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SG Waldfenster/Lauter: eine unglaubliche Metamorphose


Autor: Alexander Pfülb

Waldfenster, Montag, 13. Juni 2022

Die noch junge Spielgemeinschaft steigt als Meister der B-Klasse Rhön 1 in die A-Klasse auf. Wie aus ehemaligen Konkurrenten ein vorbildliches Kollektiv wurde.
Gebührend gefeiert wurden die Aufstiegs-Helden der SG Waldfenster/Lauter - samt eigenem Chauffeur, hier beim Einzug in Waldfenster. Fotos: Alexander Pfülb


Es gibt Ereignisse im Fußball, die sind annähernd unvorstellbar: Borussia Dortmunds Fans feiern mit den Anhängern des FC Schalke 04, der FC Bayern München wird mal nicht Deutscher Meister und die beiden Rhöndörfer Waldfenster und Lauter bilden eine Spielgemeinschaft. Zumindest letzteres galt bis ins erste Jahrzehnt der 2000er. Anno 2022 liegen sich Spieler und Zuschauer aus beiden Dörfern freudetrunken in den Armen. Soviel zum Thema "Sag niemals nie!"

Denn während im Westen Deutschlands die Fanrivalität so groß wie eh und je ist und die Bayern auch 2023 mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Meisterschale in den Himmel strecken, hat sich entlang der Bundesstraße B 286 in den vergangenen Monaten eine unglaubliche Metamorphose ereignet. Aus zwei eigenständigen Teams in der Kreisklasse (Lauter) und B-Klasse (Waldfenster), die beide eigenständig nicht hätten antreten können, haben die Vereinsverantwortlichen und Trainer Philipp Heusinger einen eingeschworenen Haufen geformt, der im ersten Anlauf Meister der B-Klasse Rhön 1 wurde und fortan in der A-Klasse spielen wird.

Keine Selbstverständlichkeit

Dass dies so kommt, hatten zwar viele Fußballexperten in der Rhön erwartet, selbstverständlich war es indes nicht. Der ein oder andere mag sich noch daran erinnern, dass es bereits in den Jahren 2011 bis 2013 einen ersten Versuch gab, als Spielgemeinschaft anzutreten. Damals jedoch unter der Vorgabe, dass es zwei Teams geben sollte - der BSC Lauter spielte verstärkt mit Waldfensterern in der Kreisliga, der TSV Waldfenster stellte die zweite Mannschaft in der A-Klasse.

Nun also Anlauf Nummer zwei im Jahr 2021, mitten in der Corona-Pandemie. Von Beginn an war allen Vertretern der beiden Vereine klar, dass es für die Zukunft nur gemeinsam gehen wird. Die Basis hierzu stellt die gemeinsame Jugendarbeit, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich besteht, vor knapp zehn Jahren mit den beiden Protagonisten Martin Muth und Manuel Vorndran noch einmal einen besonderen Schub erhalten hatte. Die ersten Spieler aus dieser damaligen U9-Mannschaft klopfen nach und nach an die Tür zum Seniorenbereich.

Die Jugendarbeit trägt Früchte

Hier kann sich die Spielgemeinschaft in den kommenden Jahren über viel Zuwachs freuen. Ab der bevorstehenden Runde stoßen mit den Waldfensterern Frederik Schmitt und Luca Seller zwei Leistungsträger der U18-Spielgemeinschaft mit dem TSV Wollbach zu Heusingers Team. Die beiden waren in den vergangenen Jahren maßgeblich am Erfolg der Wollbacher Jugend beteiligt, die sogar kurz davor war, in die Bezirksoberliga aufzusteigen. Aus eben dieser Liga kommt zudem mit dem Poppenrother Joshua Goll ein Verteidiger, der sich als Stammspieler mit der U19 des FC 06 Bad Kissingen erfolgreich in der höchsten unterfränkischen Jugendliga etabliert hatte. Rosige Zeiten an der B286.

Die Überraschung der Saison war für Heusinger mit Leon Füller ebenfalls ein Spieler aus der U18 der SG Wollbach. "Leon kam aus der Jugend, war zu Beginn noch nicht mal 18, aber schnell fester Bestandteil der Startelf", so der Trainer, der den Flügelspieler für seine große Technik lobt. Zudem durfte er alle Standards treten.

Nur zwölf Gegentore

Was machte also die SG Waldfenster/Lauter in dieser Saison so stark? Immerhin hatte die Heusinger-Elf bis zum entscheidenden Spiel gegen den Hauptverfolger FC Untererthal II lediglich ein Spiel verloren und ein Unentschieden aufzuweisen. Der Coach sieht es so: "Unsere Stärke war in dieser Saison ganz klar die Defensive mit nur zwölf Gegentoren", so der 31-Jährige, der sich auf seine Vierer-Abwehrkette und dem Sechser davor verlassen konnte. " Mit der Ausnahme bei unserem Heimspiel gegen Detter", fügte der Coach schmunzelnd hinzu.

Generell war dieses vermaledeite Spiel gegen den SV Detter-Weißenbach Ende April auch wegweisend. Denn nachdem die favorisierten Waldfensterer und Lauterer auf eigenem Gelände mit 1:3 den Kürzeren zogen, richtete sich das Team nur eine Woche später wieder auf und schickte die SG Gräfendorf II mit einer deutlichen Niederlage im Gepäck nach Hause. Das war für Heusinger der entscheidende Moment: "Danach habe ich gewusst, dass es mit der Meisterschaft klappen wird." Zumal Untererthal II gegen Detter-Weißenbach zeitgleich ebenfalls verloren hatte.

Ein torhungriges Trio

Doch auch auf die Offensive war Verlass - allen voran auf Torjäger Thomas Eckert, Daniel Metz und Jannick Hollmeyer, die 42 der 64 Saisontore erzielten. Es wären sogar zwölf Tore mehr gewesen, hätte die SG Hammelburg II/Fuchsstadt II nicht im laufenden Betrieb ihr Team zurückgezogen, so dass diese Punkte und Treffer aus der Wertung genommen wurde.

Doch zurück zum Anfang: Was war das Geheimrezept, dass die Spielgemeinschaft dieses Mal funktionieren wird? So ziemlich jeder in den Vereinen hat ganz klar gemerkt, dass es nur zusammengehen wird. Und so gab es zu keinem Zeitpunkt die Bezeichnung "die Waldfensterer" oder "die Lauterer" auf oder außerhalb des Platzes. Beide Vereine arbeiten eng zusammen und tauschen sich regelmäßig aus. Und sollte einem der Sportheime beim Heimspiel mal Material ausgehen, dann wird aus dem anderen selbstverständlich nachgeliefert.