Druckartikel: Leider normal: Vier Vereine, aber nur ein Spiel

Leider normal: Vier Vereine, aber nur ein Spiel


Autor: Sebastian Schmitt

Albertshausen bei Bad Kissingen, Samstag, 22. August 2015

Die Fußballwelt in der Rhön ändert sich rasant und drastisch. Ein Beispiel dafür ist das Duell am Samstag (16 Uhr) zwischen der SG Albertshausen/Garitz II und der SG Oberbach/Riedenberg II.
Die Gegentore sind das Problem: 80 Mal musste Albertshausens Keeper (im Bild) in der vergangenen Saison hinter sich greifen. Doch auch der neue Partner vom SV Garitz II erwies sich in der Vorsaison alles andere als sattelfest in der Defensive. Klar, wo der neuen Spielgemeinschaft der Schuh drückt. Foto: Hopf


Ein Duell von zwei Spielgemeinschaften ist in Zeiten fußballerischer Personalsorgen zwar längst nicht mehr allzu spektakulär, aber das Gastspiel der SG Oberbach/Riedenberg II bei der SG Albertshausen/Garitz II (Samstag, 16 Uhr) zeigt doch exemplarisch, wie sich die Fußball-Welt im Kreis Bad Kissingen auf rasante und drastische Weise verändert. Während die Rhöner Kicker aus dem oberen Sinngrund nun bereits seit einem Jahr gemeinsam auf Torejagd gehen, steckt die Fusion der Albertshäuser mit den Garitzern noch in den Kinderschuhen. "Wir stehen jetzt ganz am Anfang und müssen schauen, wie sich das alles entwickelt", sagt Albertshausens Sportleiter Oliver Flory. "Das ist ja alles vollkommenes Neuland für beide Seiten." In der Tat ist die Spielgemeinschaft Albertshausen/Garitz II die erste Fusion von zwei Fußball-Vereinen der Stadt Bad Kissingen im Herrenbereich. André Halbig auf Seiten der Albertshäuser und Dominik Werner auf Garitzer Seite betreuen derzeit das Team. "Wir haben uns letzte Saison im Verein zusammengesetzt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass uns maximal noch 16 aktive Spieler zur Verfügung stehen. Also musste eine neue, tragfähige Lösung her", erklärt Halbig die Albertshäuser Überlegungen.


Räumlich und sportlich perfekt

Bei ihren Sondierungen einen potenziellen Partner zu finden, war kein einfaches Unterfangen. "Man stößt nicht überall auf Gesprächsbereitschaft, also sind wir sehr froh, dass es mit den Garitzern geklappt hat. Das passt räumlich und sportlich perfekt", so Halbig. Und: "Wir werden die Heimspiele samstags in Albertshausen ausrichten. Drei Begegnungen finden vor dem Spiel der Kreisliga-Mannschaft in Garitz statt", sagt Halbig, der dieser Lösung nur Positives abgewinnen kann. Dass die Spielgemeinschaft in der A-Klasse kontinuierlich von den Kreisliga-Kickern unterstützt wird, ist nicht vorgesehen: "Es soll sich eine Stamm-Formation herauskristallisieren, die sich in der A-Klasse etabliert. Letztlich geht es also um ein eigenständiges Team für die A-Klasse."
Zwar schwebt den Albertshäusern nach dem Abstieg aus der Kreisklasse schon vor, sportlich wieder oben mitzumischen. "Aber so einfach ist der Wiederaufstieg natürlich nicht. Wir werden uns jetzt sicherlich in dieser Saison erst einmal neu zurechtfinden müssen. In so einer Spielgemeinschaft gibt es eine Menge zu organisieren. Wenn diese Saison gut läuft, dann kann man sich wieder über neue sportliche Ziele Gedanken machen." Stolze 80 Gegentore hatten die Albertshäuser in der vergangenen Spielzeit kassiert. "Wir hatten einfach wahnsinniges Pech mit Verletzungen. Irgendwann war es absehbar, dass wir die Klasse nicht halten können. Das hat sich nach und nach abgezeichnet." Tatsächlich waren die Albertshäuser vom 13. bis zum 30. Spieltag auf dem Relegationsplatz festgeklebt. Über den elften Tabellenplatz war das Team zuvor schon nicht hinausgekommen. Die Garitzer "Zweite" hatte sich in der A-Klasse 2 sogar 95 Gegentreffer eingefangen und landete damit direkt auf einem Abstiegsplatz.


Die Wundertüte der Liga

Abstiegsangst ist auch bei der SG Oberbach/Riedenberg II nicht gänzlich unbekannt. Nach einer erstaunlichen Talfahrt waren die Rhöner am 24. Spieltag der Vorsaison auf einem Abstiegsplatz gelandet. Zuvor hatten sich die Sinngrund-Kicker als "Wundertüte" der Liga einen Namen gemacht, weil sie entweder himmelhochjauchzend Triumphe einfuhren oder zu Tode betrübt heftige Klatschen einkassierten. "Ein bisschen mehr Kontinuität wäre diese Saison schon schön", sagt Sportleiter Simon Breitenbach. "Allerdings haben wir uns ja jetzt gleich schon wieder sieben Tore gegen Römershag eingefangen", blickt Breitenbach etwas zerknirscht auf den ersten Spieltag zurück. "Wir hatten zwar urlaubsbedingt nicht alle Mann an Bord, aber das darf natürlich keine Entschuldigung sein für so ein Ergebnis." Oberbachs Vorsitzender Marko Bramer zollt derweil dem SV Römershag großen Respekt: "Wir haben verdient verloren. Der Aufsteiger hat das toll gemacht und uns einfach überrollt."


Ein Absteiger ist immer gefährlich

Unterschätzen wird man auf Seiten der Oberbacher und Riedenberger fortan keinen Gegner mehr, erst recht nicht die Absteiger aus Alberthausen. "Wir wissen ehrlich gesagt nicht so wirklich viel über die Mannschaft, auch das Remis gegen Fuchsstadt II zum Saisonauftakt ist sehr schwer zu bewerten", sagt Breitenbach. "Ein Absteiger ist natürlich immer gefährlich", ist Mario Rüttiger überzeugt, der in dieser Saison als neuer Trainer der Spielgemeinschaft in der A-Klasse fungiert. Dienstags trainiert das A-Klasse-Team zusammen mit den Riedenberger Bezirksligisten, freitags gibt es eine eigene Trainingseinheit für beide Teams. "Das hat sich so angeboten, weil man alleine als einzelner Trainer nur sehr schwer mit 30 Mann ein Training bestreiten kann", sagt Rüttiger, der von der Zusammenarbeit mit Riedenbergs neuem Trainer Rüdiger Klug sehr angetan ist. Für Rüttiger ist die Kooperation mit dem SV Riedenberg mehr als nur eine reine Win-Win-Situation. Der gebürtige Oberbacher, der mittlerweile in Riedenberg lebt und schon für beide Vereine die Kickstiefel schnürte, hat die Entwicklung des Fußballsports im oberen Sinngrund über viele Jahre selbst miterlebt und kennt keine Gräben zwischen den Vereinen.


Keine Alternative

"Wir haben letzte Saison gerade am Ende dringend die Unterstützung aus Riedenberg gebraucht. Wir wollten auf keinen Fall absteigen", macht Breitenbach klar, der zur jetzigen Lösung keine Alternative sieht. "Es macht auch keinen Sinn, gebürtige Oberbacher aus 500 Kilometern Entfernung nur für ein Spiel am Wochenende anreisen zu lassen. Das ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Breitenbach. "Unsere Resultate stehen und fallen mit dem Kader. Daher werden wir vielleicht doch eine Wundertüte bleiben. Wenn wir in der Offensive gute Leute dabei haben, dann läuft es meistens auch." Nach einem Jahr Spielgemeinschaft sind sich alle Beteiligten einig: "Es gibt in der Zusammenarbeit keine Probleme."


Reichlich Regelungsbedarf

In der Hinrunde wird das A-Klasse-Team zunächst einmal in Riedenberg spielen. "Das war uns von Oberbacher Seite aus sogar wichtig, weil wir hier mit dem Unimog-Treffen eine Menge zu tun hatten. Da kam diese Regelung gerade richtig", ist Breitenbach überzeugt. Und zu regeln gibt es in einer Spielgemeinschaft eine ganze Menge: Als die Oberbacher zum letztjährigen Saisonauftakt auswärts in grün-weißen Riedenberger Trikots gespielt hatten, rieb sich so mancher Zuschauer seinerzeit verwundert die Augen. Weil die Riedenberger Bezirksligisten als "Grün-Weiße" und die Oberbacher als "Schwarz-Weiße" bekannt sind, hatte die Wahl der Sportbekleidung für Gesprächsstoff gesorgt. Mit Unterstützung eines Sponsors aus dem benachbarten Bad Brückenau hatte das neue Team eigene Trikots bekommen: grün-schwarz gestreift. Damit wurde man der Tradition beider Vereine mit nur einem Leibchen gerecht.


Langfristig? Gerne!

Die Albertshäuser und Garitzer haben solche kuriosen Erfahrungen einer Spielgemeinschaft noch vor sich und planen vorerst für ein Jahr Zusammenarbeit. "Wenn alles rund läuft, wird das sicher eine längerfristige Sache", ist André Halbig sicher. Zumal Albertshausen keine eigene Jugendabteilung hat: "Unsere Jungs spielen ja überall verstreut in unterschiedlichen Vereinen." Beim Thema Jugendarbeit kann man auch in Oberbach und Riedenberg Bücher schreiben. Über Jahrzehnte hatten die Rhöner Nachbarn im Jugendbereich zusammengearbeitet. Auch in Zeiten, als derartige Kooperationen längst noch nicht der Regelfall waren. Heute kickt die Jugend in der JFG Sinntal-Schondratal. Wie sich die Fußball-Welt im Kreis Bad Kissingen doch verändert: rasant und drastisch.


Tipps zum Spiel

Markus Kirchner (Defensivstratege beim SC Oberbach): Albertshausen/Garitz II kann man genauso schwer einschätzen wie uns letztes Jahr nach dem Zusammenschluss. Da wir nach dem verkorksten Spiel gegen Römershag etwas gut zu machen haben, tippe ich einen 3:1-Sieg für uns.

Marko Bramer (Marktgemeinderat und Vorsitzender beim SC Oberbach): Ich sage 3:2 für uns. Die Besetzung im Sturm ist bei uns entscheidend. Haben wir gute Stürmer an Bord, dann ergibt sich die restliche Aufstellung von alleine. Gegen Römershag waren wir nicht aggressiv genug. Das müssen wir diesmal besser machen.

Dominik Werner und André Halbig (Betreuerteam Albertshausen/Garitz II): Mein Garitzer Kollege Dominik Werner tippt ein 2:1 für uns. Ich bin optimistischer und tippe 4:1. Aber wir glauben beide an einen Sieg. Am Anfang einer Saison ist es immer schwer zu sagen, wo man überhaupt steht. Viele andere Vereine sehen uns als potenziellen Meisterschaftskandidaten. Für uns ist aber erst einmal entscheidend, dass wir nichts mit den Abstiegsplätzen zu tun haben.