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Kissinger Wölfe machen es unnötig spannend


Autor: Pia Ilchmann

Bad Kissingen, Montag, 16. Januar 2017

Gegen Amberg sind die Wölfe drückend überlegen, schaffen es aber nicht, die Chancen in Tore umzuwandeln.
So sah es im Spiel gegen Amberg oft aus: Gerangel vor dem gegnerischen Tor, hier Kissingens Chad Evans (rechts) und Niko Grönstrand beim Versuch, ERSC-Goalie Oliver Engmann zu überwinden.  Foto: Hopf


EC Kissinger Wölfe - ERSC Amberg 5:4 (1:1, 4:1, 0:2).

Spiele gegen Amberg müssen traditionell spannend sein. Das dachten sich wohl die Kissinger Wölfe, die in vollkommener Überlegenheit auf dem Eis dem ERSC immer wieder die Möglichkeit gaben, an ihnen dran zu bleiben. Am Ende waren die Fans aber zufrieden, Trainer Mikhail Nemirovsky eher nicht. Er kritisierte vor allem das Timing: "99 Prozent des Spiels läuft die Mannschaft ohne Puck auf dem Eis, da ist das Timing wichtig. Das ist heute zu schlecht gewesen. Deshalb haben wir Geschenke an Amberg verteilt." Stürmer Viktor Ledin bestätigte: "Wir haben uns heute sehr schwer getan, aber Amberg hat auch eine sehr gute Mannschaft."


Kissinger Überlegenheit

Trotz nur etwa 250 Zuschauer war die Stimmung gut, denn die Amberger hatten einige Fans mitgebracht. Beide Lager unterstützten ihre Mannschaften singend, was vor allem im ersten und zweiten Drittel den Kissinger Wölfen Auftrieb gab, reihte sich doch Chance um Chance aneinander. Den Schuss von Neuzugang Donatas Vitte hielt Ambergs Goalie Oliver Engmann (5.), bei einem Gewaltschuss von Marc Hemmerich hätte er keine Chance gehabt (6.). Chad Evans traf den Pfosten (8.), und auch Eugen Nold brachte den Puck nicht im Netz unter (10.). Als er den Puck verlor und sich nur mit einem Foul zu helfen wusste, handelte sich Nold eine Zwei-Minuten-Strafe ein. Mit Folgen: In Überzahl markierte Markus Hausner das 0:1 (12.) durch einen Weitschuss. Völlig unverdient vom Spielverlauf her.

Zu allem Überfluss kam es auch noch zu einer Verwechslung, die aber zum Glück folgenlos blieb. Durch einen Pfiff aus dem Amberger Publikum blieben die Kissinger stehen, weil sie irrtümlich dachten, der Pfiff sei vom Schiedsrichter ausgegangen (15.). So konnte ein Amberger fast alleine vor das Tor von Donatas Zukovas kommen, der Kissinger Goalie wehrte den Schuss aber ab. Weiterhin ließen die Kissinger beste Chancen aus. Erst in der 17. Minute markierte Chad Evans den Ausgleich. Der Kanadier kommt mit drei Toren aus den vergangenen drei Spielen immer besser in Fahrt.

Draußen vor der Halle hatte sich ein Schneesturm gebildet, innen sahen die Zuschauer einen Kissinger Sturm. Denn das zweite Drittel startete so, wie das erste aufgehört hatte. Eugen Nold erlöste schließlich die Kissinger Fans, als er im Nachschuss zum 2:1 traf (24.). Doch der Jubel hielt nicht lange an, denn keine Minute später glich Ambergs Florian Wrobel aus - 2:2 (25.). Dies hatte wütende Kissinger Sturmläufe zur Folge. Der gemeinsame Angriff von Hemmerich, Nold und Donatas Vitte hatte letztlich den erhofften Erfolg: Der junge Litauer traf zum 3:2 (26.), nur um genau eine Minute und fünf Sekunden später auf der Strafbank Platz zu nehmen. Den Kissingern merkte man die Unterzahl aber nicht an. Viel mehr schossen sie den Amberger Torwart regelrecht warm, während der eigene Goalie kalt blieb. Es folgten die Tore zum 4:2 und 5:2 - erneut traf Evans nach einer Vorlage von Nemirovsky und Viktor Ledin (34.), danach bediente Evans Nemirovsky mustergültig (36.).


The same procedure...

Obwohl das letzte Drittel genauso begann wie die vorherigen - Chancen für die Kissinger Wölfe im Sekundentakt - fiel ein Tor für den ERSC: Florian Bartels versenkte nach Vorlage von Wrobel (48.). Nach dem Treffer zum 4:5 durch Daniel Smazal (52.) nahmen die Wölfe eine Auszeit. Ohne Not hatten sich die Kissinger aus der drückenden Überlegenheit zwei unnötige Tore eingefangen und das Spiel damit noch spannender gemacht. Für einige Amberger Fans wohl zu spannend, sie provozierten in den Schlussminuten einen Polizeieinsatz, der aber glimpflich ausging. Letztlich brachte Kissingen die knappe Führung über die Zeit. Auch, weil die Wölfe zum Schluss die Scheibe vorne hielten, so dass die Amberger ihren Goalie nicht mehr auswechseln konnten.


Aus Respekt vor dem Team

Viktor Ledin erinnerte nach dem Spiel daran, dass sie am Vortag erst um 4 Uhr morgens in Kissingen angekommen waren nach einer langen Auswärtsfahrt von Bad Aibling. Ab 7 Uhr habe Ledin wieder auf der Arbeit gestanden. Wie regeneriert er sich da am besten? "Ich schränke mich einfach in meiner Freizeit aus Respekt vor der Mannschaft ein, gehe Samstags dann eben um 20 Uhr ins Bett anstatt zu feiern", so Ledin. Und: "Ich esse zum Beispiel vorher auch keinen Döner, weil ich weiß, dass Nemo das auch nicht tut, dass das keiner aus der Mannschaft tut." Denn bei zehn Mann muss jeder für jeden da sein, jeder für jeden mitkämpfen. Das zehrt am Körper, schlechte Ernährung wäre kontraproduktiv. So macht ein Spieler das, der Eishockey liebt. "Wir haben eine coole, verrückte Mannschaft", sagte Viktor Ledin, "auf die kann man sich verlassen." Und deshalb kann die Mannschaft auch stolz auf die fünf Punkte sein, die sie am Wochenende gesammelt hat.