Senioren fahren mit Bedacht
Autor: Robert Huger
Bad Kissingen, Donnerstag, 04. Dezember 2014
Das Fahren im Alter ist eine Herausforderung. Oft lassen Reaktionsfähigkeit, Hör- und Sehvermögen nach. Das heißt aber nicht, dass Senioren schlechter fahren.
Er ist 78 Jahre jung und täglich mit dem Auto unterwegs: Helmut Schuck, ehemaliger Bürgermeister von Steinach und Bad Bocklet, fährt noch selbst zum Einkaufen, zur Kaffeerunde und zu Arztbesuchen. "Die Reaktionsfähigkeit lässt schon etwas nach", sagt er, "aber man fährt dann einfach etwas langsamer und konzentrierter." Doch wie sicher bewegen sich die Senioren im Straßenverkehr?
Das sagt die
Im Jahr 2013 gab es im Landkreis Bad Kissingen 3224 Unfälle. Bei 210 davon waren Senioren (ab 65 Jahren) beteiligt. Zum Vergleich (siehe Grafik) waren im selben Jahr 295 junge Erwachsene (18 bis 24 Jahre) an Unfällen beteiligt. Das zeigt, dass die ältere Generation kein erhöhtes Gefahrenpotential im Straßenverkehr darstellt.
"Lasst die Alten fahren", sagt Edgar Kast, ehemals Verkehrserzieher und Geschäftsführer der Kreisverkehrswacht. Jährlich hält er im Landkreis rund 15 Vorträge für Senioren zum Thema "Autofahren im Alter". Er weiß um die Probleme der älteren Menschen: Zunehmender Sehverlust, Abnahme des Hörvermögens, der Beweglichkeit und der Aufmerksamkeit. Doch er ist überzeugt, dass Senioren auf die Straße gehören.
"Die Leute müssen etwas dafür tun", sagt er, "dann können sie auch weiterhin lange am Straßenverkehr teilnehmen." Reaktion und Aufmerksamkeit könne man üben. Außerdem gibt es technische Hilfsmöglichkeiten wie etwa Einparkassistenten, auf die Senioren zurückgreifen können. Eine Fahrstunde zu nehmen ist ebenso zu empfehlen. "Dazulernen im Alter ist keine Schande", sagt Edgar Kast.
Unfall wegen Herzkrankheit
Bis zum Jahr 2011 war Helmut Schuck immer sicher unterwegs. Doch den Unfall, den er erlebte, wird er nicht mehr vergessen. Er war mit seiner Frau unterwegs nach Geroda, als ihm plötzlich schwindelig wurde. "Ich bin ohnmächtig geworden", erzählt Helmut Schuck, "und wir sind von der Straße abgekommen."
Das Auto wurde nicht wesentlich langsamer, weil sein Fuß auf dem
Gaspedal liegen blieb. Das Auto fuhr einen Lichtmasten um, zerstörte das Begrüßungshäuschen von Geroda, rauschte durch eine Hecke und kam schließlich in einem Sandhaufen zum Stehen. Wie durch ein Wunder waren beide nahezu unverletzt geblieben.
Auf Anraten des Notarztes, ließ sich Helmut Schuck auf einen Herzfehler untersuchen. Zunächst fanden die Ärzte nichts. Später stellte sich doch ein Herzschaden heraus.
Hauptunfallursachen
Häufig haben Senioren Schwierigkeiten bei der Vorfahrtsregelung. "Im Alter kann man die gesamte Verkehrssituation einfach nicht mehr so schnell erfassen", begründet dies Verkehrsexperte Edgar Kast. Weitere Fehler würden beim Abbiegen sowie beim Ein- und Ausfahren passieren. Zudem kommen unabsichtliche Unfallfluchten.
"Sie bekommen nicht mehr alles mit und fahren meist ältere Autos ohne Fahrassistenz", so Kast.
Freiwilliger Verzicht
Das Autofahren will Helmut Schuck (noch) nicht aufgeben. "Da tue ich mir schon etwas schwer", sagt er, "aber falls ich selbst merke, dass es nicht mehr geht, würde ich meinen Führerschein wohl abgeben."
Im Landkreis Bad Kissingen haben nach Angaben des Landratsamtes in den vergangenen
Jahren im Schnitt je sechs Senioren aus freien Stücken ihren Führerschein abgegeben. Einen Tauglichkeitstest für ältere Menschen im Straßenverkehr gibt es nicht.
Ein Fahrsicherheitstraining möchten Helmut und Ingrid Schuck nicht besuchen. "Wir haben unsere Praxis im täglichen Fahren", sagt der 78-Jährige. Er hält vor allem die gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr für wichtig.
Senioren fahren vorsichtiger
Eine Studie der Allianz bestätigt, dass Senioren generell kritische Fahrsituationen meiden. Bei Senioren gebe es auch nicht unbedingt ein höheres Risiko an Herzinfarkten oder Geisterfahrten. Letztere seien vor allem auf Alkoholeinfluss zurückzuführen.
Das Alter allein ist deshalb aus Sicht der Versicherungsgesellschaft noch kein ausreichender Grund, die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu verschärfen.