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Maika Siliberto trainiert beim TV Bad Brückenau auch die Männer


Autor: Jürgen Schmitt

Bad Brückenau, Freitag, 13. Februar 2015

Maika Siliberto ist ein Glücksfall für den TV Bad Brückenau, bei dem die 29-Jährige erst das Frauen-Team in die Bezirksklasse führte und parallel sogar die Männer-Mannschaft trainiert.
Fortbildung auf dem Volleyball-Feld: Die Bad Brückenauer Trainerin Maika Siliberto beim Unterricht mit den Nachwuchsspielerinnen Melina Blumrich (links) und Laura Hahn.  Foto: privat


Keine dummen Kommentare. Kein Fremdschämen. Aber viel Respekt und gegenseitige Sympathie. "Die Jungs stehen zu mir", sagt Maika Siliberto. Beim TV Bad Brückenau ist es längst Alltag, dass eine Frau gestandenen Männern sagt, wo es langgeht auf dem Volleyballfeld. Eine besondere Geschichte von Emanzipation und Freundschaft. "Die Jungs wissen, dass ich vergeben bin. Wir haben im Team ein Kumpel-Verhältnis und einen hohen Spaßfaktor", erzählt die Trainerin. Und die Konkurrenz in der Bezirksklasse? Hat sich schnell an die Frau an der Linie gewöhnt. Kompetenz schafft Akzeptanz. Was die Geschichte noch interessanter macht: Auch das Frauen-Team wird von der 29-Jährigen trainiert. Von einer Zugereisten, die längst angekommen ist.

KInderjahre in Italien

Geboren in Deutschland, lebte Maika Siliberto bis zu ihrem fünften Lebensjahr nahe Brindisi, der Heimat ihrer italienischer Eltern, die schließlich im baden-württembergischen Mosbach sesshaft wurden. Seit 15 Jahren spielt Maika Siliberto Volleyball. Kam über den Schulsport zum VfB Mosbach-Waldstadt, spielte bereits als 16-Jährige in der Landesliga-Mannschaft, meist als Libera, "weil da meine Stärken in Abwehr und Annahme am besten zur Geltung kamen".

Auch im Sport übernahm Maika Siliberto früh Verantwortung als Trainerin der 2. Mannschaft, mit der sie aus der Kreisklasse kommend dreimal in Folge aufstieg. "Der alte Trainer hatte aufgehört und es wurde ein Nachfolger gesucht", sagt sie lapidar. 2009 trainierte sie das Landesliga-Team ein halbes Jahr interimsmäßig, machte 2010 als logische Folge ihren Trainerschein an der Sportschule Schöneck. "Das war eine schöne Zeit in Mosbach. Ich bin stolz auf das, was ich vermitteln konnte. Was den Sport, aber auch, was Werte betrifft."

Der Liebe wegen kam im Frühjahr 2012 der Umzug ins hessisch-fränkische Grenzgebiet. In den Wohnort des Freundes, der Mottener ist und in Mosbach an der Dualen Hochschule studiert hatte. Dort, wo Maika Siliberto nach ihrer Ausbildung als Fach-Angestellte für Arbeitsförderung arbeitete, sich parallel weiterbildete. Und damit die Basis schuf für ihre neue Aufgabe als Integrations-Beraterin bei der Agentur für Arbeit in Bad Kissingen.

Das Aufstiegs-Wunder

Aufgrund der regionalen Nähe bot sich der TV Bad Brückenau als neue sportliche Heimat an, "aber ich wollte nur noch spielen, kein Trainer mehr sein". Und wurde es doch auf wundersame Art und Weise. In der Kreisliga spielten die TV-Mädels seinerzeit, und damit auf überschaubarem Niveau. Ein einziges Mal trainierte Maika Siliberto mit, und erinnert sich noch genau an den Tag, der alles veränderte. Der Tag, an dem die Sinnstädterinnen die Aufstiegs-Relegation zu bestreiten hatten. Ohne den urlaubenden Trainer Matthias Fabinger. "Ich wurde gefragt, ob ich das Coaching übernehmen würde. Ich kannte ja nicht einmal die Namen der Mädels, wollte sie aber auch nicht hängen lassen."

Das Wunder passierte. Nach 0:2-Satzrückstand drehten die Sinnstädterinnen das Match, gewannen auch das zweite Spiel - und stiegen vor den euphorisierten Fans in der TV-Halle tatsächlich in die Bezirksklasse auf. "Ich wusste gar nicht wie mir geschieht. Bis dahin hat mich doch keiner gekannt. Ich hatte nach Bauchgefühl gewechselt und den Spielerinnen gesagt: 'Schaltet euren Kopf aus und macht das, was ich vorgebe.' Es klappte. Da habe ich gemerkt, dass aus dieser Mannschaft was zu machen ist. Da war dieses Feuer in den Augen der Spielerinnen."

Trotzdem wechselte Maika Siliberto zur Saison 2012/2013 als Spielerin nach Fulda zum hessischen Bezirksoberligisten SG Johannesberg, wurde mit dem Team auf Anhieb Meister. "Aufgrund einiger Abgänge hat man dort auf den Aufstieg verzichtet. Das konnte ich nicht nachvollziehen, dafür bin ich zu ehrgeizig. Und so hätte ich mich dort nicht weiterentwickeln können", begründet Maika Siliberto, warum es beim einjährigen Intermezzo im Hessischen blieb. Ein Jahr, in dem Maika Siliberto parallel dann doch die TV-Frauen trainiert hatte. Und immer noch trainiert. "Matthias Fabinger wollte kürzer treten, unterstützt mich aber als Co-Trainer und hielt mir in vielen organisatorischen Dingen den Rücken frei. Die Chemie stimmt, weil ich die Liebe zum Volleyball sehe." Selber spielt Maika Siliberto nur in Ausnahmefällen, "weil unser Kader groß ist und ich niemanden den Platz wegnehmen möchte. Außerdem habe ich lange genug Volleyball gespielt".

Bereits in der ersten Saison in der Bezirksklasse belegten die Rhönerinnen einen guten Mittelfeldplatz, zahlten Lehrgeld, verbesserten sich aber kontinuierlich, weil hart und gezielt an den Schwächen gearbeitet wird. "Potenzial ist da. Man ist aber nur so gut, wie man trainiert", sagt Maika Siliberto, die Motivation, Zusammenhalt, Vertrauen und Harmonie als zusätzliche Stärken benennt. Inklusive einem gesunden Konkurrenzkampf. "Nach dem Aufstieg musste sich jede Spielerin ihre Position verdienen."

Freunde fürs Leben

Und irgendwann waren die Männer dran, die gesehen hatten, was sich da bewegt bei den Frauen. Spaßeshalber mittrainiert hatte Maika Siliberto schon beim Herren-Team, das sich eher selbst gecoacht hatte. "Dann wurde ich gefragt, ob ich nicht auch die Männer übernehmen könnte", sagt die 29-Jährige, die jetzt also in Doppelfunktion die Trainerrolle ausfüllt, nachdem der Freund sein O.K. gegeben hatte. Am Auto hat Maika Siliberto immer noch das Mosbacher Kennzeichen. MOS - drei Buchstaben, die an Vergangenes erinnern. "Der Abschied von meinem Verein und den Eltern ist mir damals schwergefallen. Der Kontakt dorthin ist immer noch eng und ist mir auch wichtig." Aber auch die Rhöner haben sich längst einen Platz im Herzen der Italienerin erobert. "Beim TV Bad Brückenau habe ich Freunde fürs Leben gefunden."