Druckartikel: Alexander Huber ist faszinierend - und total normal

Alexander Huber ist faszinierend - und total normal


Autor: Jürgen Schmitt

Bad Kissingen, Montag, 08. Juni 2015

Der Alpinist berichtet in Bad Kissingen von seinen Grenzerfahrungen. Dabei erweist sich der 46-Jährige als durch und durch bodenständiger Typ.
Ein lockerer Typ: Extrem-Bergsteiger Alexander Huber (links) im Gespräch mit Thomas Schmitt von "pro-log". Foto: Jürgen Schmitt


Keine Flügel waren unter dem roten T-Shirt versteckt. Alexander Huber hat auch keine vier Arme. Nicht einmal einen Umhang wie Superman. Was nichts daran ändert, dass dieser Mensch außergewöhnlich ist, als Extrem-Kletterer außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Abgehoben ist der 46-Jährige indes nicht. Im Gegenteil. Hundert Prozent geerdet. "Fast wie ein Kumpel. Ohne Starallüren. Und total entspannt", sagt Thomas Schmitt.
Der Marketing-Leiter von "pro-log" hatte den Oberbayern ins Unterfränkische gebracht. Zur Offroad-Messe "Abenteuer&Allrad", die am Wochenende über 50 000 Besucher nach Bad Kissingen gelockt hatte. "Wir wollten jemanden haben, der einen Namen hat. Und in der Offroad-Szene gibt es nicht so viele Personen, die Vorträge in dieser Art anbieten", sagt Thomas Schmitt zur Motivation des Veranstalters.

Eine gute Wahl, weil der langhaarige Naturbursche in den kurzen Hosen und sockenlosen Turnschuhen keine Rolle spielt, sondern durch und durch authentisch rüberkommt. "Du strahlst richtig beim Erzählen", sagt Thomas Schmitt.

Kein Hasardeur

Ein Abenteurer ist Alexander Huber irgendwo schon. Aber kein Hasardeur, der die Gefahr sucht. "Da muss ich jetzt genau überlegen, was ich sage." Antwortet der 46-Jährige auf die Frage nach der Angst. Von der Angst als seinem besten Freund hatte der Diplom-Physiker in seinem Vortrag in der Veranstaltungshalle gesprochen. Und betont später im Gespräch die überlebensnotwendige Kompetenz im Umgang mit der Gefahr. Vom Sammeln von Erfahrungen, um das Restrisiko nahe Null zu bringen. All das ist die Basis, um sich ans Limit heranzutasten. Wie beim Versuch, am Granitfelsen "El Capitan" im Yosemite Valley (USA) den Speedrekord auf der 1000 Meter hohen Route "The Nose" zu brechen. Es sollte der Kulminationspunkt sein für den Kinofilm "Am Limit". Es ging schief, weil sich sein Bruder Thomas verletzte. "Wir hatten im Fels nicht exakt genug gearbeitet. Damals sind wir gescheitert. Aber es hat sich für uns nicht so angefühlt. Wir wussten, wir bekommen noch eine Chance", erzählte Alexander Huber.

Nicht viel später wurde der alte Rekord von 2:48,50 Stunden um 15 Sekunden unterboten, dann drückten die "Huber-Buam" die Zeit gar auf 2:45,45. Für eine Strecke, für die selbst geübte Bergsteiger mitunter mehrere Tage unterwegs sind. Eineinhalb bis zwei Stunden täglich trainiert Alexander Huber. Bevorzugt Mountainbiking, Skaten oder Schwimmen. "Hauptsache draußen. Spaß muss es mir machen", sagt der Jüngere der beiden Brüder. Und hält so gar nichts von Askese. "Es bringt mir nichts, wenn ich mich im Verzicht übe. Daher gönne ich mir auch was. Ich ernähre mich ausgewogen, das genügt." Bier und Brotzeit - gehören zum Leben.

Positiver und negativer Stress

Ein Management hat Alexander Huber nicht. "So was brauche ich nicht. Das schaffe ich schon selber", sagt der Alpinist fast vergnügt. Mit dem Auto war der Protagonist nach Bad Kissingen gekommen. Stand am Sonntagmorgen noch im G-7-Stau. "Wenn man Dinge wie den Straßenverkehr oder die Technik nicht beeinflussen kann, ist das negativer Stress. Den braucht kein Mensch. Deswegen fahre ich gerne auch mit der Bahn. Positiver Stress ist dagegen kein Problem."

Nicht das erste Mal übrigens, dass Alexander Huber im Landkreis Bad Kissingen ist. Bereits Anfang der 90er Jahre hatte der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer, damals noch ein echter Newcomer in der Szene, eine Einladung bekommen vom Besitzer des kleinen Sportgeschäftes "Waldschrat", das in der Kissinger Ludwigstraße beheimatet war. Der Vortrag selbst war ein Dia-Vortrag in einer Holzhütte am Farnsberg im Rahmen eines Outdoor-Wochenendes mit Lagerfeuer und Livemusik. "Das war damals etwas ganz Besonderes. Der Arno konnte schon gut organisieren. Das war ein kleiner, aber sehr schöner Rahmen damals", erinnert sich Karin Schmitt, die gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang in Oberthulba den Outdoor-Laden "Kletter-Fuzzy" führt.

Das tägliche Glück

Alexander Huber will gar kein Superman sein. Am Samstag noch hatte er auf seinem Bergbauernhof "Heu gemacht". War unlängst mit der Familie im Urlaub auf Sardinien. Kletterte hin und wieder, "weil ich es einfach gerne tue. Es ist doch das tägliche Glück, am Abend sagen zu können, dass man zufrieden ist. Leistung ist immer relativ. Meinen Vater sehe ich daher als genauso erfolgreich wie seine Söhne, ohne auf einem 7000er gewesen zu sein. Jeder muss den eigenen Weg finden."

Philosophisch wird's mitunter, wenn Alexander Huber spricht. Ein reflektierter Mensch, der sich Gedanken macht. Keine Kletter-Maschine. "Klar gibt es bei mir ein Bauchgefühl. Das ist wichtig." Der Blick vom Gipfel in die Ferne bleibt aber auch mental unverstellt. "Dann denke ich an nichts. Dann bin ich im Hier und Jetzt. Die völlige Leere im Kopf. Das ist fantastisch."