Lahmer Start und flottes Ende im Wolfsbau
Autor: Jürgen Schmitt
Bad Kissingen, Sonntag, 14. Oktober 2018
Beim Sieg über Passau bejubeln die Fans der Kissinger Wölfe einen späten Ausgleich und ein irres Penaltyschießen mit einem überragenden Anton Seewald.
Kissinger Wölfe - EHF Passau 4:3 n.P. (0:0, 2:1, 1:2, 1:0).
So ein Penaltyschießen sei immer auch Glückssache, sagte später Michael Rosin. Der Wölfe-Vorsitzende ("Für die Zuschauer war das Spiel sicher ein Highlight, aber nicht für mein Herz") muss es schließlich wissen als ehemaliger Eishockeyspieler. Aber das, was Anton Seewald in der Overtime bot, war vor allem eine nahezu perfekte Symbiose von Kunst und Können. "Anton hat einen schnellen Schuss, das macht es für den Torwart schwer. Und so eine Serie gibt natürlich Selbstvertrauen", freute sich Mikhail Nemirovsky mit dem 21-Jährigen, der in dieser finalen Lotterie keine einzige Niete zog, seine vier Versuche allesamt hinter EHF-Goalie Clemens Ritschel versenkte. Es war ein denkwürdiges Penaltyschießen mit insgesamt 16 Duellen. Die nötig wurden, weil nach jeweils drei Schützen kein Sieger gefunden war. "Wer letztendlich schießt, macht die Mannschaft unter sich aus, da muss man als Trainer gar nicht eingreifen. Und Anton war heute einer unserer stärksten Spieler", so Rosin.
"Es fehlen nur Kleinigkeiten"
Die Wölfe legten meist erfolgreich vor, die Niederbayern zogen nach. Eugen Nold traf zwei seiner drei Versuche, Nemirovsky verschoss einmal. Mit der Parade von Benni Dirksen gegen Passaus Oberliga-Neuzugang aus Deggendorf, Alexander Janzen, endete dieses aufregendes Spiel, das vor den knapp 400 Fans eher dröge begonnen hatte. Nämlich mit einem torlosen Auftakt-Drittel, das die Wölfe dank starker Defensive halbwegs kontrollierten. Die aber in drei Überzahl-Spielen keinen Treffer zustande brachten - was sich im weiteren Verlauf fortsetzen sollte. "Das war schon besser. Der Puck ist schneller als zuletzt gelaufen und wir hatten genügend Chancen. Das Glück im Abschluss hat leider etwas gefehlt", war für Nemirovsky das Glas halbvoll. Überhaupt zeigte sich der Spielertrainer durchaus einverstanden mit dem Vortrag seiner Mannschaft: "Wir hatten eine gute Stimmung im Team. Es fehlen nur Kleinigkeiten. Wir müssen zum Beispiel eine bessere Position haben, wenn der Gegner den Puck hat."
Fahrt nahm das Spiel auf mit dem Führungstreffer durch Seewald (23.) mit dem Assist von Jona Schneider, just als die Wölfe eine Unterzahl überstanden hatten. Ein unnötiger Scheibenverlust ermöglichte den "Black Hawks" den Ausgleich durch Svatopluk Merka (26.), was Anton Zimmer kurz vor Ende des Mitteldrittels korrigierte mit seinem spektakulär im Fallen erzielten Kontertor (39.) - wieder Sekunden nach einem Unterzahlspiel. Eine Führung, die auch in Ordnung ging aufgrund einer verbesserten Offensive mit Top-Gelegenheiten für Nemirovsky und Christian Masel. "Ich bin maßlos enttäuscht. Wir sind meilenweit von der Form der Vorbereitung weg. Wir spielen kein Eishockey mehr und hatten wie schon in Erding keine Körpersprache. Man kann Bad Kissingen nur zum Sieg gratulieren. Eigentlich ist einfaches Eishockey unsere Stärke, wir hatten aber zu viele Einzelaktionen", übte Gästetrainer Christian Zessack in der Pressekonferenz harsche Kritik. Nachvollziehbarer Frust, schließlich hätten die "Habichte" durchaus drei Punkte mitnehmen können auf die längste Heimreise der Saison. Petr Sulcik nach zwölf Sekunden im Schlussabschnitt und Roman Nemecek (56.) hatten die Dreiflüsse-Städter in Führung gebracht. Kurz vor Spielende wurde Goalie Dirksen für einen weiteren Feldspieler vom Eis genommen: mit Erfolg.
"Oft klappt das nicht, diesmal schon. Ich hatte zu meinen Verteidigern gesagt, sie sollen die Scheibe hinters Tor bringen, um von dort etwas zu probieren", sagte Nemirovsky, der mit Eugen Nold die Vorarbeit für einen weiteren Seewald-Treffer geleistet hatte - 39 Sekunden vor Spielende. Sein erstes Spiel im Wölfe-Dress bestritt am Freitag Maris Lescovs, der erst am Donnerstag via Flieger aus Lettland kam und am Abend erstmals mit seinem neuen Team trainierte. Viel konnte der junge Verteidiger also noch nicht zeigen, aber von den Qualitäten des 22-Jährigen ist Nemirovsky jetzt schon überzeugt. "Maris spielt schlau. Er trifft die richtigen Entscheidungen, vor allem mit einem guten ersten Pass. So ein Pass muss gar nicht besonders sein, sondern der richtige. Ein guter Spieler hält das Spiel einfach, ist aber schnell im Kopf." Eishockey aktuell: EHC Klostersee - Kissinger Wölfe 0:4 (0:2, 0:1, 0:1).