Der nächste Umweg für die Hammelburg Volleys
Autor: Jürgen Schmitt
Hammelburg, Sonntag, 10. Dezember 2017
Gegen die Talente aus Frankfurt geht es wieder in den Tiebreak.
Hammelburg Volleys - VI Frankfurt 3:2 (19:25, 25:19, 25:19, 22:25, 15:9).
Provinzstädtchen schlägt Millionen-Metropole. Das hört sich richtig gut an. Hammelburger schlagen Minderjährige. Nun ja, da geht der Sympathiewert schon wieder in den Keller. Gestimmt hatte irgendwie beides beim Erfolg der Saalestädter über das Volleyball-Internat vom Main mit seinen Spielern, die tatsächlich höchstens 18 Jahre alt sind. Und abgezockter, als es den Unterfranken lieb sein konnte. Die 8:2-Führung der Hammelburger sollte sich als mentales Gift erweisen. Ein Kinderspiel wurde es mitnichten, weil sich die Talente, darunter Juniorennationalspieler, mit einer erstaunlichen Qualität ins Spiel zurückbissen. Vor allem der 2,05 Meter große Außenangreifer Erik Niederlücke war eigentlich zu keinem Zeitpunkt einzufangen. Beim 11:11 hatten die Hessen den Ausgleich geschafft, um in der Folge die spürbare Verunsicherung der Gastgeber auszunutzen. Die Stimmung in der Halle war mal wieder vom Feinsten, aber die Atmosphäre schien allein die Jungs aus Mainhatten zu motivieren. "Zuletzt hatten wir daheim den Tiefpunkt mit zehn Zuschauern. Daher spielen wir eigentlich auswärts fast besser, weil sich meine Spieler dann auch mal vor mehr Fans präsentieren können. Und hier ist die Atmosphäre ja wirklich exzellent", sagte Frankfurts Trainer Matus Kalny.
Im Hinspiel vor einigen Wochen hatten die ambitionierten Saalestädter erst im Tiebreak gewonnen nach 1:2-Satzrückstand. In Verbindung mit dem Satzverlust hätte all das Warnung genug sein sollen. Dennoch starteten die Gastgeber in den zweiten Satz mit einem 1:4, das erst beim 9:9 korrigiert war. Vor allem in Sachen Körpersprache waren die Frankfurter mit ihrem überschaubaren Aufgebot besser aufgestellt, die mit starken und äußerst variablen Angaben Druck auf den Gegner aufbauten, der an diesem Abend ungewohnt blass blieb. Auch, weil Zuspieler Aldin Dzafic sicher nicht seinen besten Tag erwischte. Zarter Applaus von Trainer Tado Karlovic kam dennoch, da der Satz doch noch gedreht und der nächste Abschnitt obendrauf gewonnen wurde. Zu den verlässlichen Punktesammlern gehörte Johannes Becker, der für den angeschlagenen Oscar Benner auf der Mittelblocker-Position eine gute Leistung bot. "Das war ein cooles Erlebnis, hier in der Halle mal länger spielen zu dürfen. Das hat richtig Spaß gemacht", sagte der 23-Jährige, der kurz vor dem Spiel von seinem ersten Einsatz in der Startformation erfahren hatte. Selbstkritik kam freilich auch, "weil wir uns ein paar Eigenfehler zu viel erlaubt haben. Und weil uns immer dann der Zug im Spiel fehlt, wenn der Druck nicht da ist. Wenn es darauf ankommt, sind wir wieder da."
Tatsächlich froren die Gesichtszüge der Hammelburg Volleys wieder ein mit dem nächsten Satzverlust und wenigen gelungenen Aktionen wie den beiden Becker-Assen in Folge zum 14:14. Den erwachseneren Volleyball spielten die Internat-Boys, die Schule und Sport perfekt verbinden, bis zu siebenmal in der Woche trainieren. "Im Hinspiel haben wir eigentlich besser gespielt, aber heute waren wir zumindest bis zum Tiebreak konzentrierter und engagierter. Und mit unserer taktischen Umstellung im vierten Satz konnten wir den Gegner offensichtlich überraschen. Wir hatten uns fest vorgenommen, in unserem letzten Spiel vor der Winterpause noch einmal zu punkten, was uns gelungen ist", sagte Matus Kalny. Dass es bei einem Punkt blieb, lag an einem Hammelburger Zwischenhoch mit vier Punkten in Serie zum vorentscheidenden 12:8. Damit entschieden die Saalestädter alle fünf Tiebreaks der Saison für sich, während die Hessen fünf ihrer sechs Fünfsatzspiele abgeben mussten. "Eine Führung mal souverän zu verwalten, das hat uns heute komplett gefehlt. Frankfurt hat eine gute Mannschaft, die wir mit unserem Spiel stark gemacht haben. Dafür haben wir die Quittung bekommen", brachte es ein schmallippiger Tado Karlovic in seiner kurzen Analyse auf den Punkt.