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Sexting: ein heikles Ding


Autor: Ellen Mützel

LKR Bad Kissingen, Montag, 04. Oktober 2021

Sich gegenseitig Nacktfotos zu senden, ist unter Jugendlichen immer mehr verbreitet. Wichtig ist daher, sie über Risiken aufzuklären. Außerdem: Tipps, wie es sicherer geht.
Nacktfotos versenden kann nach hinten losgehen. Arno Kaesberg referierte über das Thema bei den Feuerwehrfrauen in Oberthulba.


Jugendliche probieren sich aus. Das ist so weit normal. Dazu gehört auch: zu testen, wie sie beim anderen Geschlecht ankommen. Beispielsweise indem sie Bilder versenden, in denen sie leicht bekleidet sind. Die Heranwachsenden müssen dabei aber sehr aufpassen.

Das war die These eines Vortrages von Arno Kaesberg. Er referierte beim Treffen der Feuerwehrfrauen des Landkreises zu den Themen Sexting und Cyber-Mobbing. Die Kreisfeuerwehrfrauenbeauftragte Birgit Below hatte ihn eingeladen: Neben Schule und Jugendgruppen sind Vereine ein wichtiger Anlauf- und Sozialisationspunkt für Kinder und Jugendliche. Dass die Mitglieder sich mit möglichen Gefahren für die Jugendlichen auskennen, ist wichtig, um zu helfen.

Kaesberg ist pensionierter Schulleiter, zudem kümmerte er sich bei der Feuerwehr um die Jugend. Er sieht eine Gefahr in den Handys: Mit den Smartphones ließen sich schnell Bilder knipsen und versenden, die auf das andere Geschlecht erotisch wirken sollen. Das ist das sogenannte Sexting. Es setzt sich aus den Worten Sex und Texting (miteinander schreiben) zusammen.

Betteln um Nacktfotos

Manchmal geschehe das Versenden Fotos dieser Art aus freien Stücken. Oft seien es aber die Jungen, die darum bettelten. Immer mehr Jugendliche würden solche Fotos versenden. Zu einem Problem wird das dann, wenn die Fotos nicht auf dem Handy der Empfängerin oder des Empfängers bleiben, sondern an Mitschülerinnen und Mitschüler versandt werden.

Das kann verschiedene Gründe haben: Als Rache nach dem Ende einer Beziehung. Manche Personen erfragen solche Fotos auch von Beginn an mit dem Gedanken, sie zu veröffentlichen und sich einen Spaß zu machen. Dies ist eine Ausprägung des Cyber-Mobbings: Menschen suchen sich ein Opfer, das sie mit Hilfe von Handy oder Laptop in Sozialen Netzwerken nötigen, beleidigen, bedrängen.

Im Zuge dieses Themas machte Kaesberg darauf aufmerksam, wie leicht es für Jugendliche ist, Fotos zu versenden oder ein Video aus dem Kinderzimmer in Echtzeit ins Internet zu stellen. Und, wie sich dort schnell sexuell anrüchige Kommentare von Männern finden.

Fotos machen die Runde durch Schulen

Einen Fall, bei dem Bilder weitergereicht wurden, hatte auch Arno Kaesberg einmal in seiner eigenen Schule erlebt: "Ich wurde von einem Schulleiter einer anderen Schule angesprochen, dass an seiner Schule derzeit Nacktfotos einer Schülerin meiner Schule kursieren". Er fand heraus, dass noch zwei weitere Schülerinnen davon betroffen waren. Er sei dann mit ihnen zur Polizei gegangen und habe den Fall angezeigt.

Hier hatten sie Glück: "Die Polizei hatte den Jungen ermittelt, der die Fotos in Umlauf gebracht hat. Das muss nicht immer der Fall sein", so Kaesberg. Dabei stellte sich heraus: Die Person hatte noch bei weiteren Jugendlichen um Nacktfotos gebettelt. Was aus Vorfällen wie diesen folgt: Die Opfer fühlen sich nackt, haben keine natürliche Intimsphäre mehr. Die Mitschülerinnen und Mitschüler lästern, mobben, beschimpfen.

Was die Opfer tun können: bestenfalls Eltern, die Schule, eine Vertrauenslehrkraft, die Jugendwarte in den Vereinen oder eine andere Vertrauensperson zu Rate ziehen. Beweise wie das Betteln um Fotos per Screenshot sichern. Und es bei der Polizei anzeigen, wenn intime Bilder weitergeschickt werden. "Das ist das Problem: Es gibt keinen Paragrafen im Strafgesetzbuch, der ausdrücklich Cyber-Mobbing beschreibt. Deswegen ist die Verurteilung hier auch sehr schwer." Das Gericht sehe die Ehrverletzung nicht. Die Urteile zu Cybermobbing und Sexting seien in Deutschland noch sehr zaghaft.

Straftaten im Landkreis

Im Bereich der Polizei Bad Kissingen (das Gebiet entspricht etwa dem Altlandkreis) spiele dieser Themenbereich eher eine untergeordnete Rolle, sagt Thomas Baumeister, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizei Bad Kissingen. Fälle, die in den Bereich Cyber-Mobbing fallen würden, würden unter die Tatbestände Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen fallen. Hier sind in den vergangenen zwölf Monaten 20 Fälle eingegangen.

Bezüglich dem Sexting in dem Sinne, dass im Vertrauen versandte Bilder weitergeschickt wurden, gab es zwei Fälle. "Aus Erfahrung kann ich aber sagen: Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Diese Vorfälle werden nicht oft angezeigt", sagt der Polizeibeamte. Ganz wichtig sei es, die Jugendlichen über die Gefahren aufzuklären. Und ihnen klarzumachen, "dass das kein Spaß ist, sondern Straftaten." Handelt es sich um Bilder von jungen Personen, könne das sogar in die Kategorie "Kinderpornografie" fallen, was besonders harte Strafen birgt.

Was Eltern machen können

Was Eltern machen können, ist vor allem: Wissen weitergeben, miteinander reden. "Aufklärung ist wichtig. Sie sollten mit den Kindern sprechen und sie über die Gefahren aufklären", rät Kaesberg. Um diese Vorfälle zu verhindern ist es auch wichtig, dafür zu sorgen, dass die eigenen Kinder nicht zu Täterinnen und Tätern werden. Um seine Kinder zu schützen braucht es ein Grundmaß an technischem Wissen.

Außerdem gebe es Apps, mit denen sie überwachen können, was ihre Kinder tun. Dabei sollten sie dem Kind nicht zu viel Privatsphäre nehmen. Kaesberg hält jedoch fest: "Ein Patentrezept gibt es nicht."

Sexting, aber sicher(er)

Sexting ist nie sicher. Keiner kann zu 100 Prozent wissen, dass Bilder nicht weiterverschickt werden. Auch auf scheinbar sicheren Apps wie Snapchat können Fotos abgefangen und gespeichert werden. Der Jugendsender "funk" gibt in der Sendung "Auf Klo" dennoch Tipps. Erlaubt ist Sexting ab 14 Jahren. Es ist wichtig, dass es einvernehmlich geschieht, also beide Partner ihr Okay geben.

Beachten müssen die Personen folgendes: nicht drängen lassen, nur Bilder versenden, wenn man sich wohl damit fühlt. Vertrauenswürdigkeit des Chatpartners überdenken. Nie an fremde Menschen senden. Festlegen, dass das Weiterversenden ein absolutes Tabu ist. Nicht erkennbar sein, das heißt: Kopf nicht mit auf das Bild. Keine Merkmale wie Muttermale oder Tattoos.