Sechs Jahrzehnte Blasmusik
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Steinach an der Saale, Mittwoch, 12. Oktober 2016
Trotz ihres 60. Geburtstages sind die Steinacher Musikanten eine recht junge Truppe mit klassischem Repertoire.
Nur noch wenige Minuten haben sie Zeit. Dann sind ihre Schüler an der Reihe. Noch einmal blasen Silvia Benkert und Laura Kuhn in ihre Instrumente. Die Melodie der Muppet Show erklingt. Vor dem geistigen Auge sieht man, wie Kermit, der Frosch, und seine Freunde auf die Bühne tappen. Man wippt unwillkürlich im Rhythmus mit. Die Tuba dröhnt, die Klarinette säuselt. Ein außergewöhnliches Duett.
"Eigentlich machen wir nur an Weihnachten spontan gemeinsam Musik", erzählt Silvia Benkert und schmunzelt. Diesmal haben sie und ihre Tochter extra für die Zeitung und das Foto musiziert. Ansonsten geht es bei den beiden Musikerinnen weniger spontan, sondern vielmehr geregelt zu.
Musiker und Funktionär
Denn Silvia Benkert und Laura Kuhn gehören nicht einfach nur zum Ensemble der Steinacher Musikanten, sondern sie
bekleiden auch ehrenamtliche Posten im Verein. Momentan bereiten sie mit ihren Mitstreitern die Feierlichkeiten für das 60-jährige Bestehen des Vereins vor. Benkert ist seit vielen Jahren im Vorstand aktiv, früher als Schriftführerin, jetzt als eine von drei Vorsitzenden. Zudem spielt die 51-Jährige drei Instrumente. "Uns hat halt ein Tubist gefehlt", erklärt die zierliche Frau, warum sie sich vor vier Jahren dafür entschieden hat, außer mit dem Saxophon
und der Trompete auch noch mit dem recht großen Instrument zu musizieren.Tochter Laura ist 28 Jahre alt und kümmert sich bereits seit 2011 um den Nachwuchs der Musikkapelle, leitet deren Ausbildung. Mit ihrem Engagement setzen die beiden Frauen gleich zwei echte Familientraditionen fort - das Musizieren und "Verantwortung übernehmen". Denn schon Erich Wehner, Benkerts Vater und Kuhns Großvater, der 2006 verstorben ist, hat das vorgelebt. Er gehörte 1956 zu den Gründungsmitgliedern der Kapelle und spielte damals Zugposaune. Zudem leitete Wehner als Vorsitzender vier Jahrzehnte die Geschicke des Vereins.
Start mit zwölf Musikern
Die heutigen Steinacher Musikanten wurden nach dem Krieg zunächst als neue, junge Blaskapelle gegründet, ist in der Chronik nachzulesen. Damals gehörten ihr zwölf Musiker an.
Heute musizieren etwa 35 aktive Erwachsene sowie 13 Kinder und Jugendliche in dem Verein. "Im Großen und Ganzen sind wir eine recht junge Truppe. Wir haben uns in den vergangenen Jahren stark verjüngt", sagt Bernd Borst, der sowohl als einer von drei Vereinsvorsitzenden als auch als Dirigent aktiv ist. Als einen Grund dafür sieht er die Zusammenarbeit mit der Musikschule Bad Kissingen. "Die Lehrer kommen hierher zu uns und bilden die Kinder vor Ort aus.
Somit ersparen wir den Eltern das ständige Hin- und Herfahren zum Musikunterricht", sagt er. Zudem werde jedes Jahr ein Infonachmittag veranstaltet, um Nachwuchs zu gewinnen. Eine gute und zugleich wichtige Entwicklung. Schließlich hatten auch die Steinacher immer wieder mit Mitglieder- und Musikantenschwund zu kämpfen.Doch das war nicht immer so, im Gegenteil. "In den 1970er Jahren gab es so viele Musiker, dass 1976 sogar eine eigene Jugendblaskapelle gegründet wurde", erinnert sich Silvia Benkert, die dieser einst selbst angehörte. Man war sehr erfolgreich, erreichte bei mehreren Wertungsspielen die Prädikate "Gut" und "Sehr gut". Zudem spielten viele Mitglieder im Jugendmusikkorps der Stadt Bad Kissingen mit, was auch heute noch so ist.
Zusammenschluss
In den 1980er Jahren waren
die jungen Musiker viel unterwegs, reisten zu Auftritten nach Belgien, Holland und Berlin. Doch nach etwa 13, 14 Jahren folgte der Einbruch. Der Jugendblaskapelle gehörten nur noch wenige Mitglieder an. Deshalb entschloss sich der Verein in seiner Generalversammlung 1991 dazu, beide, die Musik- und die Jugendkapelle, zu einer Formation zusammenzuführen.
"Die Musiker nennen sich seit diesem Zeitpunkt Steinacher Musikanten", heißt es in der Chronik.
Hoher Anspruch an sich selbst
Ihrem hohen musikalischen Anspruch als Blaskapelle sind sich die Steinacher bis heute treu geblieben, spielen vorwiegend böhmische Blasmusik. "Dabei muss man sehr genau spielen, da ist kein Raum für Improvisation", erklärt Laura Kuhn. Umso schwieriger sei es, junge Leute dafür zu begeistern.
Dennoch gelingt das den Steinachern. "Wir spielen eine gute Mischung", schätzt Dirigent Bernd Borst ein. Zum Repertoire gehören Klassiker wie die "Fuchsgraben-Polka" oder "Wir sind Kinder von der Eger" von Ernst Mosch genauso wie moderne Stücke, beispielsweise die "Sorgenbrecher-Polka" oder "Wir Musikanten".
Vielfalt beim Nachwuchs
Nur beim Nachwuchs macht Laura Kuhn eine Ausnahme, da dürfen auch schon mal andere
Musikrichtungen gespielt werden. "Momentan studieren wir das Stück ,Fluch der Karibik‘ ein. Das ist schon anspruchsvoll", sagt sie. Dann haben sie und ihre Mutter keine Zeit mehr zum Plaudern. Ihre Schüler vom Nachwuchsorchester sind da, stimmen schon mal die Instrumente ein. Doch statt lauter jungen Leuten sitzen in dem Probenraum etliche Mittvierziger. Sie haben am Sonntag ihren ersten großen Auftritt. Mia Koch ist eine von ihnen.
"Es macht total Spaß", sagt sie und greift zum Tenorhorn.Festprogramm Samstag, 15. Oktober: 20.30 Uhr Festauftakt in der Henneberghalle mit der Band "Hot oven & the briketts"
Sonntag, 16. Oktober: 10 Uhr Festgottesdienst, 11 Uhr Frühschoppen und Ehrungen in der Henneberghalle, 13.30 Uhr Festumzug mit 30 Musikkapellen und Spielmannszügen anschließend Gemeinschaftschor, danach Festbetrieb in der Henneberghalle, 15 Uhr Musikverein Stangenroth, 18 Uhr Egerländer Blasmusik Bad Kissingen.