Sommerinterview: Neue Trends im Traditions-Café
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Mittwoch, 02. August 2017
Das Vater-und-Sohn-Gespann hinter dem Café Kaiser über Zuckerwatte-Eis, Fan-Frotzeleien mit Dorothee Bär und Arbeitsurlaube in Paris.
Seit zweieinhalb Jahren führt die Familie Borst sehr erfolgreich das Café Kaiser in der Oberen Marktstraße. Im Sommerinterview reden wir mit dem Vater-und-Sohn-Gespann, Klaus-Peter und Nicolas Borst, darüber, warum das Café Kaiser kein Oma-Café mehr ist, warum sie nicht jedem Trend hinterherlaufen und trotzdem Zuckerwatten-Eis anbieten, und darüber, wie Fußballfan-Frotzeleien mit der Parlamentarischen Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) bundesweites Medieninteresse ausgelöst haben.
Das Rakoczy-Fest ist vorbei und damit für die Gastronomie drei Großkampftage. Im Bereich zwischen dem Alten Rathaus und dem Landratsamt war auf den Straßen allerdings nicht mehr so viel los. Wie ist das Geschäft bei Ihnen gelaufen?
Nicolas Borst: Das stimmt, der Festbetrieb spielt sich eigentlich erst ab dem Alten Rathaus ab. Hier oben waren nur noch zwei Buden gestanden. Früher war hier mehr los.
Klaus-Peter Borst: Wir sind aber sehr zufrieden. Wir haben hier eine Toplage, und die Leute müssen bei uns vorbei. Das sind drei Tage im Jahr wie Weihnachten. Das musst du mitnehmen.
Nicolas: Wir hatten richtig viel Betrieb, aber wir haben ein sehr gutes Team und sind mittlerweile eingespielt. Die meisten sind seit dem ersten Tag dabei. Im Vergleich zu heuer war unser erstes Jahr noch sehr chaotisch. Es haben einfach die Erfahrungswerte gefehlt. In den ersten beiden Jahren hatten wir beispielsweise bis 22 Uhr geöffnet, das hat sich aber nicht gerechnet, weil wir immer zwischen 18 und 21 Uhr großen Leerlauf hatten. Deshalb hatten wir dieses Jahr nur bis 18 Uhr geöffnet.
Gibt es überhaupt Tage, an denen im Café Kaiser mal nichts los ist?
Nicolas: Ein richtiges Loch haben wir nicht. Wenn es bei uns ruhig ist, dann muss es schon 30 Grad haben. Da gehst du nicht zum Kaffeetrinken.
Klaus-Peter: Unsere Hauptsaison ist in der Zeit von September bis Dezember. Da sind wir vor allem in der Schokoladenmanufaktur ausgelastet, etwa für Firmenfeiern. Und in der letzten Woche vor Weihnachten, da klappert es richtig.
Nicolas: Was gut bei uns ist, ist dass wir den ganzen Tag abdecken. Das Mittagessen war unsere Schwachstelle, auch hier haben wir mittlerweile ein sehr gutes Küchenteam, und nun brummt auch das. Das Mittagessen geht nahtlos in das Kaffee- und Kuchengeschäft über, außerdem haben wir Eis.
Klaus-Peter: Gerade das Kuchengeschäft ist noch sehr etabliert über das Palais Erthal.
Euch ist es in zweieinhalb Jahren gelungen, aus dem "Oma-Café" einen Laden zu machen, in den alle Generationen und vor allem auch viele junge Leute gehen.
Nicolas: Ich war früher selbst nicht ein einziges Mal Gast im Café Kaiser... Ich denke, wir haben die Gästeschaft schon verjüngt. Gerade durch die Frühstücke, die meine Frau aufgebaut hat, kommen viele junge Mütter her. Mittags haben wir dann eher ein älteres Klientel.
Wenn Sie früher hier selbst nie zu Gast waren, warum wollten Sie dann das Café übernehmen?
Klaus-Peter: Ich habe mit 14 Jahren angefangen zu lernen und habe schon da immer gesagt, wenn das Café Kaiser frei wird, will ich das haben. Als es dann 2015 so weit war, ist Nicolas sofort mit aufgesprungen.
Hätten Sie Interesse an einem weiteren Café in Bad Kissingen? Das Palais Erthal soll irgendwann renoviert werden, und die Kissinger würden sich da bestimmt über patente Pächter freuen.
Klaus-Peter: Wir werden keine zwei Cafés in Bad Kissingen betreiben und uns selber Konkurrenz machen.
Nicolas: Es gibt noch einen anderen wesentlichen Punkt: Es ist unheimlich schwer, ausreichend geeignetes Personal zu finden. Und wir haben da noch einen Vorteil, weil wir um 18 Uhr schließen und keinen Spätdienst brauchen.
Wie kommt man denn eigentlich dazu, einem Mitglied der Bundesregierung (in Person der Parlamentarischen Staatssekretärin Dorothee Bär) einen FC-Bayern-Preisaufschlag auf den Cappuccino zu berechnen?
Nicolas: Das mit Frau Bär war nicht geplant, sondern eine spontane Idee. Ich bin im ersten Moment so erschrocken, was das plötzlich für eine Dynamik entwickelt hat. Ich bin dann vom Spiegel angerufen worden, von Focus Money, von der tz. Viele haben gedacht, hinter der Aktion hätte eine große Marketingfirma dahintergesteckt. Als ich das gehört habe, habe ich mir erst einmal selbst auf die Schulter geklopft. Das Ganze war einfach ein Gag mit Dorothee Bär.
Klaus-Peter: ... die bei uns schon länger Gast ist.
Nicolas: Ich finde, sie macht Politik sehr locker und interessant, nur ihr Fußballgeschmack ist halt nicht das Wahre. Mit dem Bon wollte ich sie umstimmen: Der Cappuccino wäre für sie günstiger, wenn sie Club-Fan wird.
Lassen Sie uns über Kuchen sprechen. Finden sich Ihre persönliche Vorlieben auch auf der Karte, gibt es Kuchen, die sie gar nicht mögen?
Klaus-Peter: Ich habe mich lange geweigert, Schwarzwälder Kirsch zu machen, weil das ein typisch deutscher Kuchen ist. Aber gerade die Herren wollen das immer haben, und mittlerweile esse ich selbst immer die Stücke, wenn mal was übrig bleibt. Wichtig ist, dass uns jeder Kuchen schmeckt. Ein neuer Kuchen wird erst von uns probiert, dann abgenommen, dann kommt er auf die Karte.
Nicolas: Auch neue Getränke werden immer vorher vom Personal probiert. Ich kann nicht etwas verkaufen, von dem ich nicht überzeugt bin.
Was sind denn aktuell die Renner in Sachen Kuchen und Eis? Gibt es da Trends?
Klaus-Peter: Himbeerbaiser, Apfel-Orange und Frischkäse bei den Kuchen, bei den Torten sind es Maracuja-Schoko, Käse-Mango und Biedermeier.
Nicolas: Beim Eis kommen die Klassiker immer gut an. Aber wir versuchen manchmal auch etwas Neues zu machen, zum Beispiel im Moment unser Zuckerwatte-Eis.
In München gibt es eine Eisdiele, die sich auf ganz ausgefallene Sorten wie Weißwursteis spezialisiert hat. Wie kommt man auf solche Ideen?
Klaus-Peter: Es muss schon etwas normaler sein. Das geht vielleicht in München, aber ich glaube nicht hier in Kissingen.
Nicolas: Diese Ideen entstehen durch Interesse und Begeisterung für den Job. Man liest Fachmagazine und schaut sich Sachen an. Ich war letztes Jahr mit meiner Frau in Paris. Da sind wir den ganzen Tag nur durch Cafés gerannt, anstatt den Eiffelturm zu besichtigen. Wir haben rund 60 Prozent Stammgäste. Da müssen wir immer wieder neue Anreize schaffen und uns weiterentwickeln. Schade ist nur, dass wir nicht alle Ideen umsetzen können.
Klaus-Peter: Man muss auch nicht jeden Trend mitmachen.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Benedikt Borst, nicht verwandt, nicht verschwägert.