Gemeinsam mit alten Hasen auf dem Platz
Autor: Sebastian Schmitt
Oberleichtersbach, Montag, 29. Februar 2016
Bei Freundschaftsspielen im Jugendbereich läuft das Projekt "Tandem-Schiedsrichter". Sicherheit der Neulinge soll gesteigert werden.
           
Da staunten die Zuschauer nicht schlecht, als beim U 15-Freundschaftsspiel der SG Oberleichtersbach gegen die SG Brendlorenzen gleich zwei Schiedsrichter auf dem Platz standen. Der routinierte Kreisliga-Referee Michael Balling aus Steinach hatte den 15-jährigen Schiedsrichterneuling Tim Schoch aus Stralsbach an seiner Seite. "Eine gute Sache", resümierte Balling. "In der ersten Halbzeit habe ich noch selbst gepfiffen, nach der Pause war Tim dran. Wir haben uns aber während der gesamten Spieldauer ständig ausgetauscht." 
Um die Schiedsrichterneulinge optimal an die Spielleitung heranzuführen, hat der Bayerische Fußball-Verband (BFV) das Projekt "Tandem-Schiedsrichter" eingeführt, bei dem ein erfahrener Schiedsrichter und ein Neuling gemeinsam auf dem Feld stehen. 
Bisher war es so, dass ein Betreuer bei der ersten Spielleitung des Neulings zwar am Spielfeldrand anwesend war, aber bei kritischen Situationen oftmals hilflos zusehen musste und nicht selbst eingreifen konnte. Verbesserungswürdige Szenen des Neulings konnten erst im Nachgang, in der Halbzeit oder sogar erst nach Spielschluss, angesprochen werden. Dazu kamen bedingt durch unausweichliche Anfängerfehler oftmals Kritik und Beschimpfungen der Mannschaften und Zuschauer. Viele Neulinge erleiden durch diese negativen Erfahrungen bei der ersten Spielleitung einen Praxisschock und sind dadurch frustriert oder sogar verängstigt. Das Resultat war oftmals, dass die Schiedsrichtertätigkeit beendet wurde, bevor sie eigentlich richtig begonnen hatte.
"Natürlich haben wir die Mannschaften schon vorab telefonisch informiert, dass wir das Projekt Tandem-Schiedsrichter bei diesem Spiel umsetzen wollen", erläutert Balling. "Die Verantwortlichen hatten nichts dagegen und standen der ganzen Sache total positiv gegenüber. Ein Freundschaftsspiel ist perfekt hierfür geeignet. Es ist deutlich besser, wenn es nicht gerade um Punkte oder Auf- und Abstieg geht."
Laufwege, Stellungsspiel, Umgang mit den Spielern, das Stellen der Mauer. Die Palette an Lehrstoff für einen jungen Schiedsrichter ist umfangreich. "Ich konnte Tipps aus meiner eigenen Erfahrung heraus geben", sagt Balling. "Aber natürlich muss der Neuling im zweiten Durchgang auch eigene Entscheidungen treffen." So soll mit jeder Spielminute die Sicherheit steigen. "Tim hat das wirklich gut gemacht. Ich habe ihm nur ab und zu Hilfestellung gegeben. Es ist anfangs nicht ganz leicht zu erkennen, was man laufen lassen kann und was man unbedingt pfeifen muss."
  
  Neuling begeistert
 
Dadurch dass in der ersten Hälfte zunächst der erfahrene Schiedsrichter die Partie leitet, kann der Neuling nach dem Kabinengang sofort die Tipps und Ratschläge in die Praxis umsetzen. "Das nimmt der ganzen Sache die Brisanz. Auch die Zuschauer und Spieler wissen dann, um was es geht." Tim Schoch ist als Neuling von dem Projekt begeistert: "Ich war nicht nervös und konnte eine Menge lernen." Die Partie selbst bezeichnete der Nachwuchsschiedsrichter als "sehr fair". Das habe ihm den Start ungeheuer erleichtert. 
Lediglich die Platzverhältnisse waren eine echte Herausforderung. Der durchnässte Rhöner Boden verwandelte sich Minute für Minute in ein matschiges Geläuf. "Das war gleich mal eine richtige Schlammschlacht", schmunzelt Balling. "Das hat man natürlich so auch nicht immer." Neuling Tim, der selbst bei der SG Stralsbach die Kickstiefel schnürt, interessiert sich schon eine ganze Weile für das Schiedsrichterwesen. "Zunächst hat sich bei den Kumpels keiner gefunden, der auch Schiedsrichter werden will. Aber nun macht meine Schwester beim Lehrgang mit. Das läuft wirklich gut." Nach dem Abpfiff zeigte Balling dem jungen Referee auch den Umgang mit dem elektronischen Spielberichtsbogen. "Auch das gehört natürlich dazu, dass man sich gut damit auskennt."
  
  Auswertung mit dem Obmann
 
Mit Schiedsrichterobmann Alexander Arnold wird das Pilotprojekt ebenfalls ausgewertet. 
"Wir haben in der Schiedsrichtergruppe Bad Kissingen noch keine Erfahrung damit gesammelt. In anderen bayerischen Gebieten läuft das ja schon länger."   
  Spieler unbeeindruckt
 
Die Akteure auf dem Platz jedenfalls hatten sich durch den doppelten Schiedsrichter nicht aus der Ruhe bringen lassen. Nach 70 Minuten Schlammschlacht trennten sich die Kicker schiedlich-friedlich mit 1:1. Felix Schüssler hatte die Gastgeber nach 18 Minuten in Führung geschossen, die Brender glichen durch Daniel Petenev kurz vor der Pause aus. "Bei Jugendspielen hat ein junger Schiedsrichter Alterskollegen um sich. Das wird die erste Herausforderung für einen Neuling sein."Nachdem sich schon einige Interessenten gemeldet haben, plant die Schiedsrichtergruppe Bad Kissingen in Kürze einen weiteren Neulingslehrgang. Infos und Anmeldungen bei Schiedsrichterobmann Alexander Arnold, Tel.: 0173/ 70 76 074, e-mail: a.arnold91@gmx.de.