Heimatverein, bei dem ich ja auch seit vielen Jahren Beisitzer bin, liegt mir einfach am Herzen.

Die Derbys gegen Maßbach waren immer legendär. An welchen Fight erinnerst Du Dich besonders gerne?

Das ist gar nicht so einfach. Ich kann mich jedenfalls an kein Spiel erinnern, dass ich im Herrenbereich mal verloren hätte. Ein paar Unentschieden waren dabei, aber keine Niederlagen. Ein Highlight war natürlich das Relegationsspiel im letzten Jahr, das wir vor über 1000 Zuschauern in Pfändhausen mit 4:2 gewonnen haben. Das war schon cool, auch wenn das Spiel selbst sicher nicht hochklassig war. Mit meiner Leistung war ich allerdings nur bedingt zufrieden, da ich gleich in beiden Waden Krämpfe bekommen hatte. Leider sind wir dann durch die folgende Niederlage gegen die SG Oberleichtersbach/Modlos doch aus der Kreisklasse abgestiegen. Ich erinnere mich aber noch an ein 5:0 gegen Maßbach, als mir als junger Spieler gleich drei Tore gelangen.

Was wirst Du vermissen?

Die Feiern nach einem Sieg, klar. Aber es wird neue Feiern geben. Vermissen werde ich auch das Gefühl, meine Mannschaft als Kapitän aufs Feld zu führen. Das ist immer noch eine Ehre für mich.

Vervollständige bitte den Satz: Wenn ich mich zum ersten Mal in der Heimkabine des TSV Maßbach umziehe, ...

Also, in dieser Situation war ich noch nie, kenne auch die Heimkabine der Maßbacher nicht. Wahrscheinlich gehe ich raus mit der Motivation, gegen Maßbach gewinnen zu wollen. Um dann zu merken, dass wir jetzt eine Mannschaft sind.

Mit 67 Toren habt Ihr in der A-2 die meisten geschossen und mit 22 Treffern, wie Maßbach, die wenigsten kassiert. Aber Tabellenführer ist Haard. Warum?

Zum einen, weil Haard das Hinspiel mit 3:2 gegen uns gewonnen hat. Das Rückspiel findet ja am Ostermontag in Haard statt. Aber es hat sicher auch Spiele gegeben, in denen wir uns zu siegesgewiss waren, in denen die nötige Einstellung gefehlt hat. Kampf und Leidenschaft müssen immer stimmen, auch gegen den Tabellenletzten. Ein bisschen Pech war mitunter wohl ebenfalls dabei. Andererseits ist es doch schön, wenn der Fußball ein Stück weit unberechenbar bleibt.

Am Wochenende führt die Reise zu wiedererstarkten Garitzern.

Ich freue mich auf dieses Sechspunkte-Spiel, dafür lieben wir den Fußball. Stimmt, die Garitzer sind gut drauf. Vor allem Björn Schlereth, den ich ganz gut kenne. Wir waren in unseren Vereinen schon Jugendtrainer, haben uns auch mal an Fasching oder natürlich nach den Spielen getroffen. Kampf, Einsatz und Leidenschaft. Das wird es brauchen, um ins Spiel zu finden und erfolgreich zu sein.

Man kennt Dich über all die Jahre als Leistungsträger und Führungsspieler beim FCP. Was ist Deine Lieblings-Position?

Grundsätzlich spiele ich gerne offensiv und mag gewisse Freiheiten, um in die Räume zu kommen, die ich sehe. Ich habe aber bei personellen Engpässen auch schon defensiver gespielt, war Innenverteidiger oder Libero. Auch das hat seinen Reiz, aber mindestens zu 95 Prozent war ich immer offensiv eingesetzt.

Mit einem Titel sich aus der Eigenständigkeit zu verabschieden wäre genial, oder?

Ja, das ist unser klar definiertes Ziel. Wenn jemand anders oben stehen sollte, hat er es auch verdient. Mit Daniel Schmitt und Jonas Hofmann müssen wir für den Rest der Runde zwar auf unsere zwei Weltenbummler verzichten und der ein oder andere Spieler fällt verletzt aus, dafür haben wir zwei Jugendspieler, die super mitziehen und verdient mit im Kader stehen.

Eure Reserve musste kurzfristig zurückziehen.

Ja, was sehr schade ist. Aber für die Verantwortlichen war das kein Dauerzustand, immer um elf Mann zu kämpfen.

Aktuell ist Dein Vater Edgar auch Dein Trainer. Wie ist das denn so?

Schon verrückt, so gut wie jetzt haben wir uns in Sachen Fußball noch nie verstanden, das ist richtig harmonisch. Als mein Vater Zuschauer war, gab es mehr Reibereien. Und sein Training ist sehr variabel, nie langweilig. Ich wurde übrigens selbst vom Vorstand gefragt, ob mir das Recht wäre, wenn mein Vater Trainer wäre. Erst dann wurde das forciert. Ich möchte an dieser Stelle meinem Vater ein großes Dankeschön sagen, weil es für ihn gerade in beruflicher Sicht sicher auch nicht so einfach ist.

Mal über den Poppenläurer Dorfrand geblickt. Wo schaust Du bei einem Fußballspiel zu, wen es die Zeit erlaubt?

Einen regionalen Lieblingsverein habe ich nicht. Am Samstag schaue ich gerne die Bundesliga-Konferenz oder bin selbst mal im Stadion, natürlich bei den Bayern oder auch anderswo.

Du arbeitest für die Eleven Media-Werbeagentur in Kürnach, bist da im Bereich "Gaming" unterwegs. Was genau machst Du da?

Wir sind ein Dienstleister, unterstützen unsere Kunden zum Beispiel in Sachen Multimedia-Marketing, im Management oder der Ideenfindung für Kampagnen. Wir organisieren aber auch Events, sind also eine Full-Service-Agentur im digitalen Bereich. Etwa 80 Prozent bin ich in unserer Agentur, die andere Zeit für Events und Kundenbesuche unterwegs.

Ist für Dich e-Sports Sport im herkömmlichen Sinn?

Es ist für mich jedenfalls keine Alternative für meine sportlichen Aktivitäten. Neben Fußball gehe ich gerne zum Schwimmen und mag Beachvolleyball. Ich finde es gut, seinen Körper an seine Grenzen zu bringen. Ein Fußballspiel bei ekligem Wetter kann auch seine Reize haben. Wie zuletzt in Sulzdorf, wo wir 3:0 geführt haben und klar überlegen waren, um dann mit Ach und Krach 3:2 zu gewinnen. Wenn man dann mit den Kumpels nach dem Spiel zusammensitzt und darüber spricht, wie geil das letztendlich war, hat das etwas. Natürlich setzte ich mich selbst auch mal vor eine Konsole, aber draußen in der Natur zu sein, um den Kopf freizubekommen, das ist eine feine Sache.

Jetzt hat sogar der BFV eine eigene e-Sports-Sparte ins Leben gerufen. In der Hoffnung, wieder Leute vom Computer auf den Platz zu bekommen. Hälst Du das für möglich?

Eher Nein. Früher sind wir nach den Hausaufgaben gleich auf den Bolzplatz. Auch meine Mutter hat dafür gesorgt, dass ich raus komme. Und es sollte die Aufgabe der Eltern sein, den Kindern den Spaß an Aktivitäten zu vermitteln. Gerade im Sport lernt man sich durchzusetzen, sich als Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Aber ich verurteile niemanden, der am Computer spielt. e-Sports ist halt anders, man zockt mit den Händen, aber auch der Kopf ist entscheidend. Das ist eine andere Form des Abschaltens.

Wird denn auch innerhalb der Mannschaft gezockt?

Natürlich, gerade in den Wintermonaten bei Teamabenden. Richtig gut ist da zum Beispiel unser Vorstand Sven Geßner. Gegen den verliere ich sogar, wenn ich mit den Bayern und er mit dem 1. FC Nürnberg spielt.