Shitstorm sorgt für Gespräch mit der Bahn
Autor: Susanne Will
Bad Kissingen, Dienstag, 21. August 2018
Trotz Häme und Spott wird die Digitalministerin weiter twittern, um so Debatten anzustoßen. Nach Kritik an bahn steht Gespräch mit Bahnvorstand an
Nachdem sich Digitalministerin Dorothee Bär vergangene Woche via Twitter über die Deutsche Bahn beschwerte, erntete sie Spott und Häme. Tenor vieler Antworten: Wer in der Regierung sitzt, sei doch schließlich an den Schaltstellen der Deutschen Bahn, die dem Bund gehört. Das ist nicht richtig, sagt Dorothee Bär im Interview. Außerdem empfinde sie sich als normaler Kunde der DB, der auch Schwachstellen aufzeigen dürfe. Aber durch ihre Kritik habe der Bahnvorstand mit ihr Kontakt aufgenommen - ein Gespräch stünde in Kürze an.
Frau Bär, können Sie die Twitter-Nutzer verstehen, die Ihnen vorwerfen, Sie hätten als Politikerin durchaus Möglichkeiten, Mangelzustände bei der Bahn zu beheben? Vor allem, weil Sie in der letzten Legislaturperiode im Verkehrsministerium saßen? Dorothee Bär: Dort war ich aber nicht für die Bahn zuständig, außerdem trifft der Vorstand seine eigenen unternehmerischen Entscheidungen. Die Bahn ist ein Unternehmen im Staatsbesitz, aber keine unterstellte Behörde. Und was die Reaktionen auf Twitter angeht, das ist ein besonderes Medium. Ich weiß, was ich mit einem Tweet auslösen kann. Ich wusste schon vor dem Abschicken, was jetzt kommen wird. Was ich allerdings nicht erwartet habe war, dass ich auf den Tweet hin auch positive Rückmeldungen erhalten habe.
Was wurde denn gelobt? Zum Beispiel, dass ich nicht den Dienstwagen in Anspruch nehme, sondern mit der Bahn fahre. Viele haben mir auch ihre eigenen Erfahrungen mit der DB geschildert und das in persönlichen Mails oder via Instagram. Diese Medien sind freundlicher und konstruktiver als Twitter. Da kam auch der Dank, dass ich damit eine Debatte angestoßen habe.
Die Debatte um den Ärger mit der Bahn? Ja, und um die Finanzierung. Die wenigsten wissen ja etwas von der LuFV.
....von der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, LuFV. Sie verpflichtet die Bahn, jährlich mindestens 1,5 Millionen Euro an Eigenmitteln in Instandhaltung zu stecken. Richtig. Vor 2015 waren es nur eine Milliarde Euro. Vor allem aber haben wir in der letzten Legislaturperiode den Weg freigemacht für Investitionen in Höhe von 28 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur. Das heißt: Die Bahn hat die Mittel zum Investieren. Es gibt unterschiedliche Vereinbarungen, wie das Geld eingesetzt wird. Eben auch in digitale Strukturen wie WLAN.
Aber ich glaube herausgelesen zu haben, dass den Menschen - in dem Fall auch Ihnen - ein Sitzplatz wichtiger ist. Ja, ich habe mich natürlich geärgert, dass mein Zugabteil einfach nicht zur Verfügung stand. Die Bahn hat sich ja im Gegenzug für die Hilfe des Bundes verpflichtet, anspruchsvolle Qualitätsvorgaben zu erfüllen. Wenn nur die Hälfte des Zuges zur Verfügung steht, ist das nicht schön - und das muss man adressieren. Ich bin doch auch nicht zufrieden mit allem, was in der Digitalisierung passiert - und ich sehe es auch als meine Aufgabe als Politikerin, Missstände zu benennen und sie nicht zu vertuschen. Und zu einem funktionierenden Staat gehört auch eine funktionierende Bahnstruktur.