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Das Fußballspiel ohne Schiedsrichter funktioniert


Autor: Jürgen Schmitt

Bad Kissingen, Dienstag, 16. April 2013

Bei den U-9-Junioren des TSV Münnerstadt wird erstmals ohne einen Schiedsrichter gespielt. Viele Entscheidungen lösen die Kinder selbst.
Entspannt beoachtet Münnerstadts U-9-Trainer Andreas Busche, wie die Kinder eigenverantwortlich die Entscheidung über einen Einwurf treffen. Foto: Jürgen Schmitt


Eine Revolution. Ein Fußballspiel ohne Schiedsrichter. Und: Es hat funktioniert. Ohne Streit. "Das ist gewöhnungsbedürftig. Aber ich finde es gut. Zumindest dann, wenn sich alle daran halten", sagt Heiko Heinisch. Der Münnerstädter musste wie alle anderen Zuschauer 15 Meter von der Seitenlinie entfernt stehen beim U-9-Spiel gegen den TSV Aubstadt, hinter einer zusätzlichen Kreide-Markierung. Sicherheits-Abstand. Gut für die Kinder, die damit nur ihren Trainer zu hören bekommen. "Es ist schon oft so, dass die Kinder verunsichert werden, wenn die Eltern hineinrufen", gibt Heinisch zu, dessen Sohn gerade noch auf dem Rasen stand im Dress des TSV Münnerstadt.

Die Vereinsbrille bleibt unten

Für den Abpfiff hatten die Trainer beider Teams gesorgt, die sich im Verlauf des Spieles immer wieder verbal ausgetauscht - und gegenseitig unterstützt hatten. Ganz ohne Vereinsbrille.

Und vernunftorientiertes Handeln der Trainer und Betreuer im Sinne des Fairplay ist eine Grundvoraussetzung für dieses Pilotprojekt des Bayerischen Fußballverbandes. Der TSV Münnerstadt ist der einzige Verein aus dem Landkreis Bad Kissingen, der gemeinsam mit sechs Teams aus dem Landkreis Bad Neustadt eine Runde ohne Schiedsrichter spielt. Ohne Tabelle. "Jede Mannschaft wird vier Heim- und vier Auswärtsspiele haben. Da kann es schon passieren, dass man gegen ein Team zweimal daheim oder zweimal auswärts antritt. Es geht ja vornehmlich darum, Erkenntnisse zu sammeln", erklärt Kreis-Juniorenleiter Rainer Lochmüller. Vorgestellt worden war dieses Pilotprojekt bei der Halbzeit-Tagung der Junioren, wo sich der TSV Aubstadt mit zwei Teams, der TSV Großbardorf, SV Herschfeld, DJK Salz, die DJK Stockheim und der TSV Münnerstadt für eine Teilnahme entschieden hatten.

Gemeinsame Absprache

"Die Vereinsführung kam mit dieser Idee auf mich zu und wir haben uns gemeinsam mit den Kindern für ein Mitmachen ausgesprochen. Danach haben wir das Konzept den Eltern vorgestellt", sagt Andreas Busche. Sein Aubstädter Kollege hatte aufgrund mangelnder Kommunikation erst am Spieltag erfahren, dass ohne Schiedsrichter gespielt wird. Erstaunlich ruhig läuft das Spiel. Andreas Busche spricht viel, motiviert. Hat für jeden Kicker ein offenes Ohr. Wie immer. Aber zu hören sind eben nur der 43-Jährige und sein Trainerkollege. Wer sich von den Zuschauern zu nah ans Spielfeld begibt, wird höflich zum Rückzug aufgefordert.

Fairplay wird vorgelebt

Dass kein Schiedsrichter auf dem Feld steht, ist kein Problem für die Spieler. "Und? Wer hat Einwurf", fragt Busche. Und sieht mit Freude, wie sich die Akteure einigen. Beide Übungsleiter entscheiden bereitwillig auch zu Gunsten des Gegners, leben Fairplay vor. Die Spieler selbst treffen regeltechnisch die ein oder andere falsche Entscheidung. Doch wenn die Spieler selbst kein Problem haben, haben die Erwachsenen auch keines. Und weil kein Schiedsrichter da ist, gibt es keine Vorwürfe einer etwaigen Bevorzugung. "Das Projekt ist einen Versuch wert. Und es klappt. Die meisten Entscheidungen treffen die Kinder selbst", sagt Busche. Mit Handschlag verabschieden sich die jungen TSV-Kicker von den Aubstädtern. Vier Tore sind gefallen. Einen Sieger hat es gegeben. Aber Fußball war an diesem Vormittag weit mehr als ein Resultat.