Hammelburgs Wintermärchen findet in der Halle statt
Autor: Jürgen Schmitt
Hammelburg, Sonntag, 17. Januar 2016
Die TGM Mainz-Gonsenheim abgeschossen, dann Delitzsch geschlagen: Die Euphorie an der Saale ist nicht mehr zu toppen. Tado Karlovic: "Wir müssen das Wochenende jetzt genießen." Die TV/DJK-Frauen verlieren beide Wochenend-Partien.
TV/DJK Hammelburg - TGM Mainz-Gonsenheim 3:0 (25:16, 25:22, 25:16).
Auszeit Mainz. Nach vier Minuten. Weil die Hammelburger führten. Mit 6:1. Blitzstart. Stimmung in der Bude. Freie Plätze? Mussten wieder gesucht werden in der Saaelathalle. Klar. Aaron Dettner gab wieder den Libero. In seinem vorerst letzten Heimspiel für den TV/DJK. Ins Ausland zieht es den 23-Jährigen. Und den Kumpel mit einer Niederlage als unnötigen Ballast zu verabschieden geht gar nicht. Eher schon mit Feuerwerk. Und das war es tatsächlich im ersten Satz. 15:7. 19:9. 21:12. 23:14. Nach 20 Minuten saß der zweite Satzball mit dem von Oscar Benner angeschlagenen Block.
Allererste Sahne, was die Saale-Burschen da aufs Parkett brachten - egal, wen Coach Karlovic wo spielen ließ. Gar nichts zu holen war in Satz eins jedenfalls für die Rheinhessen, die sich im Duell der Aufsteiger doch rehabilitieren wollten für die 0:3-Klatsche zum Saisonauftakt.
Professionell ist auch das, was die Volleyballer außerhalb des 18x9 Meter großen Rechtecks bieten. Sponsoren-Flyer bedecken Tische über mehrere Quadratmeter. Gewinnspiel, Pausen-Interview, Werbe-Durchsagen. Und bei der sowieso stimmungsvollen Spieler-Vorstellung durch Zeremonien-Meister Olly Wendt erhellten die Halle allein Lichtblitze.
Spannend wurde es in Satz zwei. Qualität auf diesem Niveau ist nicht beliebig abrufbar, und der Gegner eben kein schlechter, der gleich mal mit 10:6 vorlegte. Womit Tado Karlovic endgültig raus war aus dem Ruhe-Modus. Mit intensiverer Zeichensprache und einem erhöhten Bewegungsdrang an der Linie. Da geht der Daumen nach oben, da werden die Knie gebeugt und die Handflächen gedreht. Um dann doch wieder den Stoiker zu geben, Stillstand mit verschränkten Armen. Weil der 42-Jährige spürt, wenn der Rhythmus wieder stimmt (15:15). Samt Körpersprache, wie beim doppelten Bendikowski-Block zum 19:17 oder der Wuchtbrumme von Mario Radman zum 20:18. Keine Vorentscheidung gegen zähe Mainzer, die sich mit drei Fehlern am Stück aber ein besseres Ende vermasselten. Wieder war es der zweite Satzball, der für Hammelburg saß, weil Michael Schottdorf finalisierte.
Zwei Punkte von Henning Schulte, später zum wertvollsten Spieler gewählt, und ein Annahmefehler der Gäste ließen die Hammelburger formidabel in Satz drei starten. Ein Vorsprung, der bis zur ersten technischen Auszeit gehalten (8:5), auf 10:6, 14:9 und 19:14 ausgebaut wurde. Heißt im Umkehrschluss. Rückstände waren an diesem Abend so gar nicht das Ding der Mainzer, die nur bei der Zahl der Eigenfehler ein Plus aufwiesen. "Wir haben Punkte geschenkt bekommen. Wichtig war aber, dass wir unser eigenes Spiel durchgezogen und unsere Chancen genutzt haben", sagte später Tado Karlovic.
Das "Prosit der Gemütlichkeit" kam zwar etwas voreilig vom Band (15:10), aber es war tatsächlich so, dass sich die Saalestädter relativ früh auf ihr Feierabend-Bierchen freuen durften. Sehenswerte Punkte gelangen den TV/DJKlern, die immer wieder von Aldin Dzafic abgefeiert werden - positive Emotionalität, die jedes Team braucht. Tado Karlovic gab da längst den Denker. Den einen Arm parallel zur Brust, die andere Hand an der Nase. Jetzt genoss der Trainer das Spiel seiner Jungs, die sich nach 70 Spielminuten mit dem Punkt von Oscar Benner die nächsten Ovationen des Publikums abholten. "Das war noch einmal ein schönes Spiel für Aaron, der ein sehr emotionaler Typ ist, auch wenn er das nicht zeigt. Man hat gesehen, dass ihm der Abschied von der Mannschaft schwer fällt", sagte Karlovic, ehe die Runde machte, dass sich die Hammelburger auf den zweiten Platz nach vorne schoben. Das Wintermärchen geht weiter.
SVE Delitzsch - TV/DJK Hammelburg 1:3 (17:25, 23:25, 25:23, 21:25).
Tado Karlovic lächelte durchs Telefon. "Wir werden uns allmählich selbst unheimlich", sagte Hammelburgs Trainer nach dem zweiten Wochenend-Erfolg, der die Unterfranken auf Platz zwei hält, punktgleich mit Tabellenführer Fellbach. Und am Samstag (20 Uhr) gibt mit den L.E. Volleys aus Leipzig der Dritte seine Visitenkarte ab in der Saaletalhalle. Ein Spiel, das Karlovic nicht interessiert. Noch nicht. "Wir müssen dieses Wochenende jetzt erst einmal genießen", lautete die Parole des 42-Jährigen. Zu Recht. Während die TV/DJK-Cracks am Samstag kurzen Prozess mit Mainz gemacht hatten, hatten die Sachsen bereits gegen die jungen Burschen aus Friedrichshafen verloren. Und offenbarten ihre Verwundbarkeit auch in den ersten beiden Sonntags-Sätzen mit vielen individuellen Fehlern. "Aber im zweiten Satz haben wir auch Dusel gehabt gegen einen stärker werdenden Gegner", wusste Karlovic. Prompt ging Satz drei flöten, aber eben nur der. Danach lagen die Saalemänner stets vorne, überstanden auch die brenzlige Phase beim 18:18 mit drei starken Blockaktionen, die dem Kontrahenten den Zahn zogen. "Das war eine gute Teamleistung, gerade auch von unseren jungen Spielern wie Oscar Benner und Lorenz Karlitzek." Es scheint so, als ob dies nicht der letzte Zahn war, den die Hammelburger gezogen haben.
SV Esting - TV/DJK Hammelburg 3:1 (16:25, 25:12, 25:16, 25:21).
Das hatte alles ja eigentlich richtig gut begonnen für Hammelburgs Frauen. Der Wintereinbruch sollte sich auf der Hinfahrt als unproblematisch erweisen. Und auch der sportliche Start blieb fern jeder Ausrutschgefahr. "Das, was wir uns vorgenommen hatten, haben wir aufs Feld gebracht", hatte Olli Möller einen guten Start seiner Mannschaft gesehen mit dem Satzgewinn als logische Folge. Ein Trend wurde daraus nicht. Im Gegenteil. Vom "Totalausfall" sprach der Coach dann. Und von Sprachlosigkeit, "weil wir wieder in alte Muster gefallen sind, die ich längst als abgestellt angesehen habe". Höhen gab es einige, aber die waren jeweils von kurzer Dauer. Tiefdruck-Gebiete gewannen stattdessen die Oberhand auf dem TV/DJK-Feld, wo Olli Möller vergebens auf die Konstanz im Spiel seiner Mannschaft warten sollte. Zu leichten Punkten kam der Gegner, weil sich die Probleme in der Annahme nicht abstellen ließen. "Da war der Wurm drin. Ich weiß nicht warum. So eine Leistung kann ich mir nicht erklären."
TV Planegg-Krailling - TV/DJK Hammelburg 3:1 (25:11, 22:25, 25:18, 25:21).
Eine Heimfahrt hätte nicht gelohnt, weshalb die TV/DJK-Frauen über Nacht im Oberbayerischen geblieben waren. "Das ist gut für das Team-Building", hatte Olli Möller im Vorfeld gesagt. Aber die fremden Betten hatten den Unterfranken nicht gut getan, die doch arg hüftsteif begannen, im ersten Satz quasi abgeschossen wurden. "Wobei so etwas immer wieder passieren kann", wollte der Trainer daraus kein Kapitalverbrechen machen. Und die Chance auf Rehabilitierung wurde ja genutzt im zweiten Satz. "Da haben wir grundsolide gespielt mit guten Aufschlägen und Punkten aus Block und Angriff." Aber es blieb auch diesmal beim temporär überschaubaren Hoch. "Nach den Erfahrungen aus dem Hinspiel waren wir vielleicht etwas überrascht von so viel Gegenwehr", mutmaßte der Trainer, der zumindest bei Carina Keilholz Komplimente verteilen konnte, die den Part der verletzten Christin Heim übernommen und ordentlich Punkte eingeheimst hatte. Was freilich nichts an der miserablen Wochenend-Bilanz ändern sollte gegen jene zwei Teams, die in der Tabelle hinter den TV/DJK-Frauen platziert waren. Vorletzter sind die Unterfranken jetzt, die aber schon zwei Spiele mehr absolviert haben als die Laternen-Träger aus Esting. "Wir müssen jetzt mit dieser Situation umgehen, haben es bei einem Absteiger aber alles noch selbst in der Hand", weiß Olli Möller. Aber nur, wenn die kommenden Leistungen wieder auf Drittliga-Niveau stattfinden.