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Abenteuerliche Wendungen beim Derbysieg


Autor: Pia Ilchmann

Bad Kissingen, Sonntag, 18. Februar 2018

Nach 1:3-Rückstand gehen die Kissinger Wölfe mit 9:4 in Führung. Kassieren dann aber fünf Treffer in Serie, um doch noch gegen Haßfurt zu gewinnen.
Den Kampf auf Biegen und Brechen dokumentieren Bad Kissingens Anton Seewald (links) und Haßfurts Marco Hildenbrand.Hopf


EC Bad Kissinger Wölfe - ESC Haßfurt 10:9 (1:3, 6:1, 3:5).
Abende wie diese werden jedem Fan noch lange im Gedächtnis bleiben. An Abenden wie diesen braucht Wölfe-Vorsitzender Michael Rosin erst einmal zwei Bier, anderen sind Baldriantropfen vielleicht lieber. Denn was die Kissinger Wölfe und die Haßfurter Hawks in 60 Minuten abgeliefert hatten, war an Spannung nicht zu überbieten.

Aber der Reihe nach: Im ersten Drittel "haben unsere Spieler gepennt", wie es Michael Rosin formulierte. Tatsächlich gingen die Hawks durch Lukas-Andreas Thebus (11.) in Führung, Haßfurt hatte zuvor die klareren Chancen gehabt. Die Antwort der Kissinger folgte prompt: Dem wiedergenesenen Spielertrainer Mikhail Nemirovsky gelang nach einer Kombination mit Alexei Zaitsev und Nikolai Kiselev der Ausgleich (12.). Doch noch während die Tordurchsage lief, stellte Haßfurts Michal Babkovic den alten Abstand wieder her. Und nicht nur das: 20 Sekunden später gelang Babkovic eine Kopie des 1:2: Haßfurt eroberte den Puck, Babkovic setzte sich gegen die Abwehr durch und schoss das dritte Gästetor.

Ins zweite Drittel starteten die Kissinger besser, vermutlich hatte es eine deftige Kabinenansprache gegeben. "Es stand dann eine andere Mannschaft auf dem Eis", sagte Michael Rosin. Nach drei Minuten gelang Kiselev der Anschluss, nachdem ein Haßfurter zuvor im Zweikampf auf ihn gefallen war. Kiselev stand auf, bekam eine super Vorlage von Nemirovsky - und Haßfurts Torwart Michael Tscherepanow hatte keine Chance. Durch den schnellen Jakub Sramek fingen sich die Kissinger das 2:4 (24.). Die Wölfe waren aber einen Tick bissiger, und so erspielte sich das Traum-Duo Nemirovsky/Zaitsev/Kiselev das 3:4 (25.). So ein Spiel noch zu drehen, zeugt von Moral. Und Moral hatten die Bad Kissinger: Anton Seewald, Nikolai Kiselev, Viktor Ledin und Alexei Zaitsev schossen die Haßfurter - zum Teil in Unterzahl - im zweiten Drittel ab. Mit 7:4 gingen die Wölfe in die Drittelpause. Eigentlich schien das Ding gelaufen.


Eigentlich. Eugen Nold mit einem trockenen Schuss (41.) und Domantas Cypas (47.) stellten sogar auf 9:4. Doch dann gaben die Kissinger ihrem Gegner immer mehr Räume zum Kombinieren. "Da haben Herz und Hirn im Team gefehlt", analysierte Rosin. "Die Mannschaft hat einen Gang zurückgeschaltet, man hat gemerkt: Sie waren noch nicht hundert Prozent da." Zuvor hatten nur sieben Kissinger trainiert, dass letztlich trotzdem 17 Mann zustande kamen, hatte Rosin überrascht.
Trotz hohem Rückstand hatten sich die Hawks nicht aufgegeben, versuchten sich immer wieder vor dem Tor durchzukombinieren. In der 49. Minute bekam Bad Kissingen den Puck nicht weg, was Thebus ausnutzte: 9:5. Zwar tat Torwart Donatas Zukovas sein Bestes und hielt einige Schüsse der Haßfurter fest. Doch gegen Daniel Hora war er machtlos (51.) - 9:6. Hatten sich die Wölfe zu sicher gefühlt? "Vielleicht", sagte Michael Rosin. "Eishockey ist halt schneller als Fußball." Und so fingen sich die Wölfe das 9:7 in Haßfurter Unterzahl und das 9:8 (56., 57.), jeweils erzielt von Jakub Sramek. Obwohl die Wölfe wirklich kämpften, konnten sie auch den Ausgleich durch Babkovic nicht verhindern (59.). Es schien, als würde das Derby vor fast ausverkauftem Haus in die Verlängerung gehen. "Der Punkt wäre drin gewesen und auch verdient", sagte nachher Haßfurts Trainer Martin Reichert. Aber da hatten sie die Rechnung ohne den bärenstarken Kiselev gemacht, der 33 Sekunden vor Schluss zum 10:9 traf.

"Die Zuschauer haben ein fantastisches Spiel gesehen", sagte Reichert nicht unbedingt unzufrieden. "Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viele Tore in einem Spiel gesehen zu haben", fügte Michael Rosin hinzu. "Wir hatten Glück, dass das Tor noch gefallen ist. Am Sonntag in Schweinfurt müssen wir noch einmal eine Schippe drauflegen." Denn in einem vollen Icedome wird sich nichts geschenkt. Für die Fans allerdings wird dieser legendäre Abend für immer im Gedächtnis bleiben.

Den Derbysieg widmete der Verein spontan Vereinsmitglied Robert Fischer zu dessem 80. Geburtstag. "Ohne Dich und den schon verstorbenen Walter Prein würde es in Bad Kissingen kein Eishockey geben. Wenn wir bedenken, wieviele Kinder seitdem in Bad Kissingen das Spielen gelernt oder auch nur die ersten Schritte auf dem Eis gemacht haben, erfüllt uns das alles mit sehr großen Stolz", so Michael Rosin im Namen der Vereinsführung.