In Hammelburg fehlt der Maximo Lider
Autor: Jürgen Schmitt
Hammelburg, Sonntag, 27. November 2016
Der Sargdeckel war bereits zugeklappt nach zwei schwachen Sätzen. Daher ist der eine Punkt gegen Delitzsch eine gute Ausbeute für die Hammelburger Jungs..
TV/DJK Hammelburg - GSVE Delitzsch 2:3 (17:25, 17:25, 25:23, 26:24, 11:15).
Am Tag, als Fidel Castro starb, fehlte auch an der Saale eine Art "Maximo Lider". So einer wie Aldin Dzafic. Aber der Saale-Comandante ist bekanntlich langzeitverletzt. Irgendwie führungslos wirkten die Hammelburger Jungs zwei Sätze lang gegen die sächsischen Invasoren, die sich mangels Gegenwehr fast nach Belieben austoben durften. "In den ersten beiden Sätzen haben wir von vielen Fehlern des Gegners profitiert", sagte GSVE-Trainer Frank Pietzonka. Das Überraschungsteam der Saison braucht keine Stars, hat aber eine kompakte Truppe mit einem überragenden Zuspieler Felipe Pardini Glaser, der seine Angreifer auf konstant hohem Niveau in Szene setzte.
Hammelburger Blockarbeit? Kaum konkurrenzfähig in den ersten 40 Minuten. "Zwei Punkte hätten wir nicht verdient, dafür haben wir nicht gut genug gespielt. Delitzsch spielt mit großem Selbstvertrauen und hat nicht umsonst nur gegen Mainz und Eltmann verloren", bilanzierte Hammelburgs Anführer Tado Karlovic.
Fürwahr, ein Punkt war eine zufriedenstellende Ausbeute angesichts der ungenügenden Vorstellung vor der Pause. Im ersten Satz hatten die Unterfranken mit 8:6 geführt, dann fünf Punkte in Folge kassiert bei der Aufschlagserie von Benedikt Bauer. Beim 13:13 durfte das Publikum wieder hoffen, aber unter dem Strich hatte Delitzsch die besseren Argumente, weil im TV/DJK-Angriff nur Lorenz Karlitzek und Branko Damjanovic Ausreißer nach oben hatten. Der schlechte Film fand im zweiten Abschnitt seine Fortsetzung. Bis zum 16:17 blieben die Hammelburger Jungs dran am Gegner, der allerdings scheinbar mühelos den Endspurt für sich entschied.
Nicht konkurrenzfähig wirkten die Saalestädter an diesem Abend, und doch startete sie noch, die Revolution.
Endlich Emotionen. Endlich eine halbwegs deutliche Führung (9:6), die wie ein Jungbrunnen wirkte. Alles Schwerfällige streiften die TV/DJK-Protagonisten nun ab, spielten aggressiver. Und fielen auch nicht, als der Gegner wieder obenauf war (17:19.). Den zweiten Satzball verwandelte Kapitän Felix Bendikowski, der später die Vorstellung seiner Mannschaft auch nicht schönreden wollte. "Mit dem Punkt müssen wir zufrieden sein angesichts der ersten beiden Sätze. Dafür, dass der Gegner so viel Druck erzeugt hat, ist es noch gut gelaufen."
Es folgten Paradebeispiele dafür, was die Hammelburger zu leisten vermögen - und warum sie doch um den Klassenverbleib bangen müssen. Die vielen Fans feierten ihre Helden immer wieder, bejubelten eine 7:3- und 12:8-Führung. Aber die Nordsachsen stellen eine smarte Truppe, die sich nicht so schnell beeindrucken lässt, beim 17:16 wieder vorne lag und beim 24:21 Matchbälle hatte. Punkte von Damjanovic und Karlitzek zum Ausgleich, ein Delitzscher Ball im Aus und - ein Wunder - ein Hammelburger Block ließen die Dezibel in die Höhe schnellen. "Dass wir fünf Punkte in Folge machen, geschieht auch nicht alle Tage. Aber meine volle Konzentration gilt jetzt schon dem Spiel in Stuttgart", sagte Karlovic unmittelbar nach dem Spiel. Gut so, weil die Baustellen im eigenen Team nicht weniger werden. Denn im Entscheidungssatz waren die Saalejungs mal wieder überfordert.
"Wir haben noch einen Punkt geholt. Das war unerwartet und daher cool. Im Tiebreak haben wir derzeit ein mentales Problem und liegen meistens klar zurück. Uns fehlt einfach die Konstanz", weiß Libero Lukas Spachmann, der an diesem Abend für reichlich spektakuläre Aktionen sorgte. Der "Maximo Lider" stand allerdings auf der anderen Netzseite: Sebastian Reichstein. Den Routinier und Trainer der 2. Mannschaft hatte Frank Pietzonka kurzfristig ins Team berufen. "So einen Typen haben wir gebraucht, der auch mal schreit und die Mannschaft aufweckt. Kompliment an die Mannschaft für die Leistung im fünften Satz", sagte der GSVE-Trainer.