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Neue Leitwölfe für das Bad Kissinger Eishockey


Autor: Jürgen Schmitt

Bad Kissingen, Freitag, 20. Sept. 2013

Vassili Ledin und Thomas Berndaner haben sich zusammen getan, um dem Eishockeysport in Bad Kissingen eine Zukunft zu geben.
Arbeiten Hand in Hand für die Kissinger Wölfe: Thomas Berndaner (links) und Vassili Ledin. Foto: Jürgen Schmitt


Paradox. Ein Russe und ein Oberbayer tun sich zusammen, um das Bad Kissinger Eishockey nach vorne zu bringen. Hört sich nach Umweg an. Nach Sprach-Verwirrung. Allerdings brauchen weder Vassili Ledin noch Thomas Berndaner einen Logopäden, um sich verständlich zu machen. Im Gegenteil. Da steht ein Duo an der Spitze der Kissinger Wölfe, das sich versteht. Das auf einer Wellenlänge ist, im Gleichklang tickt.

Eine Portion Abenteuer-Lust braucht es für diese Reise ins Ungewisse, aber im Vordergrund steht ein Plan. Ein Projekt, das durchdacht sein will. "Wir müssen im Verein alle miteinander arbeiten. Müssen die Vergangenheit vergessen und uns neue Ziele setzen", sagt Vassili Ledin, der seit Juni der neue Präsident ist. Und Erfolg will. "Habe ich 15 Spieler, will ich 20, spiele ich in der Landesliga, will ich in die Bayernliga.

Und dazu braucht es solche Leute wie Thomas Berndaner und Valery Dancov", spricht der 41-Jährige von seinem Stellvertreter und dem neuen Kassier, der sich nicht zu schade ist, in Schulen aktiv um Nachwuchs zu werben.

"Sportlich wie strukturell müssen wir uns verbessern. Wir wollen zeigen, dass das auch in Bad Kissingen möglich ist", unterstützt Berndaner die Worte des gebürtigen St. Petersburgers, der Informatik studierte und in Schweinfurt ein weiterführendes Studium absolvierte und mittlerweile selbstständiger Unternehmer ist. "Ich hatte eine typische russische Kindheit. Habe im Sommer Fußball und im Winter auf Natureis Eishockey gespielt. Und als mein Sohn Viktor in Bad Kissingen erstmals auf Eis stand, habe ich mich endgültig in diese Sportart verliebt", erzählt Ledin. "Nach dem Rücktritt der Vereinsführung um Christian Keul und Holger Buczyinski stand das gesamte Kissinger Eishockey auf der Kippe. Und nach Rücksprache mit meiner Familie habe ich mich eben entschlossen, Verantwortung zu übernehmen."

20 Jahre leben die Ledins mittlerweile an der Saale. Damit ist Vassili Ledin genau so lange Wahl-Unterfranke wie Thomas Berndaner, der 1993 durch ein Angebot des ERV Schweinfurt an den Main umsiedelte. In all den Jahren schnürte der gebürtige Partenkirchener mit Zweitliga-Erfahrung beim SC Riessersee und EHC Klostersee auch die Schlittschuhe für den ESC Haßfurt und die Kissinger Wölfe. "Eigentlich wollte ich nach meinem Wechsel aus Haßfurt nur spielen. Aber dann hat mich Vassili fast überrumpelt mit der Bitte, sein Stellvertreter zu wählen", erzählt der 43-Jährige. Und ist mittlerweile fast dankbar, "weil sich für mich eine Perspektive ergeben hat, wie ich nach meiner Karriere dem Eishockeysport erhalten bleiben kann. Bis dato war ich ja nur als Nachwuchs-Trainer in Haßfurt auf Funktionärsebene in der Verantwortung."

Die vielen Kontakte des gelernten Kaufmanns, der bei einem Schweinfurter Groß-Unternehmen in der Entwicklung arbeitet, helfen bei der Zusammenstellung des Kaders. "Manchmal braucht es aber einfach nur Glück", weiß Berndaner. Wie bei der Verpflichtung von Mark Stibitz aus Lindau, "weil dessen Frau aus Bad Kissingen ist". Ein Alexander Andrusovich konnte an die Saale gelockt werden, weil er in Weiden nicht zum Zuge kam, während Maxi Stöpel und Benedikt Waldner aus privaten und beruflichen Gründen den Weg zurück fanden. Der Königstransfer von Spielertrainer Roman Nikitin, der Andreas Hampl aus Mitter teich mitbrachte, wurde durch viele - und frühe - Gespräche im Vorfeld möglich. "Mit Roman hatte ich mich schon unterhalten, da wusste ich noch gar nicht, dass ich mal Wölfe-Präsident werden würde", erinnert sich Ledin.

Für die Landesliga-Saison sieht sich das neue Führungs-Duo gut aufgestellt. "Wir wollen einen Platz unter den ersten Vier", gibt sich Berndaner ehrgeizig. Weiß aber auch eine lange Mängelliste vor sich, die abgearbeitet werden will. "Teilweise sitzen wir bis Mitternacht zusammen, weil so viele Sachen zu erledigen sind. Gespräche mit Spielern und Sponsoren, Verbandsformalitäten undsoweiter", zählt Ledin auf, der die neue Vereins-Homepage in Eigenregie erstellt hat. Eine eigene Geschäftsstelle in Hallen-Nähe wünscht sich der Präsident. Als öffentlichen Anlaufpunkt. Und als Ort zur Materiallagerung, weil solcher Raum in der Eishalle sehr begrenzt vorhanden ist. "Eishockey ist eine anspruchsvolle Sportart, die nicht so einfach zu erlernen ist und die eine gewisse Logistik braucht und eben Geld kostet. Allein eine Ausrüstung muss mit 1500 bis 2000 Euro veranschlagt werden", sagt Thomas Berndaner.

Um den spärlichen Nachwuchs kümmert sich Roman Nikitin. "Wir brauchen wieder eigene Mannschaften, aus denen irgendwann einmal Spieler für den Herrenbereich kommen sollen. Auch, um unsere eigene Identität zu stärken", so Ledin. Und findet es umso wichtiger, dass die Stadt Bad Kissingen eher Eis zur Verfügung stellt als dies im Moment der Fall ist.

"Wir sind der Stadt und dem Oberbürgermeister für die bisherige Unterstützung sehr dankbar. Aber wir sehen die Kissinger Wölfe auch als überregionalen Werbeträger für die Stadt. Und fehlt uns das Eis, ist das schon ein Wettbewerbsnachteil, zumal wir weitere Unkosten haben durch die Anmietung von fremden Eisflächen."
Frühes Eis ist die Basis für Visionen. "Langfristig in der Bayernliga zu spielen, ist ein realistisches Ziel, wenn wir es uns finanziell leisten können", denkt Ledin. Ein Russe und ein Oberbayer gehen voran, jetzt müssen Umfeld und Fans nachziehen.