Spielen wie die britischen Ladys im Rakoczy Bridge-Club
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Mittwoch, 01. Oktober 2014
Im Rakoczy Bridge-Club Bad Kissingen wird Karten gespielt, wie vor 100 Jahren bei der High-Society Englands. Taktik, nicht Kartenglück entscheiden beim Kampf um die Ehre.
Konzentriert schaut Dorothee Tuchscherer auf die 13 Karten, die sie in der Hand hält. Sie schätzt ab, wie stark ihr Blatt ist und wie viele Stiche sie damit machen kann. Ihr gegenüber sitzt Peter Anliker, ihr Bridge-Partner. Tuchscherer kennt Anlikers Karten nicht. Anhand spezieller Regeln und Zeichen stimmen die beiden sich ab: Neun Stiche wollen sie in der kommenden Runde gegen ihre Mitspieler erzielen.
Tuchscherer und Anliker leiten den Rakoczy Bridge-Club Bad
Kissingen. Drei Mal wöchentlich treffen sie sich mit anderen Clubmitgliedern für einige spannende Partien. "Bridge ist das Schach unter den Kartenspielen", meint Anliker. Es erfordere taktisches Denken und halte ihn geistig auf Trab. Das reizt ihn. "Ein guter Schachspieler ist in der Regel auch ein guter Bridgespieler", stimmt Tuchscherer zu. Bridge ist wie Schach eine Sportart, bei dem der sportliche Gedanke zählt.
"Wir spielen nicht um Geld, sondern allein um die Ehre", sagt Anliker.
Zurück am Spieltisch. Nachdem sich Tuchscherer und Anliker geeinigt haben, wie viele Stiche sie holen wollen, beginnen sie dir Karten zu spielen. Anliker erklärt das Spielziel: "Jetzt geht es darum, unser Spiel durchzubringen." Er und Tuchscherer versuchen, ihre Prognose möglichst genau zu treffen - keinen Stich mehr und keinen Stich weniger. Je näher sie dran liegen, umso mehr Punkte erhalten sie. Beim Turnierbridge spielen alle Teams nach und nach gegeneinander. Das Team mit dem meisten Punkten gewinnt.
"Bridge ist das einzige Kartenspiel, bei dem der Zufall durch die Regeln herausgenommen wird", sagt Anliker. An jedem Spieltisch gibt es ein Kartendeck, das nur zu Beginn eines Turniers gemischt und verteilt wird. Danach bleiben die Karten wie sie sind und gehen reihum.Das schafft gleiche Voraussetzungen für alle, weile jedes Team nach und nach mit denselben Karten spielt. Das findet Dorothee Tuchscherer gut: "Wer am Ende verliert kann es nicht auf sein Pech und schlechte Karten schieben."
Bridge gehört zu den ältesten Kartenspielen der Welt, entstanden ist es englischen Clubs des 19. Jahrhunderts. Die gesellschaftliche Elite vertrieb sich auf Bridge-Partys die Zeit. Das Spiel ist außerdem ein häufiger Gast in englischen Schwarz-Weiß-Krimis. "Da saßen dann immer Leute, die gesagt haben: ,Moment wir spielen jetzt erst noch unseren Rubber fertig", erzählt Tuchscherer. Die Krimis haben sie fasziniert.
"Weil ich mein ganzes Leben lang nicht gewusst habe, was ein Rubber ist, wollte ich unbedingt Bridge lernen." Heute ist sie die Vorsitzende des Bad Kissinger Bridge-Clubs und weiß, dass es sich beim Rubberbridge um die Freizeit-Variante des handelt. Die Kaffee und Kuchen-Version sozusagen. Mit dem nötigen Ernst wendet sich Tuchscherer wieder ihren Karten zu. Sie hat beim Spielen schließlich ihre Ehre zu verteidigen.
Bridge: Ein Taktikspiel aus englischen Clubs
Organisation Rund 28.000 Spieler haben sich im Deutschen Bridge Verband zusammengeschlossen. Sie treten in unterschiedlichen Ligen (beispielsweise Bezirks- und Bundesliga) gegeneinander an. Der Rakoczy Bridge-Club in Bad Kissingen hat 40 Mitglieder.
Regeln Bridge ist ein Kartenspiel für vier Personen. Die sich gegenübersitzenden Spieler bilden eine Mannschaft. Es werden französische Karten verwendet. Ziel ist es, möglichst viele Stiche zu machen. Bridge besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase (dem Reizen) wird ermittelt, welches Paar wie viele Stiche machen wird. In der zweiten Phase werden die Karten gespielt. Die eine Seite versucht, ihre angesagte Stichzahl zu erreichen; die andere Seite versucht das zu verhindern.
Geschichte Das Vorläuferspiel Whist stammt aus dem England des 16. Jahrhunderts. Bridge selbst hat sich wohl um 1850 aus dem Whist entwickelt. Die aktuelle Form und die bis heute international gebräuchlichen Regeln legte der amerikanische Millionär Harold S. Vanderbilt 1925 fest.