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Obereschenbach ist stolz auf seine Champions


Autor: Simon Snaschel

Obereschenbach, Freitag, 14. Juni 2013

Mit Manuel Rützel gelang der Vereinsführung des FC Obereschenbach ein Glücksgriff. Nach Platz 5 im Vorjahr führte der Jung-Coach seine "grandiose Truppe" in die Kreisklasse. Und dort will man es sich bei der Bavaria bequem machen.
Kreisklasse, wir kommen: die Spieler des FC Obereschenbach.  Fotos: Jürgen Schmitt


Bis zum letzten Spieltag wusste der Autor dieser Zeilen noch nicht, über wen er seine Lobeshymnen verfassen darf. Erst am finalen Spieltag stießen die Obereschenbacher ihren Kontrahenten vom SV Albertshausen im direkten Duell vom Thron und durften damit neben dem Aufstieg in die Kreisklasse auch den Titel in der A-Klasse Rhön 1 bejubeln.

Die Ausgangslage vor dem Showdown sprach kaum für die Obereschenbacher. Schon ein Zähler hätte dem SV Albertshausen vor heimischem Publikum zur Meisterschaft gereicht. Zudem hatten die Schwarz-Weißen im Hinspiel mit 3:1 die Oberhand behalten. Dem FC hingegen fehlte gar noch ein Punkt für den sicheren Aufstieg des Vizemeisters. Doch die Bavaria präsentierte sich auf den Punkt in Glanzform - allen voran Florian Graf.

Binnen zehn Minuten traf der 24-Jährige doppelt und löste so die durchaus vorhandene Anspannung bei sich und seinen Teamkameraden.

"Ich als Bayern-Fan durch und durch war viel angespannter als vor dem Champions-League-Finale", meint selbst der erfahrene Spieler und Abteilungsleiter in Personalunion, Tino Reuter. "Die beiden Traumtore vom Florian haben uns doch sehr in die Karten gespielt." Auch beim Doppeltorschützen selbst sorgten die frühen Treffer für ordentliche Erleichterung. "Wir waren schon sehr angespannt. Im Hinterkopf hatten wir natürlich auch noch, dass man bei einer Niederlage aus den direkten Aufstiegsplätzen hätte rutschen können. Doch spätestens nach dem Treffer zum 2:0 hatten wir alle nur noch die Meisterschaft im Kopf."

Dass es diese letzten Endes auch wurde, hatte man beim FCO insgeheim schon zu Rundenbeginn angepeilt. Mit Manuel Rützel hatte Reuter zusammen mit der weiteren Vorstandschaft um Sportchef Michael Gehring einen ehemaligen Arbeitskollegen und "Bombenfussballer" als Spielertrainer von der SG Burgsinn verpflichten können. Im Landkreis Main-Spessart hatte der 26-Jährige zuvor in der Kreisliga gekickt und sich schon länger in den Kopf gesetzt, als Trainer zu arbeiten. "Die Möglichkeit, Spielertrainer in Obereschenbach zu werden, kam wie gerufen", freut sich der Meistertrainer, der nach einer Hüft-Operation allerdings selbst kaum mehr auf dem Platz steht.

Rützel kam mit großen Zielen. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir das Zeug haben, um ganz oben mitzuspielen. Besonders spielerisch brauchten wir uns in der Liga vor absolut niemandem zu verstecken." Doch mit rein spielerischen Mitteln erreicht man nichts, wie der FC schnell erfahren musste. Nach einem Punkt aus den ersten beiden Partien bot das Match in Gräfendorf den Knackpunkt der Saison. "Wir mussten bei 30 Grad eine halbe Stunde in Unterzahl spielen und haben unser 1:0 trotzdem über die Zeit gerettet. Da ist in den Köpfen der Jungs etwas passiert", erinnert Rützel sich gerne an den heißen Kick zurück. Tatsächlich holten die Obereschenbacher in der Folge zehn Siege in Serie und durften die Herbstmeisterschaft bejubeln. Doch der Weg sollte nicht so geradlinig weiter gen Kreisklasse führen.

"Auf Messers Schneide stand das Unternehmen Anfang der Rückrunde", weiß Tino Reuter. "Nach der OP vom Manuel hatten wir eine kleine Ergebniskrise. Albertshausen war fast schon weg." Doch pünktlich zum Endspurt präsentierte die Mannschaft sich in Bestform. Die letzten fünf Saisonspiele blieb der FC ungeschlagen und war nach der Albertshäuser Niederlage gegen Hausen plötzlich wieder in Schlagdistanz. Der Spielplan tat sein Übriges zu einem filmreifen letzten Akt im Titelrennen.
Dass der Erfolg gebührend gefeiert wurde, versteht sich in Obereschenbach derweil von selbst. "Wir haben eine grandiose Truppe zusammen. So etwas habe ich in meiner Laufbahn bisher noch nicht erlebt. Das Kollektiv ist einfach herausragend und der Schlüssel zum Erfolg", lobt Coach Rützel seine Mannschaft über den grünen Klee. Logisch, dass man sich da auch bei der Meisterfeier von seiner kreativsten Seite zeigte - im Kollektiv. Verloren Florian Graf und Lukas Meder noch auf dem Albertshäuser Sportgelände ihr Haupthaar, überraschte Sebastian Reith, der die Hinrunde noch am Ball war und sich aktuell in den USA aufhält, seine Mitspieler per Bildnachricht mit einem neuen Haarschnitt: Glatze der Marke Eigenbau. Nicht fehlen durfte freilich der obligatorische Autokorso durch den Heimatort, der auf dem Weg dorthin unbeabsichtigt gar in eine Wallfahrt platzte. Nach dem einen oder anderen Gläschen endete der Abend schließlich in den Obereschenbacher Morgenstunden - ein besonderes Erlebnis für jeden, der es mit der Bavaria hält.

Und das tut sogar ein waschechter Rheinländer. Eric Schäfer, Wahl-Obereschenbacher und "Kölscher Jung", hält seinen Farben bereits seit Mitte der 90er Jahre die Stange. Doch eine so schöne Saison hat der 49-Jährige trotz einiger Aufstiege und Meisterschaften als Aktiver selten erlebt. "Da gebührt unserem jungen Trainer ein Riesenlob. Ich habe noch nie einen so engagierten Coach gesehen, der sich so sehr mit der Materie auseinandersetzt. Und das in diesem Alter, vorbildlich", singt das Vorstandsmitglied ein Loblied auf Rützel.

Selbst früher Spieler sowie Trainer der Ersten Mannschaft, kümmert sich Schäfer inzwischen neben der Rasenpflege auch um Betreuer-Aufgaben sowie das Torwarttraining. Zur Meistermannschaft hat Schäfer einen ganz besonderen Draht. "Wenn ich die Jungs sehe, geht mir wirklich das Herz auf. Das sind zum Großteil Spieler, die ich selbst noch als Jugendtrainer gecoacht habe", erinnert er sich an die Zeiten zurück, in denen er gemeinsam mit Achim Meder den brach liegenden Jugendfußball in Obereschenbach reaktiviert hatte. Ohnehin ist die eigene Jugend für Eric Schäfer Grundlage für eine rosige Zukunft. "Wir wollen als Verein eigenständig bleiben und unser Gesicht als FC Obereschenbach wahren. Dafür ist der Aufstieg, auch aus finanzieller Sicht, ausgesprochen wichtig", weiß der ehemalige Jugendspieler von Bayer 04 Leverkusen. "Momentan sind wir da auf einem richtig tollen Weg. Mannschaft, Vorstand und Umfeld bilden ein klasse Team und ziehen alle an einem Strang. Schon deshalb haben wir uns die Meisterschaft heuer einfach verdient."

Die meisten Siege, die wenigsten Pleiten, die beste Abwehr und der zweitbeste Angriff - an der Berechtigung des Bavaria-Erfolges gibt es nun wirklich nichts zu rütteln. Auch für Sportchef Michael Gehring nicht, der seine Farben nach sieben Jahren mit Wohlwollen wieder in der Kreisklasse sieht. "Die Attraktivität steigt enorm. Auf die Derbys gegen Hammelburg, Untererthal oder Westheim freut man sich jetzt schon sehr. Ich denke, wir spielen kommende Saison zu Recht in der Kreisklasse. Die Mannschaft hat die selbst gesteckten Ziele durch schönen Fußball erreicht."

Zum Saisonabschluss gab es im Sportheim übrigens Wildschwein - wie bei den Galliern. Und wie diese die Römer, wollen auch die Obereschenbacher ihre neuen Gegner das Fürchten lehren. Zwar gibt es noch keine Neuzugänge, jedoch ist man laut Tino Reuter "in sehr guten Gesprächen. Wenn es mit dem ein oder anderen klappt, brauchen wir uns in der Kreisklasse nicht zu verstecken." Sportchef "Micky" Gehring ergänzt: "Wichtig für uns ist, dass wir von Verletzungen verschont bleiben und die Leistungsträger konstant dabei sind. Dann können wir bestimmt mitspielen. Ziel ist aber natürlich der Klassenerhalt." Zu wünschen wäre es den unbeugsamen Obereschenbachern. Und im Notfall brauen Rützelix, Reuterix, Schäferix und Co. sicher einen wirkungsvollen Zaubertrank. Rein mental, versteht sich.