Der TV/DJK Hammelburg braucht eine Identität
Autor: Jürgen Schmitt
Hammelburg, Freitag, 09. Sept. 2016
Der sportliche Erfolg hat überregionale Aufmerksamkeit, aber auch viel Arbeit beschert. Jetzt geht es um die Nachhaltigkeit der Vereins-Philosophie.
Treffpunkt Baderturm. Ein Ort in Hammelburg, der irgendwie zur Volleyball-Geschichte passt. Hier wie da hat sich in jüngerer Vergangenheit so einiges entwickelt. Hin zu einem Wahrzeichen, mit dem man sich gerne schmückt. Und eine wunderbare Perspektive gibt es obendrauf. Die vielen Stufen nehmen Matthias Benner, Thomas Greinwald und Vilma Bindrum gerne in Kauf. Aufstiege sind die Volleyball-Abteilungsleiter im TV/DJK schließlich gewohnt.
Um nach oben zu kommen, braucht es ein ordentliches Fundament. Von oben nach unten baut schließlich kein Mensch. Und doch ist es irgendwie exakt so gekommen bei den Hammelburger Volleyballern. Eine Statik, die sich erst auf den zweiten Blick erklärt. "Den Schwung von oben nach unten mitnehmen", nennt Matthias Benner diesen scheinbaren Antagonismus, diesen auf den ersten Blick unlösbaren Widerspruch.
Der TV/DJK ist ein Ausbildungsverein, das gehört zu seiner Identität.
Mehr als nur eine Idee
Eine überraschende Aussage. Schließlich verfügt die Volleyball-Abteilung über knapp 20 Übungsleiter und Trainer, stellt allein im Nachwuchsbereich etwa ein Dutzend Mannschaften. Das ist bemerkenswert, aber eben keine Garantie für jene Qualität, die im Augenblick im Aktivenbereich geboten wird mit 2. Bundesliga bei den Männern und 3. Liga bei den Frauen.
Dass Hammelburg Jugendstützpunkt werden soll, ist daher mehr als nur eine Idee. "Dass wir auch auf auswärtige Spieler bauen müssen, ist vielleicht der Malus der Professionalität. Aber wir dulden in Hammelburg keine Söldner und wollen keine One-Hit-Wonder. Sondern Spieler, die bereit sind, sich hier zu integrieren, wie das mit Mario Radman und Aldin Dzafic perfekt gelungen ist", sagt Matthias Benner.
Gut vernetzter Trainer
Dank der erstklassigen Kontakte von Männer-Trainer Tado Karlovic wurde der - in der vergangenen Saison doch arg dünne - Kader mit drei neuen Spielern verstärkt: Timm Benecke, Bruno Šimunic und Branko Damjanovic. Ein Trio, das der Mannschaft sportlich hilft. Das sich aber im Idealfall auch im Jugendbereich engagiert. Vorbilder und Fachkräfte in einem für den Nachwuchs.
"Wir geben unseren auswärtigen Spielern Hilfestellung im Beruf und privaten Umfeld und damit eine Perspektive fürs Leben. Aber wir fordern auch ein gewisses Maß an Engagement für den Verein", sagt der 51-jährige Benner, wie seine Kompagnons seit einer Ewigkeit im Verein.Was sich verändert hat seit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga? "Die öffentliche Präsenz und Wahrnehmung", sagt Vilma Bindrum auf Anhieb. Das mediale Interesse ist bei Heimspielen gewaltig gestiegen, sogar überregional wurde und wird berichtet, was die älteste Weinstadt Frankens in Sachen Volleyball auf die Reihe stellt. "Volleyball in Hammelburg ist mittlerweile ein gesellschaftliches Event", sagt die Lehrerin.
Waren selbst zu Drittliga-Zeiten von 100 Zuschauern 99 aus Hammelburg und Umgebung, sind es jetzt vielleicht "nur" zwei Drittel. Auch die lokale Prominenz goutiert den Spitzensport. Bürgermeister Armin Warmuth ist Stammgast in der Halle, der Stadtpfarrer hatte sich während des Gottesdienstes als glühender Fan zu erkennen gegeben. Didi Gleisle, Oliver Wendt, Frank Jansen oder Matthias Weimer sind weitere elementare Bausteine für ein solides Fundament, das Erfolg erst tragen kann. Ehrenamt stößt in Hammelburg allerdings an seine Grenzen. "Während der Saison investiert jeder Abteilungsleiter pro Woche zehn bis 20 Stunden. Und da ist die Arbeit an den Spieltagen noch gar nicht eingerechnet", sagt Matthias Benner. Pro Heimspiel braucht es 20 bis 25 Personen, auch Spieler packen beim Auf- und Abbau mit an. "Das ist alles sehr viel Arbeit für zu wenig Leute. Der Stress legt sich für uns eigentlich erst mit dem Anpfiff", sagt Benner. Die Protagonisten auf und neben dem Spielfeld müssen auf diesem Niveau semiprofessionelle Arbeit abliefern, sind aber reine Amateure. "Wer beispielsweise Erste Bundesliga gespielt hat, wird nicht nach Hammelburg kommen, weil wir keine Gehälter zahlen. Das ist die Realität", weiß Benner.
Viele Partner an der Seite
Ohne Unterstützer geht es trotzdem nicht. Und das Sponsoring ist eine weitere Erfolgsgeschichte. "Ein verbessertes Produkt erzeugt größere Aufmerksamkeit", sagt Matthias Benner im Business-Ductus. Zwei Hauptsponsoren und fünf Premiumpartner gibt es. Dazu Gold- und Silberpartner sowie einen großen Personenkreis im "Club der Hunderter". Gestiegene Einnahmen, die allerdings auch eine gestiegene Erwartungshaltung nach sich ziehen. Da werden Spieler schon einmal für eine Autogrammstunde "angefordert".Eine Erwartungshaltung gibt es allerdings auch vom Volleyballverband, der ab der 2. Bundesliga seinen Vereinen in Sachen Organisation extrem viel abfordert. "An der Umsetzung der Auflagen müssen wir signifikant arbeiten", sagt Matthias Benner selbstkritisch. Drei gleichberechtigte Abteilungsleiter gibt es beim TV/DJK mit seinen insgesamt 2300 Mitgliedern seit einer Dekade. Zeichnungsberechtigt bei Verträgen aller Art ist aber stets der Hauptverein. "Wenn wir uns in der 2. Bundesliga halten, müssen wir uns in Richtung Hauptamtlichkeit entwickeln. Das ist eine der Forderungen der Volleyball-Bundesliga (VBL)", sagt Thomas Greinwald. Einen Neidfaktor bei den anderen Abteilungen im TV/DJK gibt es nicht. "Das sind unsere Fans. Der Verein hat es geschafft, alle mit ins Boot zu holen", freut sich Benner.
Auftakt am Samstag
Am Samstag, 17. September, beginnt die Zweitliga-Saison mit dem Heimspiel gegen Mainz-Gonsenheim. Den dritten Platz der Vorsaison zu bestätigen ist trotz der Verstärkungen nahezu ein Ding der Unmöglichkeit.
Insbesondere die Teams aus Fellbach, Rüsselsheim und Eltmann werden als Titelkandidaten heiß gehandelt. "Wir wollen unsere Mannschaft weiterentwickeln, die neuen Spieler schnell integrieren und das Publikum wieder begeistern", sagt Thomas Greinwald.In Hammelburg wurde und wird viel geschafft. Mit Fleiß, Akribie, Fachwissen und Weitsicht. Mit diesen Qualitäts-Merkmalen ist den TV/DJK-Architekten tatsächlich zuzutrauen, künftig von oben nach unten wie auch von unten nach oben am Volleyball-Standort zu bauen.